Sie ist seit ein paar Wochen das Gesicht einer neuen Landwirtebewegung in der Raumschaft. Marianne Bäurer, Landwirtstochter aus dem Hüfinger Ortsteil Fürstenberg, steht hinter den Anliegen der Vereinigung „Land schafft Verbindung“ (LsV), die sich nach bisher offenen Strukturen nun als Verein zusammengeschlossen hat.
Bäurer hat im 13-köpfigen Landesbeirat Baden-Württemberg zwar keinen Sitz, organisiert aber weiter Aktionen mit. Mit dem erhöhten Bekanntheitsgrad kommt sie bestens klar. „Es ist toll, dass ich von den Leuten direkt auf unsere Anliegen angesprochen werde“, sagt sie.

Eine direkte Einbindung in den in Gründung begriffenen „e.V.“ wäre ihr zu aufwendig. „Da bräuchte es einfach viel mehr Zeit.“ Organisatorisch ist für die Raumschaft Schwarzwald-Baar deshalb der Landwirt Kevin Vogel zuständig, der am Kaiserstuhl einen Betrieb bewirtschaftet. Bäurer gehörte Mitte Januar zu den Organisatoren und Teilnehmern einer Trecker-Sternfahrt, die aus allen Landesteilen zu einer Kundgebung auf dem Gelände des Cannstatter Wasens in Stuttgart führte.
Sie lotste damals dank einer Vorplanung einen Konvoi von gut 20 landwirtschaftlichen Fahrzeugen, die aus der Region Kaiserstuhl bis zum Hintervillinger Raum stammten, bis zum Übergabepunkt in Villingendorf, fuhr dann mit ihrem Lebensgefährten Benedikt Mayer weiter und bilanzierte nach 20 Stunden Fahrt und Kundgebung damals eine grandiose und Hoffnung stiftende Veranstaltung.

Seither verbinden sich informative und karitative Aktivitäten. Angefangen bei der Verschärfung der Düngemittelverordnung. Auch wenn die Situation auf der Baar für die Landwirte noch nicht bedrohlich sei, entstehe dennoch ein großes Ärgernis mit ungerechtfertigten Schuldzuweisungen an die Landwirte. „Wir steuern da gegenwärtig auf zweifache Weise entgegen“, erläutert die 25 Jahre alte Gärtnerin.
Zum einen habe man während der Starkregenphase sorgsam fotografiert, wo die Aufnahmekapazität der Kanalisation noch zu verbessern wäre. Bilder von Fäkalien in offenen Gewässern seien nicht nur außerhalb des Schwarzwald-Baar-Kreises zu finden, sagt Bäurer. Desweiteren sammeln Mitglieder von LsV im ganzen Land Messwerte von den Brunnen auf Höfen und bei jedem, der eigene Quellen hat. Mit den Werten möchte LsV dazu beitragen, das mangelhaft eingeschätzte Nitratmessnetz zu verbessern.

Wichtig sind der Gruppe, die sich erst im vergangenen Herbst zusammengefunden hat, auch öffentlichkeitswirksame Aktionen. So fanden sich vor dem Valentinstag Dutzende Schlepperfahrer auf dem Flugplatz in Biberach zusammen, um mit ihren Fahrzeugen bei Dunkelheit zwei spektakuläre Herzen zu formen. Rund um den Tag der Verliebten entstand ein karitatives Anliegen.
„Wer weiß schon, dass tags drauf der „Weltkinderkrebs-Tag“ begangen wird?“, so die Fürstenbergerin. So entstand parallel zum Fotoshooting die Idee, etwas für den Förderkreis für tumor- und krebskranke Kinder in Ulm zu tun: eine Spendensammlung erbrachte spontan 1500 Euro, bei besserer Wetterlage soll für die kranken Kinder und ihre Angehörigen Traktorausfahren veranstaltet werden.
So stellt sich die neue Agrarbewegung auf
- Der Anstoß: Nach eigenen Angaben haben sich in der Bewegung „Land schafft Verbindung“ (LsV) bundesweit 40 000 Landwirte und Akteure aus der grünen Branche vernetzt. Dem mit Leidenschaft und Herz agierenden Berufstand stehe ein negatives Bild gegenüber, das Politiker, Medien und Aktivisten skizziert hätten. In der LsV organisierten sich weder Tierschänder noch Umweltverschmutzer, heißt es auf der Homepage. Die Unzuverlässigkeit der Regierung und der Behörden sei der Grund, die eigene Meinung friedlich zu äußern und zum lösungsorientieren Austausch einzuladen.
- Die Gruppe: Am Anfang stand am 1. Oktober eine Facebook-Gruppe „Land schafft Verbindung“, aus der sich bis heute eine über 100 000 Nutzer starke WhatsApp-Präsenz entwickelt hat. Die Mitglieder organisieren sich selbst und unterstehen keinem Verband. Sie sind Landwirte, die aus allen Bereichen der Landwirtschaft kommen: aus dem Ackerbau wie aus der Tierzucht. In den Ländern verfügt die junge Organisation über Landesvertreter und Orgateams. Mit friedlichen Demonstrationen, Sternfahrten und Mahnfeuern im ganzen Bundesgebiet artikulieren die Landwirte ihre Anliegen.
- Die Ziele: Bei den Umsetzungswünschen hat sich die LsV breit aufgestellt. Dazu gehören eine Beteiligung der Gesellschaft beim Umwelt- und Tierschutz, eine wissenschaftliche Ursachenforschung beim Insektensterben oder eine Reduzierung der dauerhaften Flächenversiegelung. Gefordert wird eine objektive Untersuchung der auffälligen Nitrat-Messstellen, damit zwischen landwirtschaftlichen und nicht landwirtschaftlichen Verursachern unterschieden werden könne. Bei Lebensmittelimporten soll eine Bezeichnung eingeführt werden, die dem deutschen gesetzlichen Standard entspricht. Eine klare Herkunftsbezeichnung für landwirtschaftliche Produkte soll es dem Verbraucher ermöglichen, regionale Produkte leicht erkennen und kaufen zu können. Zudem wird eine Reduzierung des bürokratischen Aufwands für die Landwirte gefordert, „damit Tierwohl, Natur- und Umweltschutz praktikabel sind und wieder Spaß machen“, schreibt der Verband unter landschafftverbindung. (wur)