Durch die Corona-Krise verschärfen sich viele Probleme, die es schon zuvor gab. Wie sehen Sie die Entwicklung des Flughafens?
Für den Flughafen gibt es einen klaren Fahrplan. Der sieht vor, dass die beiden Hauptgesellschafter, also die Stadt und der Kreis, im Herbst darüber informiert werden, zu welchen Schlüssen das Gutachten von Roland Berger kommt. Dann werden wir sowohl im Gemeinderat als auch im Kreistag über nötige Grundsatzbeschlüsse beraten und auch Entscheidungen treffen. Es gibt die klare Erwartungshaltung an den Airport, Zukunftsperspektiven zu entwickeln und Szenarien aufzuzeigen, wie es weitergehen kann. Dazu gehören die Corona-Effekte, aber natürlich wird es auch um die Strategie gehen und die Frage, ob wir den Flughafen überhaupt noch brauchen.
Macht es Sinn, immer weiter Geld in den Airport zu stecken, wenn sich nicht alle Gesellschafter gleichermaßen beteiligen?
Die Gesellschafter haben sich immer zum Flughafen bekannt. Richtig ist, dass das Land seine letzte Darlehensgewährung noch unter Vorbehalt gestellt hat. Dazu muss man aber auch wissen, dass es zuletzt unter Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) Geld für den Flughafen gab. Nun müssen sich die Gesellschafter eine Meinung darüber bilden, wie sie zum Flughafen stehen, der ihnen gehört und der eine wichtige Aufgabe erfüllt. Diese Antworten sollte es bis Oktober geben. Im Kern geht es darum, zu einer Grundsatzentscheidung zu kommen.
Gibt es ein Bauchgefühl Ihrerseits in welche Richtung die Entscheidung tendieren wird?
Wenn ich gut zugehört habe in den letzten Wochen, dann habe ich natürlich unterschiedliche Positionen herausgehört. Das geht bei einem klaren uneingeschränkten Zuspruch für den Flughafen als Infrastruktureinrichtung los und geht bis hin zur Forderung einer Schließung. Diese ganze Bandbreite gibt es in der momentanen Diskussion. Am Ende wird es eine politische Mehrheit geben. Meine Haltung zum Flughafen ist klar: Ich halte ihn für eine wichtige Einrichtung für Stadt, Kreis und die Wirtschaftsregion Bodensee-Oberschwaben-Vorarlberg. Und daran hat sich nichts geändert.

Das nächste „Problemkind“ ist derzeit die Messe: Die wichtige Fakuma musste abgesagt werden, damit sind für 2020 äußerst schlechte Ergebnisse zu erwarten. Und auch die Mieteinnahmen sinken drastisch. Wie lange kann das die Stadt Friedrichshafen durchhalten?
Vieles ist im Moment unklar. Was aber klar ist: Wenn wir die Jahre seit der Gründung der Messe anschauen, dann hat die Messe in Summe brutto 40 Millionen Euro mehr an Mieten gezahlt, als eigentlich geplant war. Das heißt, die Messe hat bisher ihre Erwartungen voll erfüllt. In guten Jahren haben wir als Stadt den Rahm abgeschöpft. Jetzt stehen wir in der Corona-Krise, für die die Messe selbst nichts kann. Da bin ich ganz schwäbisch und glaube: Da muss man sich auch um seine Sache kümmern. Jetzt müssen wir helfen. Und dazu stehe ich.
Auch der Medizin Campus Bodensee wird wohl noch auf viele Jahre hin viel Geld brauchen. Wie sehen Sie die Chancen für einen Neubau des Klinikums Friedrichshafens im nächsten Jahrzehnt?
Bevor es einen Neubau geben kann, müssen wir zunächst die Wirtschaftlichkeit des MCB verbessern und eine Zukunftsstrategie entwickeln. Das ist erst einmal vordringlich nötig. Erst am Ende dieses Prozesses wird die Frage stehen, ob wir einen Neubau brauchen oder das bestehende Gebäude umbauen und welchen Nutzen das wiederum wirtschaftlich und für den Patienten hat.
Wie kann es gelingen, wieder schwarze Zahlen zu schreiben?
Ich bin Aufsichtsratsvorsitzender und nicht Geschäftsführer des MCB. Diese Rollen möchte ich schon klar trennen. Wir haben als Aufsichtsrat klare Erwartungshaltungen und gemeinsam gehen Geschäftsführung und Aufsichtsrat diesen Weg. Die Frage wird sein, wie sich das Gesundheitswesen weiter entwickelt. Denn die Erlöse sind reguliert. Sie bekommen mit mehr Leistungen nicht mehr Geld. Das wiederum bedeutet, dass wir die Kosten in den Blick nehmen müssen. Mein Eindruck aber ist, dass wir mit Frau Geiger und ihrem Team diesbezüglich auf dem richtigen Weg sind.

Wollen Sie als Aufsichtsrat auch auf politischer Ebene gestaltend einwirken, wenn es um die Zusammenarbeit mit der Oberschwabenklinik (OSK) in Ravensburg geht?
Eigentlich ist das eine klassische Aufgabe der Krankenhausplanung des Landes. Der Bedarf an gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen ist bei mir persönlich fürs Erste gedeckt. Das heißt aber nicht, dass es nicht punktuell Möglichkeiten der Zusammenarbeit geben könnte. Landrat Harald Sievers und ich sind uns einig, dass eine Art Kennenlerntreffen zwischen OSK und MCB in diesem Jahr wichtig wäre.
Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass sich der Landkreis finanziell am MCB beteiligt, so wie Sie es vorgeschlagen haben? Gab es schon Gespräche?
