
Sigmund Bikart
Sigmund Bikart ist der einzige Sohn von Jeanette und Louis Bikart. Er wurde am 21. April 1922 in Villingen geboren. Mit sechs Jahren trat er in die Knabenvolksschule, die heutige Karl-Brachat-Realschule, ein, die er acht Jahre besuchte. Er spielte bis 1935/36 in der ersten Mannschaft des FC Villingen 08. 1937 wanderte seine Familie nach Gretz bei Paris aus. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Sigmund mit seinem Vater Louis im Lager Colombes als feindlicher Ausländer inhaftiert. Nach seiner Freilassung meldet er sich zum freiwilligen Arbeitseinsatz. Im August 1942 wurde das Haus der Bikarts in Gretz von den Deutschen besetzt. Sigmund wurde rechtzeitig gewarnt, und entkam so zunächst der Inhaftierung und Deportation.

Er schloss sich anschließend dem Widerstand um Charles de Gaulle an und lebte zeitweise versteckt in der „Freien Zone“ in Frankreich. 1942 wurde er schließlich dennoch von den Deutschen verhaftet und kam ins KZ Auschwitz. Sigmund überlebte als einziges Familienmitglied das Konzentrationslager und wurde am 16. Januar 1945 im Alter von 22 Jahren befreit. Bei seiner Entlassung wog er nur noch 35 Kilogramm.
Nach seiner Rückkehr ging Sigmund zunächst zurück nach Paris,dann für ein Jahr zu seinem Onkel Josef, der ebenfalls in Frankreich lebte. In Straßburg machte er eine Ausbildung zum Metzger und ließ sich dort dauerhaft nieder. Im Elsass heiratete er auch und bekam seine Kinder Pierre-Louis und Jeannette Ruth Silva. 1997 erkrankte er an Alzheimer. Im Jahr 2000 starb er kurz nach seinem Geburtstag.
Ruth und Silva Irene Bikart
Die beiden Töchter von Jeanette und Louis Bikart sind Ruth und Silva Irene. Am 11. Mai 1921 beziehungsweise am 6. August 1926 wurden sie in Villingen geboren. Beide wuchsen in der Waldstraße 11 auf und lebten dort bis 1933. Dann wurde die Waldstraße in Adolf-Hitler-Straße umbenannt.

Beide Mädchen besuchten die Maidleschule, die heutige Klosterringschule. Anschließend ging Ruth von Ostern 1935 bis Januar 1937 auf die Handelsschule der St. Ursula-Schule.Trotz einiger Probleme zu Beginn, wurde die schulische Leistung am Ende als „erfreulich“ beurteilt. Charakterisiert wurde Ruth als freundlich und gefällig. Nach dem Arbeitsverbot des Vaters zog die gesamte Familie im Januar 1937 nach Gretz bei Paris. Dort erwarb Vater Louis im Tausch gegen das Anwesen in der Waldstraße ein Haus einer deutschen Witwe erworben, die zurück nach Deutschland wollte.Über die Zeit in Gretz ist nur wenig bekannt.

Nach der deutschen Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg wurden nach einigen Monaten die Familienmitglieder als geflüchtete Juden enttarnt. Am 2. September 1942 wurde das Haus von den Deutschen besetzt, Ruth, Schwester Silva Irene sowie die Eltern wurden verhaftet. Zunächst kamen sie in das Sammellager Melun. Dann folgte am 6. November 1942 die Deportation nach Auschwitz. Hier verliert sich die Spur der drei Frauen. Vermutlich wurden Jeanette, Ruth und Silva Irene direkt nach ihrer Ankunft ermordet. Am 3. Juli 1951 erklärte das Badische Amtsgericht in Villingen die drei für tot.
Louis und Jeanette Bikart
Die Eltern von Louis Bikart, Ernestine und Sigmund, stammten aus Gailingen am Hochrhein. Am 19. März 1893 wurde Louis dort geboren, ein Jahr später folgte bereits der Umzug der Familie nach Villingen. Hier eröffnete der Vater eine Viehhandlung. Louis besuchte die Volksschule, er war Mitglied des Turnvereins und spielte von 1913-1916 in der ersten Mannschaft des FC 08 Villingen, den er unter anderem mit Hugo Schwarz, einem anderen Villinger Juden, mit gründete.

Bis Anfang der 1930er-Jahre war er außerdem Mitglied des Männerchores Villingen 1887. Louis erlernte den Beruf des Metzgers und übernahm Anfang der 1920er-Jahre die heimische Viehhandlung in der Waldstraße 11. Louis genoss einen guten Ruf als fleißiger Geschäftsmann und war in Villingen sehr bekannt. Für seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde er mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet. An den Reichtstagswahlen 1928 und 1932 nahm er als Beisitzer teil. Nach der Machtübernahme der Nazis wurde Louis der Viehhandel 1936 verboten, ein Jahr später wanderte er aus. Er tauschte sein Haus gegen eines im französischen Gretz. Dort wurde er nach dem Ausbruch des 2. Weltkriegs als „feindlicher Ausländer“ interniert. Als die deutsche Wehrmacht im Juni 1940 Frankreich überfallen und Paris besetzt hatte, mussten die Bikarts den „Judenstern“ tragen. Am 2. September 1942 wurden seine Familie und er schließlich verhaftet und in das Lager Drancy gebracht. Jeanette Bikart, geborene Guggenheim, wurde 1892 in Tiengen geboren und heiratete am 31. Mai 1920 Louis Bikart. Gemeinsam bekamen sie die Kinder Ruth, Sigmund und Silva Irene.

Jeanette wird als ruhige Frau beschrieben und war in der Familie für die Haushaltsführung und Kindererziehung zuständig. Louis und Jeannette Bikart wurden am 6. November 1942 nach Auschwitz deportiert. Jeannette wurde dort vermutlich sofort ermordet. Louis musste den Arbeitsdienst verrichten. Ein letzter Zeuge sah ihn Ende Januar 1945 noch einmal. In den letzten Kriegstagen wurde er ermordet.