Was für ein Auftakt! Die Big Band der Hochschule für Musik (HfM) Trossingen brachte den ausverkauften Saal im Milchwerk zum Kochen. Mitreißender hätte man sich den Beginn einer wunderbaren Partnerschaft von der HfM mit der Musikstadt Radolfzell nicht wünschen können.
Jazz ist schon längst etabliert
Schon im Foyer empfing die Besucher lockere Jazz-Club-Atmosphäre: Die neu gegründete Combo der städtischen Musikschule unter Suso Stoffel bewies, wie firm die jungen Leute schon im Jazz-Genre sind und wie bereichernd für sie der Workshop am Nachmittag mit Thomas Busch von der HfM war.

Und die Big Band, Aushängeschild der Jazz/Pop-Abteilung der Hochschule, stieg im großen Saal gleich mit kraftvollen Tutti und programmatischem Titel ein: „Better Days Ahead“ – auf gute Tage mit einer fruchtbaren Zusammenarbeit ist die Kooperation mit dem Projekttitel „Schaufenster Musikstadt – zwei Musikstädte begegnen sich“ angelegt.
Programm ist Peter Herbolzheimer gewidmet
Seit 25 Jahren gibt es die Big Band der Hochschule und sie startete in ihr Jubiläumsjahr mit einem Programm, das dem legendären Gründer und Leiter des Bundesjazzorchesters Peter Herbolzheimer (1935-2010) gewidmet war. Dessen genialen Arrangements und Kompositionen haben es dem Big Band Leiter Matthias Anton angetan – zumal er selbst viele Jahre als Lead Altist im Bundesjazzorchester mit Herbolzheimer freundschaftlich verbunden war.

In „All Blues“ mit softem Beginn motiviert die Solo-Gitarre zu immer heftigeren Bläser-Skalen und die Flügelhorn- und Trompeten-Soli flankieren schräge Bläser-Tops. Für eine erkrankte Sängerin der Hochschule sprang spontan die Radolfzeller Jazz-Sängerin Anne Czichowsky ein, die etwa „I Wish You Love“ und das herrliche „The End Of A Love Affair“ mit markanter und textdeutlicher Stimme gab. Auch beim Scat Singing, also dem Singen von Silbenfolgen war sie kreativ improvisierend unterwegs.
Nur eine Frau steht am Saxophon
Matthias Anton leitete seine Big Band mit ganzem Körpereinsatz. Ebenso humorvoll frei gestikulierend und die feurige Musik mittanzend, wie auch präzise seine Einsätze gebend, sah man ihm und seinen Musikern – es gab nur ein weibliches Band-Mitglied am Saxophon – die große Spielfreude an. Die übertrug sich auf das mitgehende Publikum, das alle Soli und die Band-Leistung ausgiebig beklatschte.
Wie forsche Elefanten-Stapfen liefert der Posaunen-Satz in „Girl Talk“ den ostinaten Grund für ausdrucksvollen Bläser- und Piano-Sound. „Ich finde, dass alle Abteilungen extrem toll zusammenspielen, aber die Posaunen sind nun mal die Seele der Big Band“, lobte Matthias Anton seine Band.
Betördender Jazz-Gesang kommt aus Radolfzell
Balladen wie „My Foolish Heart“ mit träumerischem Saxophon-Solo oder „Ballad For A Friend“, das Herbolzheimer für Saxofon schrieb, diesmal mit weichem Flügelhorn-Ton geblasen, luden zum entspannten Mitwippen ein, bevor „Silhouette“ wieder ordentlich aufheizte. Hier griff Leiter Anton selbst zum Alt-Saxophon und lieferte zusammen mit dem druckvoll gespielten Flügelhorn tolle Improvisationen mit expressiven Trillerketten. Mit verhalten-feurigem Beginn in „Fever“ wartete Anne Czichowsky noch einmal mit betörendem und engagiertem Jazz-Gesang auf.

Erst nach dem Auftritt der Trossinger Jazzer gab es Grußworte von Bürgermeisterin Monika Laule und der Prorektorin der HfM Linde Brunmayr-Tutz. Beide betonten die Freude über den fantastischen Auftakt und die Chance der Begegnung der beiden Musikstädte.
Jugendblasorchester zeigt sein Können und kann mithalten
Die nutzte dann auch das Jugendblasorchester (JBO) der Musikschule unter Kuno Rauch. Mit dem fetzigen „Spanish Fever“ knüpfte das frisch und sicher aufspielende Orchester, das sich im Saal rund um das Publikum aufgestellt hatte, gleich an das „fiebrige“ Ende der Big Band an. „Ich bin wahnsinnig aufgeregt“, gestand Leiter Kuno Rauch und lobte die tolle Erfahrung, die sein Orchester am Nachmittag im Workshop mit Matthias Anton gemacht hatte. „Ich hörte, er sei gar nicht so streng wie ich“, resümierte er schmunzelnd.
Nach „No Roots“ dann die Überraschung des Abends: „Universe 2001“ hatte Matthias Anton als Zugabe für Big Band und JBO arrangiert: Es wurde ein großartiges, den Saal mit Ohrwurm-Qualitäten füllendes, begeisterndes Finale. Standing Ovations und kurze Wiederholung zeigten: Start in eine bereichernde Partnerschaft voll geglückt!