Herr Bronner, das Thema Klimaschutz sorgt mittlerweile für viel Gesprächsstoff. Wie sieht es auf der Südbaar aus, die Sie seit 33 Jahren als Umweltberater erleben und mit betreuen?

Für Donaueschingen wurde bereits 1992 ein Klimahandlungsprogramm erarbeitet, Donaueschingen und Hüfingen haben Energiekonzepte erstellen lassen. Donaueschingen, Hüfingen und Bräunlingen erhielten für unterschiedliche Aktivitäten den Umweltpreis des baden-württembergischen Umweltministeriums. Die vier Südbaargemeinden Donaueschingen, Bräunlingen, Hüfingen, Bad Dürrheim betrieben seit Langem Umweltmanagement und konnten so Energie, CO2-Emissionen und Kosten in sechsstelliger Höhe pro Jahr einsparen. Und die CO2-Emissionen reduzierten sich alleine in Donaueschingen von 2013 bis 2022 um rund 750 Tonnen auf zuletzt 2500 Tonnen im Jahr. Im Jahr 2012 wurde ein Klimaschutzkonzept für den Gemeindeverwaltungsverband Donaueschingen (GVV) erstellt, wenig später auch eines für Bad Dürrheim. Besonders im Blick waren die kommunalen Gebäude, einiges wurde auch schon umgesetzt. Das Umweltbüro war beteiligt beim Aufstellen eines Teilflächennutzungsplanes Windkraft, der zwei Windparks in Donaueschingen/Hüfingen und in Bräunlingen vorsieht. Für die Länge wurde in diesem Jahr eine Genehmigung erteilt, der Park in Bräunlingen ist noch in Planung. Für Bräunlingen wurde eine Planung für PV-Anlagen im Freien erstellt, für Bad Dürrheim und Donaueschingen ist sie in Bearbeitung.

Wie war in den vergangenen 20 Jahren der Flächenverbrauch in Donaueschingen, Hüfingen und Bräunlingen im Vergleich zum Landesdurchschnitt?

Im Gemeindeverwaltungsverband fand von 2000 bis 2020 eine Zunahme der Siedlungsfläche von 11,3 Prozent auf 12,5 Prozent statt (bezogen auf die Markungsfläche). Damit wuchs die Siedlungsfläche um 10,3 Prozent. Im Land wuchs die Siedlungsfläche von 2000 bis 2020 von 13,2 auf 14,7 Prozentpunkte der Gesamtfläche, diese Zunahme beträgt 11,3 Prozentpunkte.

2013 haben Sie mit den Gemeinden Donaueschingen, Hüfingen und Bräunlingen die vorhandenen Baulücken erfasst, wie sieht die Auswertung seither aus?

Von 2013 bis 2022 wurden 14 Hektar Baulücken bebaut – das entspricht 26 Prozent der damals erfassten Baulücken. Das ist deutlich mehr, als dort „von selbst“ abläuft. Im Baugebiet Löbern in Neudingen bestanden vor zehn Jahren noch Lücken, die inzwischen bebaut sind. Weitere aktuelle Beispiele sind die bisherigen Freiflächen Scheibenrain in Aasen und Auf Schalmen in Allmendshofen. In mehreren Dörfern wurden Innenentwicklungskonzepte erstellt und umgesetzt. Hauseigentümer erhielten Zuschüsse für Maßnahmen an ihren Gebäuden. In den Jahren 2018 bis 2020 hatte der GVV Flächenmanager beauftragt, die die Innenentwicklung vorantrieben. In Donaueschingen besteht ein Förderprogramm für die Zentren der Ortsteile, das gut angenommen wird. Dennoch gibt es noch viele Innenentwicklungspotenziale, die der Erschließung harren.

Gibt es in den drei Gemeinden Ziele, den Flächenverbrauch zu reduzieren?

In den Umweltqualitätszielen von 2000 wurden solche Ziele festgelegt. Für den Zeitraum 2000 bis 2020 waren das 220 Hektar, tatsächlich beträgt die Zunahme laut Angaben des Statistischen Landesamtes 264 Hektar, also 20 Prozentpunkte über dem Zielwert.

Welche Fördermöglichkeiten für die Innenentwicklung der Kommunen gibt es?

Im Entwicklungsprogramm ländlicher Raum und bei der Städtebauförderung werden Investitionen in die Innenentwicklung gefördert. In Donaueschingen und Bad Dürrheim bestehen zudem kommunale Programme. Planerische und konzeptionelle Maßnahmen werden über das Programm „Flächen gewinnen“ des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen gefördert.

Ist es angesichts der drohenden Klimakatastrophe heute überhaupt noch verantwortbar, neue Bauflächen auszuweisen?

Bei einer wachsenden Bevölkerung ist es nicht realistisch, ganz ohne Flächenverbrauch auskommen zu wollen. Er sollte aber so sparsam und effizient wie möglich erfolgen. Da bleibt noch einiges zu tun.

Wie ist der Stand der Renaturierung von Gewässern auf der Baar?

Nach dem Landeswassergesetz sind die Kommunen verpflichtet, in allen Gewässern zweiter Ordnung einen „guten ökologischen Zustand“ herzustellen. Das bedeutet in vielen Fällen, die früher kanalisierten Gewässer zu renaturieren. Dabei wurden in den letzten 20 Jahren große Erfolge erzielt. Renaturiert wurden, ganz oder teilweise: in Bad Dürrheim die Kötach und ein kleiner Abschnitt der Stillen Musel; in Donaueschingen Teile der Stillen Musel und der alten Stillen Musel, Teile des Dorfbaches Aasen und der Wolfsbach in Wolterdingen; in Hüfingen der Kennerbach und der Ottengraben; in Bräunlingen der Lachengraben und Teile des Brändbaches. Dennoch bleibt vieles zu tun.

Wie kann eine klimaneutrale Mobilität im ländlichen Raum aussehen?

Es wird nicht möglich sein, hier komplett auf das Auto zu verzichten. Bei rationalem Verkehrsverhalten wäre aber mindestens die Hälfte des Autoverkehrs ersetzbar. Der verbleibende Anteil wird elektrisch sein. In einem erheblichen Umfang könnte Autoverkehr ersetzt werden durch Radverkehr, öffentlichen Verkehr und effizienteren Einsatz der Autos (Fahrgemeinschaften). Das Haupthemmnis sind nicht fehlende Radwege und Busse, sondern der Schalter im Kopf. Man ist so auf das Auto fixiert, dass man über Alternativen gar nicht nachdenkt. Rund ein Drittel der Haushalte könnte viel Geld sparen, wenn sie statt des (Zweit-)Autos Carsharing nutzen würden. Real tut es nicht mal ein Prozent. Und zu einem erheblichen Teil werden Kinder schon geprägt, dass Mobilität automatisch Autofahren heißt, zum Beispiel durch Elterntaxis.

Was kann der einzelne Mensch für den Klimaschutz tun?

Das Fahrrad, Bus und Carsharing nutzen und das eigene Auto verkaufen. Nicht fliegen und keine Kreuzfahrten machen. Kein Flugobst und weniger Fleisch essen. Kein Haus bauen, sondern ein bestehendes sanieren. Weitere konkrete Tipps gibt es im Internet in Hülle und Fülle. Und: Einen Hauch von seiner Bequemlichkeit opfern, damit Dürren, Stürme und Überschwemmungen nicht Tausende Menschenleben fordern und Millionen von Menschen zu Klimaflüchtlingen machen.

Fragen: Bernhard Lutz