72 Stunden hielten über das Wochenende Schäden an zwei Rohren die Schwenninger in Atem: 20.000 waren ohne Wasser. Zu einer Bürgerinformation am Montagabend in der Neckarhalle kamen jedoch nur 20. Das ist erstaunlich, lässt aber nur einen Schluss zu: Das Wasser floß zu diesem Zeitpunkt wieder und offenbar hatten die Krisenmanager von den Stadtwerken, die Helfer bei Feuerwehr, Rotkreuz und technisches Hilfswerk einen guten Job gemacht.

Es gab also keinen Grund zum Motzen, höchstens zum Loben. Aber die Anerkennung behielten die Schwenninger größtenteils für sich. Die Verantwortlichen legten den vier Handvoll Bürgern noch einmal dar, wie es bei den eigentlichen Routinearbeiten zu solch einem Desaster kommen konnte.

Wie kommt das Loch in die Wasserleitung?

Mancher Schwenninger wirft nun einen Blick in die Baugrube, wo ein unterarmgroßes Loch in der Wasserleitung gerissen wurde und das Chaos seinen Anfang nahm. Doch wie kam der Schaden zustande? Das interessierte nicht nur Frank Hiestand bei der Bürgerinformation.

Frank Hiestand ist mit dem Krisenmanagement zufrieden, es sei sehr professionell zugegangen.
Frank Hiestand ist mit dem Krisenmanagement zufrieden, es sei sehr professionell zugegangen. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Endgültig beantworteten Oberbürgermeister Jürgen Roth und und Stadtwerkechef Gregor Gülpen diese Frage nicht. Jetzt müssen zuerst einmal Gutachter ans Werk, um die Ursache herauszufinden. Es geht letztendlich um die Erstattung nicht geringer Schadenssummen, für die nun eine Versicherung geradestehen soll.

Immerhin gab Gülpen einige Hinweise zum Stand der Dinge. Ein Baggerfahrer sei nach derzeitiger Erkenntnis nicht verantwortlich, es wurde beispielsweise nicht zu nahe an dem Rohr gearbeitet und es dadurch direkt beschädigt. Von einem absichtlichen Handeln könne nicht gesprochen werden, wie es beim Wut-Baggerfahrer in Blumberg der Fall war. Als es zu der Havarie kam, lag die Verbindung bereits frei. Der Stadtwerkechef vergleicht es mit einem Zahn, bei dem das Zahnfleisch zurückgeht. Wenn der Schutz fehlt, schmerzt der Zahn plötzlich, zuvor war dies nicht der Fall.

„Der Baggerfahrer hat nicht zu nahe am Rohr gearbeitet.“
Gregor Gülpen, Stadtwerkechef

Ähnlich könnte man sich dies bei dem Rohr vorstellen. Wenn die abschirmende Erde plötzlich weg ist, wird das Stück dann möglicherweise labil? Spielte der Starkregen eine Rolle oder Bauarbeiten in der Nähe, die Erschütterungen auslösten? All diese Fragen muss nun ein Gutachter klären.

Über die Schadensstelle will Eduard Heini nähere Informationen.
Über die Schadensstelle will Eduard Heini nähere Informationen. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Wieso gab es einen zweiten Rohrbruch?

Dass die Havarie gleich solche Auswirkungen hatte, lag daran, dass an der zweiten Schadensstelle halb Schwenningen an der Wasserverbindung liegt, „unsere Hauptschlagader“ nutzt Gülpen einen weiteren Vergleich aus der Medizin.

Gab es auch hier Vorschäden, beispielsweise durch den immer mehr zunehmenden Lastwagenverkehr mit immer schwereren Fahrzeugen? Die Leitung jedenfalls hat „70 Jahre gehalten“. Übertragen auf einen Menschen in diesem Alter wäre der 45, habe die ersten Zipperlein, sei aber durch aus fit. Bei der Wasserleitung geht Gülpen davon aus, dass sie rund 120 Jahre genutzt werden kann.

Auch Heinz Fischerkeller hat nach dem Rohrbruch einige Fragen an die Verantwortlichen.
Auch Heinz Fischerkeller hat nach dem Rohrbruch einige Fragen an die Verantwortlichen. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Warum hat es drei Tage gedauert, bis die Hochzone wieder Wasser hatte?

Dass es nach dem Rohrbruch drei Tage ging, bis alle Betroffenen wieder Wasser hatten, lag an den Höhenunterschieden und einfach auch an dem enormen Ausmaß der leer gelaufenen Leitungen. Es fehlte das lebensnotwendige Nass in Dimensionen von „350 Tanklastwagen“, machte der Stadtwerkechef deutlich.

Außerdem durften durch das Auffüllen keine neuen Schäden entstehen. Innerhalb des Krisenstabs der Stadtwerke habe daher der für diese Aufgabe beste Mann das Ruder übernommen: Maximilian Ebert. Nach außen blieben zwar Gülpen und Oberbürgermeister Jürgen Roth verantwortlich, doch wie das Netz hochgefahren wurde, habe Ebert bestimmt.

Mehrheit im Internet sieht Krisenmanagement positiv

Es gelang, und so fiel bei der Informationsveranstaltung dann auch kein kritisches Wort über die Arbeit von Stadtwerken und Helfern. Das deckte sich letztendlich mit der Beobachtung Gülpens in den sozialen Netzwerken.

Auf Facebook beurteilten aus Gülpens Sicht 95 Prozent der Nutzer das Krisenmanagement „positiv oder neutral“, drei Prozent seien älter und waren mit manchen Angeboten überfordert, weil sie eben nicht Wasser schleppen oder abends noch in eine der geöffneten Hallen oder ins Neckarbad zum Duschen oder auf die Toiletten gehen konnten.

„Die restlichen zwei Prozent motzen eben immer.“ Verständnis hatte Gülpen vor allem für die drei Prozent der Gehandicapten, immerhin wurden hier Nachbarschaftshelfer oder Angehörige aktiv.

Gefragt wurde zudem nach der Chlorung des Trinkwassers. Hier halte man sich streng an die Trinkwasserverordnung, wonach 0,1 bis 0,3 Milligramm pro Liter möglich seien, erklärt Tatjana Ritter vom Gesundheitsamt. Das sei viel weniger als in Schwimmbädern, hier sind 0,6 Milligramm möglich. Mit den ausführlichen Antworten waren die Gekommenen zufrieden, nach etwas über einer Stunde löste sich die Versammlung auf.

Lesen Sie alles zum Thema in unserem Überblickartikel:

72 Stunden Wasser-Chaos: Stadtwerke-Chef stellt sich den Fragen der Bürger