Wir sind im Gespräch. Landrat Lothar Wölfle und ich haben uns sehr offen und intensiv unterhalten. Dem Landkreis haben wir die Zahlen transparent gemacht. Jetzt geht es darum, dass der Kreistag sich mit der Frage angemessen und ohne Zeitdruck beschäftigen kann.
Das Netzwerk für Friedrichshafen hat neue Strukturen zumindest für den MCB-Aufsichtsrat gefordert, der stärker mit Fachleuten besetzt sein sollte als heute. Was halten Sie davon?
Der Gemeinderat hat bei vielen anderen städtischen Gesellschaften Experten in die Aufsichtsgremien geholt. Das ist beispielsweise beim Stadtwerk am See so, auch beim Flughafen oder der Messe und das wird auch beim Klinikum so gehandhabt. Wir haben bereits Experten, die externen Sachverstand einbringen. Wenn der Gemeinderat das stärken möchte, dann wird darüber zu reden sein.
In einem Gutachten, das das Krankenhaus 14 Nothelfer in Weingarten betrifft, kommen die Rechtsanwälte zu dem Schluss, dass es besser sei, einen Beirat zu bilden, um die Fachexpertise des Aufsichtsrates zu stärken. Was halten Sie davon?
Die Frage ist doch, wer die Verantwortung trägt. In der Regel gibt es die Gesellschafterversammlung, die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat. Ich halte es für richtig, die externe Expertise in diese Gremien zu holen – ob medizinisch, kaufmännisch oder bilanziell. Insofern halte ich einen Beirat nicht für sinnvoll. Ich bin der Auffassung, dass Verantwortung und Zuständigkeit zusammengehören.
Auch bei der ZF AG klemmt es gerade gewaltig. Neben Strafzahlungen in Millionenhöhe geht es auch wirtschaftlich gerade eher bergab denn bergauf. Ein Stellenabbau ist ab 2023 möglich und wahrscheinlich. Wie sehr schmerzt das alles?
Als Gesellschafter haben wir ein vitales Interesse, dass es unserer ZF gut geht. Aus Sicht der Gesellschafter nehmen wir wahr, dass es in Sachen Arbeitsplatzsicherung mit dem neuen Tarifvertrag eine gute Lösung gab. Miteinander und im Gespräch wird es auch weiterhin gute Lösungen geben.
Die Dividendenzahlung der ZF Friedrichshafen AG an die Zeppelin-Stiftung wird wohl in den nächsten Jahren eher mager ausfallen. Zerbrechen Sie sich darüber den Kopf?
Ich komme meiner Pflicht und meiner Verantwortung nach, wenn es darum geht, mit weniger Dividende umzugehen. Wir, Gemeinderat und Stadtverwaltung, werden Lösungen finden.
Für die Zeppelin Universität ist die Reakkreditierung 2023 existenziell. Derzeit zahlt die Stadt aus dem Stiftungshaushalt acht Millionen Euro jährlich an die ZU. Das ist der größte Einzelposten im Stiftungshaushalt. Es ist aber absehbar, dass das nicht reichen wird, um zwölf weitere Professoren anzustellen, wie es der Wissenschaftsrat zur Auflage gemacht hat. Geht die Stiftung diesen Weg finanziell mit?
Wir haben im Jahr 2018 mit der Finanzierungsumstellung eine Finanzierungszusage für die ZU gegeben. Und die bildet jetzt die Grundlage für die derzeitige Förderung. Wir sind mit dem neuen ZU-Präsidenten Klaus Mühlhahn im Gespräch und noch gibt es keine Strategie, wie sich die ZU in den nächsten Jahren aufstellen will. Dieses Konzept müssen wir noch abwarten.
Wie ist der Stand im Stiftungsstreit?
Es gibt drei Handlungsstränge. Es gibt die Klagen auf Akteneinsicht von Albrecht von Brandenstein-Zeppelin. Die wurden aber bisher teilweise noch immer nicht begründet, hängen also in der Schwebe. Dann gibt es die Zivilklage vor dem Landgericht Ravensburg auf Dividendenzahlung. Diese haben wir mit einer Widerklage versehen. Wir sind der Ansicht, dass die Ansprüche weder sachlich noch formell begründet sind. Zum Dritten gab es eine klare Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen, das unsere Rechtsauffassung gestützt hat. Herr von Brandenstein-Zeppelin hat bereits Revision beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim angekündigt. Dem sehen wir mit Gelassenheit und guten juristischen Argumenten entgegen. Die Stadt Friedrichshafen ist nicht mürbe, sondern hat eine klare Position. Es wird auch keine Vergleiche geben, weil es nichts zu vergleichen gibt.
Wenn man alles zusammen nimmt, gab es sicher schon einfachere Tage für Sie als Oberbürgermeister. Können Sie gerade überhaupt noch gut schlafen oder wachsen Sie an diesen Aufgaben?
Ich mache diese Aufgabe gerne, um das ganz klar zu sagen. Es macht mir Freude, es gibt Sinn und ich kann für die Gemeinschaft etwas tun. Natürlich sind die Themen, die wir gerade auf dem Tisch haben, nicht aus Pappe. Jedes einzelne Thema für sich allein genommen ist anspruchsvoll. Klar ist aber auch, dass es in Friedrichshafen bisher die Vorstellung ewigen Wachstums gab, weil es in den letzten zwanzig Jahren immer nur bergauf ging. Doch die Krise, die wir jetzt haben, stellt vieles in Frage, etwa die Planbarkeit, die Sicherheit, die Verlässlichkeit mit Blick auf das was kommt. Diese Herausforderung zu stemmen und zu bewältigen, das ist schon sehr anspruchsvoll, aber dieser Aufgabe stelle ich mich.