Die Sommer werden immer heißer. Konkret macht sich das auch in der Region bemerkbar. Besonders betroffen ist dabei eine äußerst wichtige Ressource: unser Trinkwasser. „Der Klimawandel hat auf das Trinkwasser eigentlich nur negative Auswirkungen“, erklärt Kai Baudis. Er ist Leiter des Eigenbetriebs der Donaueschinger Wasserwerke.

Wie die Landesanstalt für Umwelt und Baden-Württemberg (LUBW) schreibt, hat das Jahr 2022 in vielerlei Hinsicht klimatische Rekorde gebrochen. Das Jahr war so heiß, wie kein anderes im Bundesland seit Beginn der Aufzeichnungen 1881.

Was machen wärmere Sommer mit dem Wasser?

„Ein Faktor ist die Aufwärmung der Rohrleitungen“, sagt Baudis. Je kälter eine Umgebung, desto langsamer spielen sich biologische Prozesse ab. Tendenziell komme auch wärmeres Rohwasser aus den Quellen. „Generell gibt es im Trinkwasser immer eine Anzahl Organismen, die nicht schädlich sind. Alle Werte auf null, das ist selten“, so Baudis weiter. Wird alles wärmer, dann seien die Bedingungen für Organismen jedoch besser, sich zu vermehren: ‚Aus einem Keim werden dann schnell mehrere.‘

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Die Leitungen liegen relativ weit unten, „sie wurden meist auf Frosttiefe verlegt, haben also eine Deckung von etwa 1,50 Metern“, erklärt der Fachmann. Mittlerweile gebe es die Empfehlung, neue Leitungen tiefer zu verlegen, aus Gründen des Aufwärmschutzes. „Durch den Klimawandel wird es auch immer tiefer unten warm. Und erwärmt sich der Boden ein paar Grad, dann tun das die Leitungen auch.“

Am Endpunkt wird es kritisch

„Es gibt gewisse Regelwerksvorgaben, die die Verlegetiefe von Wasserleitungen bereits in der Planungsphase klar definieren. Hierbei fließen verschiedenste Faktoren in die Berechnung, wie beispielsweise Witterungseinflüsse, regionale Bodencharakteristik und einige weitere Faktoren mit ein“, sagt Benjamin Breuer, Abteilungsleiter Betrieb der Stadtwerke Villingen-Schwenningen.

Bei der Hauptleitung unter der Straße halte sich das in Grenzen: „Die sind normal so gut durchströmt, dass da nichts passiert. Kritischer wird es, je näher man dem nächsten Endpunkt kommt“, erklärt Baudis. Gemeint sind damit die Hausanschlüsse. Sie haben meist ein geringeres Volumen und eine geringere Durchspülung.

Warm aus dem Hahn

So war Kai Baudis selbst schon mal bei einem Hausanschluss, bei dem deutlich wärmeres Wasser gemeldet wurde: „Er war mit etwa 50 bis 60 Zentimeter zu hoch verlegt, darüber befand sich dunkler Asphalt. Das kann sich natürlich auswirken und das Wasser kommt fast schon warm aus dem Hahn.“

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Problematisch werde durch längerfristig höhere Temperaturen auch die Filterwirkung der Böden. „Die Wasser-Aufbereitung beginnt im Boden“, erklärt Baudis. Die Filterwirkung basiere dabei auf chemisch-physikalischen und biologischen Prozessen, die beide geschwächt werden.

Bei Trockenheit bilden sich etwa Risse im Boden. Durch sie kann das Wasser direkt in tiefere Schichten eindringen und umgeht daher die Filter, etwa in der Humusschicht. Generell setze man auf eine gewisse Qualität des Rohwassers: „In den letzten Jahren ist eine deutliche Verschlechterung feststellbar“, so Baudis weiter.

Schlechteres Rohwasser

Die Folge: Die Rohwasserqualität wird schlechter, es muss stärker aufbereitet werden. „Nach der Aufbereitung muss mehr als früher gechlort werden, das hat aber auch mit gestiegenen Anforderungen, vermehrter Beprobung und besserer Analytik zu tun.“

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Der natürliche Wasserkreislauf ist die Basis für den Grundwasserspiegel. „Input gibt es über den Niederschlag“, so Baudis. Man habe allerdings die vergangenen Jahrhunderte in den Kreislauf eingegriffen: „Flüsse wurden begradigt, Moore trockengelegt, nasse Standorte drainiert. Auch Flächenversiegelung ist ein Thema.“ Durch den Klimawandel verändert sich jetzt ein wesentlicher Punkt: „Der eine Faktor, der die Gleichung immer auffüllte, der Niederschlag, wird durch den Klimawandel stärker zurückgehen“, sagt Baudis.

Wie wird es in Zukunft?

Konkret bedeutet das: Die Anzahl und Dauer von Trockenphasen und Starkregenereignisse nehmen zu. Das Land Baden-Württemberg hat dazu den Masterplan Wasserversorgung. Er untersucht, wie die öffentliche Wasserversorgung für die Folgen des Klimawandels gewappnet ist und wie sie sich zukunftsfähig aufstellen muss.

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Und Baudis wirft einen Blick in die Zukunft: Klimaprognosen bis 2050 zeigen, dass in manchen Teilen des Landes um bis zu 20 Prozent weniger Grundwasser neu gebildet wird.

Rückgang der Schüttungsmengen

„Wir beobachten insbesondere in langen Trockenphasen ohne Niederschläge einen Rückgang der Schüttungsmengen in unseren oberflächennahen Buntsandsteinquellen in Villingen-Schwenningen“, sagt Benjamin Breuer.

Da diese aber aufgrund der besonderen hydrogeologischen Gegebenheiten des Schwarzwaldes ohnehin sehr stark witterungsabhängig seien, sei dies kein Phänomen, das in den vergangenen Jahren verstärkt aufgetreten ist.

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„Wir setzen deshalb auf mehrere Standbeine in der Wasserversorgung. Die SVS hat zahlreiche, eigene Quellen im Versorgungsgebiet, Tiefbrunnen und den Fernwasserbezug von der Bodenseewasserversorgung.“

„Es wird Nutzungskonflikte geben“

„Wir müssen umdenken. Dass Wasser stört und aus der Landschaft herausmuss – dieses Denken fällt uns auf die Füße“, sagt Baudis. Als Projekt in die richtige Richtung wertet er dabei etwa die Renaturierung des Brigach- und Breg-Zusammenflusses in Donaueschingen. Dennoch müsse man sich darauf einstellen, dass Wasser ein knappes Gut werde. „Und es wird Nutzungskonflikte geben“, so Baudis.

Die Maßnahmen werden teuer

Bei der Qualität sei technisch vieles zu lösen, „bei der Menge nicht. Außerdem kostet alles Geld“. So werde man in Donaueschingen die Sanierung vieler Quellen in Waldbereichen angehen. Finanziell wird das Millionen Euro kosten.

„Die Waldquellen waren bislang gut geschützt, jetzt liegt unser Augenmerk auf die Abdichtung von oben“, so Baudis. Durch sterbende Bäume gebe es über tote Wurzelkanäle geradezu Leitungen, die das Wasser in die Tiefe nehme: „Der Bodenfilter wird umgangen – und an den Wurzeln können Trüb- und Färbstoffe aufgenommen werden, die dann in der Aufbereitung Probleme machen.“