Gestrandet am Villinger Bahnhof: Wer nicht gut genug zu Fuß ist, um Treppen zu steigen, aber auf Gleis 2 oder 3 abfahren möchte, der hat derzeit Pech gehabt. Der Bahnhofsfahrstuhl streikt seit geraumer Zeit. Für Menschen mit Behinderung, die es gar nicht schaffen zu den hinteren Trassen, wird der defekte Aufzug so zum unüberwindlichen Hindernis und die Bahnfahrt zur strapaziösen Reise mit Umwegen.
Nur mit viel Muskelkraft möglich
Alexandra Wilhelm und Christian Handschuh haben richtig schwer zu schleppen. Zwei Kinderwagen stemmen sie gerade die Treppe hoch, dazu ein Laufrad – und das alles mit zwei Kleinkindern im Schlepptau. Eben sind sie auf Gleis 2 in Villingen angekommen.
„Was ist mit den Menschen, die nur schwer oder gar nicht mehr laufen können?“Alexandra Wilhelm
Doch weiter in die Stadt geht es für die kleine Familie jetzt nur mit viel Muskelkraft. „Der Personenaufzug ist wegen dringender Wartungsarbeiten momentan leider gesperrt. Wir bitten um Entschuldigung!“, müssen sie an der Aufzugtür lesen.
„Für uns geht das grade noch so“, sagt Alexandra Wilhelm. Es sei zwar schwer mit Kinderwagen, aber irgendwie doch noch machbar. Doch was ist mit den Menschen, die nur schwer oder gar nicht mehr laufen können, fragt sich die junge Mutter.
Seit ein paar Wochen außer Betrieb
Wer sich im Internet beispielsweise eine Zugverbindung von Villingen nach Offenburg heraussucht, bekommt angezeigt, dass er auf Gleis 2 in seinen Zug einsteigen soll. Alles klar, nichts Besonderes zunächst. Scrollt der potenzielle Fahrgast nun ganz nach unten auf der Seite, erfährt er unter „Aktuelle Informationen“ tatsächlich: „Aufzug auf Gleis 1 außer Betrieb.“ Doch was nun?
Aufwendige Umwege
Offenbar haben Fahrgäste mit Handicap nun nur die Möglichkeit, von Gleis 1 aus zunächst nach Donaueschingen zu fahren und dort in den Wunschzug umzusteigen. Oder sie steigen gleich erst in St. Georgen ein. Doch Vorsicht: Dorthin geht es nur mit dem Bus, Auto – oder von Gleis 2.
Es ist also schwierig: Doch was sagt die Bahn dazu? Die barrierefreien Bahnhöfe und Stationen in der Region bieten mobilitätseingeschränkten Reisenden freien Zugang zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Deutsche Bahn tue deshalb alles, dass die technischen Anlagen, die die Barrierefreiheit sicherstellen, auch funktionieren.
Ein Vandalismusschaden
Leider sei der Aufzug in Villingen zu Gleis 2/3 aufgrund Vandalismus aktuell defekt, die Bahn versuche jedoch, ihn schnellstmöglich wieder zu reparieren. Dazu wartete die Deutsche Bahn bisher noch auf ein Ersatzteil, weshalb sich die Inbetriebnahme auf voraussichtlich Ende diese Woche verzögert, erklärt die Bahnsprecherin.

Wie reagieren die betroffenen Passagiere auf diese kleine Weltreise, zu der der kaputte Aufzug ihre Bahnfahrt macht? Zwar hat die Stadt Villingen-Schwenningen mit Simon Höge einen eigenen Behindertenbeauftragten. Beschwerden in Sachen Bahnhofsaufzug sind hier allerdings bislang noch keine eingegangen, sagt Pressesprecher Christian Thiel.

„Sehr bedauerlich und ärgerlich“
Dennoch kritisiert er den derzeitigen Zustand harsch. „Der Aufzugsausfall am Villinger Bahnhof ist sehr bedauerlich und äußerst ärgerlich. Barrierefreiheit ist ein wichtiger Aspekt der gesamtgesellschaftlichen Inklusionsbemühungen“, betont Thiel. Inklusion beinhalte auch die selbstbestimmte Teilnahme am öffentlichen Personennah- und Fernverkehr, ohne auf solche Barrieren zu treffen, so der Stadt-Sprecher.
Die Reparatur und die Wichtigkeit eines barrierefreien Zugangs zu den Bahngleisen müsse oberste Priorität haben. „Den Betroffenen können wir nur Mut machen, ihre Einschränkungen unmittelbar und direkt der Bahn als Betreiber des Aufzugs zu verdeutlichen“, so Christian Thiel.
Update:
Mittlerweile ist der Aufzug am Villinger Bahnhof wieder repariert.