Ein wachsendes Problem erkennen die Verantwortlichen im Singener Frauenhaus beim Thema Unterbringung der Frauen. In der Regel dauere ein Aufenthalt in der Einrichtung drei Monate. Dann sollten die betroffenen Frauen das Haus wieder verlassen, um Platz für neue zu schaffen. Doch seit dem Krieg in der Ukraine sei es trotz vieler Bemühungen noch schwieriger geworden, eine Wohnung für sie zu finden, erläutert Susanne Biskoping als Leiterin des Frauenhauses.
Durch Projekt „Else“ Wohnraum geschaffen
Um den Frauen und Kindern, die nicht mehr lebensbedrohlich gefährdet sind, nach dem Aufenthalt im Frauenhaus ein neues Zuhause zu schaffen, bietet das Projekt „Else“ mit zehn Wohnungen eine zeitlich begrenzte Bleibe in einer offenen Wohnform. Dabei werden – wie beim Besuch von Staatssekretärin Ute Leidig mit der Landtagsabgeordneten Dorothea Wehinger (beide Grüne) deutlich wurde – die Frauen weiterhin begleitet und bei Kindergarten-, Arbeits- und Wohnungssuche beraten und unterstützt.
Gestartet wurde die Maßnahme 2019 in der Anton-Bruckner-Straße. Mehrere Ein- bis Dreizimmerwohnungen hat die Diakonie zur Verfügung gestellt. Frauen mit maximal drei bis vier Kindern können hier untergebracht werden.
Staatssekretärin erkennt wichtige Arbeit
Die Staatssekretärin ist auf Sommertour in der Region: Um sich über die vielfältigen Angebote aus den Bereichen Soziales, Integration, Gleichstellung und Inklusion zu informieren, machte die Regierungsvertreterin aus dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration, auf Einladung Wehingers auch Station im Hegau.
Als Abgeordnete der Grünen ist Leidig landesweit mit Frauenhäusern in Kontakt und so stand auch ein Besuch im Frauenhaus Singen auf dem Programm. „Uns verbindet das Thema Gleichstellung, und hier wird wertvolle und wichtige Arbeit geleistet“, betont Wehinger.
Einrichtung dauerhaft voll belegt
Das Frauenhaus in Singen ist eins von drei Frauenhäusern im Landkreis. Wie wichtig die Einrichtung ist, zeigt der Jahresbericht 2022 mit insgesamt 304 Beratungen in der Beratungsstelle und acht Platzverweisverfahren mit 69 Beratungen. In der Regel ist das Haus voll belegt. Im Jahr 2022 waren im Haus 26 Frauen mit 39 Kindern untergebracht.
Während der Corona-Zeit wurden eine Sprechstunde in Tengen und mobile Beratungen in Orten im westlichen Hegau angeboten, um Frauen eine Anlaufstelle zu bieten. Heute zeigt sich, dass das Angebot angenommen wird. „Die Nachfrage steigt, das mobile Team war notwendig und ist bei den Frauen angekommen“, sagt Susanne Biskoping, die seit 20 Jahren im Frauenhaus tätig ist. Seit Beginn wurden 95 Frauen oft mehrfach beraten.
Nun steht für die Leiterin des Singener Frauenhauses der Ruhestand an. Ihre Stelle übernimmt Vanessa Wind, die mit dem Start des Wohnprojektes im Sommer 2018 dazu kam.
„Gewalt gegen Mütter betrifft auch immer die Kinder“
Ein Problem für das Frauenhaus-Team mit den neuen Mitarbeiterinnen Claudia Henninger und Katharina Matt bleibt der Umgang mit der Gefahr. Biskoping spricht aus Erfahrung, wenn sie sagt: „Zu jeder Frau gibt es einen Täter, der draußen frei rumläuft.“ Fast jeden dritten Tag sterbe eine Frau durch häusliche Gewalt. Aber sie betont, dass die Zusammenarbeit mit der Polizei Singen hervorragend klappe.
Bisher stünden die Opfer im Fokus, um das Gefährdungspotenzial einzuschränken sei es aber wichtig, auch die Täter mit einzubeziehen. „Die Familienrichter müssten häusliche Gewalt auch gegen die Kinder mehr in den Fokus rücken, denn Gewalt gegen Mütter betrifft auch immer die Kinder“, erläutert Vanessa Wind. Auch Staatssekretärin Ute Leidig wünscht sich in Bezug auf die Gleichstellung, dass familienrechtliche von strafrechtlichen Prozessen nicht getrennt werden.