Priscilla Ogundipe

In der Konstanzer Innenstadt ist es am Samstag ziemlich bunt zugegangen: Sie war Schauplatz eines Umzugs von Hunderten von Menschen am Christopher Street Day (CSD). Startpunkt der Demonstration war der Bodanplatz in Konstanz.

Von dort aus ging es durch das Schnetztor, durch die Hussenstraße, vorbei an der Marktstätte bis zum Stadtgarten, wo es eine Kundgebung gab. Die sonst übliche Party im Konzil wich Pandemie-bedingt einer kleinen Freiluft-Party in Kreuzlingen am Blaues-Haus-Platz.

Der Umzug zieht durch die Hussenstraße.
Der Umzug zieht durch die Hussenstraße. | Bild: Priscilla Ogundipe

Laut Angaben der Polizei nahmen rund 700 Menschen an der Demonstration teil. Es sei friedlich und ruhig abgelaufen; Vorkommnisse habe es keine gegeben. Für die Demo waren 400 bis 1000 Teilnehmer angemeldet, so die Polizei. Damit, dass tatsächlich „so viele kommen“, habe sie nicht gerechnet.

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„Die Diskriminierung queerer Menschen wird von der Politik einfach ignoriert“, findet Linda Götz. Gemeinsam mit der Hochschulgruppe Uniqueer setze sie sich für die Inklusion queerer Menschen an Universitäten und Schulen ein. Queer (englisch für „sonderbar“) wird als Bezeichnung für von der gesellschaftlichen Norm abweichende geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung verwendet.

Auch die Hochschulgruppe Uniqueer der Universität Konstanz ist beim CSD vertreten. Hier (von links) Linda Götz, Bernadette Richter, ...
Auch die Hochschulgruppe Uniqueer der Universität Konstanz ist beim CSD vertreten. Hier (von links) Linda Götz, Bernadette Richter, Erika Krämer und Juan Emilio Carrasco. | Bild: Priscilla Ogundipe

„Gerade die Pubertät ist eine so prägende Zeit. Wir brauchen Toiletten für nichtbinäre Personen an den Schulen – und keine Teilung mehr in Mädchen und Jungs beim Sportunterricht“, meint Götz. Doch den Verantwortlichen sei das nicht wichtig, sagt sie: „Die sagen, das betreffe doch nur höchstens 20 Leute an der Schule, also ist es egal“. Daher sei es ihr und der Hochschulgruppe wichtig, beim CSD dabei zu sein und Präsenz zu zeigen.

Demo in der Hussenstraße Video: Priscilla Ogundipe

Auch Julika Funk, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Konstanz, war beim CSD, um „ein Zeichen zu setzen“. Sie sei sehr stolz auf die Veranstaltung, wie sie in ihrer Ansprache im Stadtgarten sagte. „Die Stadt Konstanz solidarisiert sich ausdrücklich mit der LGBTIQ-Community“. LGBTIQ ist eine englische Abkürzung für die Begriffe Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle und queere Personen.

Ihr sei es wichtig Sichtbarkeit zu zeigen, sagte Julika Funk, denn in vielen deutschen Bundesländern würden „Regenbogenfamilien“ immer noch Benachteiligungen erfahren, zum Beispiel bei der Kinderwunschbehandlung. Funk erklärte: „Beim CSD zeigen wir, dass wir keine Randerscheinung sind und uns nicht marginalisieren lassen. Wir sind Teil der Gesellschaft.“

Auch Julika Funk (links), Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Konstanz, und Christine Finke (JFK), Mitglied des Gemeinderats, sind beim ...
Auch Julika Funk (links), Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Konstanz, und Christine Finke (JFK), Mitglied des Gemeinderats, sind beim CSD, um „ein Zeichen zu setzen“. | Bild: Priscilla Ogundipe

In vielen Ländern um uns herum würden die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, intergeschlechtlichen und queeren Menschen tagtäglich verletzt, meint Funk. Beispiele wie Ungarn würden dies zeigen, so die Gleichstellungsbeauftragte. Dort trat kürzlich ein Gesetz in Kraft, das die Informationen über Homo- und Transsexualität beschränken soll.

„Auch in Deutschland ist die Gleichstellung noch nicht erreicht“

„Aber auch in Deutschland ist die Gleichstellung noch nicht erreicht oder muss hart erkämpft werden“, sagte sie. Als aktuelles Beispiel nannte Julika Funk die Debatte um das Fußball-EM-Spiel Deutschland gegen Ungarn. Die Stadt München wollte die beleuchtbare Außenhülle des Stadions in Regenbogen-Farben beleuchten. Der europäische Fußballverband UEFA verbot dies, weil das eine politische Äußerung sei.

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„Liebe und Leben sind vielfältig“, meint Umzug-Teilnehmer Marco Dambacher. Er sei schon bei vielen CSD-Paraden dabei gewesen und findet: „Es geht um Gleichberechtigung. Jeder soll so leben und sich so zeigen dürfen, wie er will.“

„Nicht nur eine Jugendbewegung“

„Jimmy“ kommt aus Rapperswil und war beim CSD in Konstanz, um „Werbung für das Referendum Ehe für alle zu machen“, über das am 26. September in der Schweiz abgestimmt wird.

Zwischenstopp auf der Marktstätte Video: Priscilla Ogundipe

Daniel Groß (CDU), Mitglied des Gemeinderats, war als Ordner beim CSD und war „angenehm überrascht über die große Teilnahme“. Früher sei er immer selbst mitgelaufen – nun sorgte er dafür, dass die Teilnehmer die Maskenpflicht, Abstandsregelungen und das Alkoholverbot bei der Demo einhielten. Till Seiler (FGL), Mitglied des Gemeinderats, fand es „politisch wichtig, dass diese Demo stattfinden kann“.

Sie seien dabei, um Solidarität zu zeigen, sagten die jungen Konstanzerinnen Franka, Anna und Lorena. Sie fanden gut, dass auch viele ältere Menschen dabei waren und sind sich einig: „Es handelt sich hier nicht nur um eine Jugendbewegung“.

Franka, Anna und Lorena (v.l.) sind beim CSD, um Solidarität und Sichtbarkeit zu zeigen und fanden gut, dass auch viele ältere Menschen ...
Franka, Anna und Lorena (v.l.) sind beim CSD, um Solidarität und Sichtbarkeit zu zeigen und fanden gut, dass auch viele ältere Menschen dabei waren. Sie sind sich einig: „Es handelt sich hier nicht nur um eine Jugendbewegung.“ | Bild: Priscilla Ogundipe

Trotzdem haben sie noch Forderungen an die Politik. So wünscht sich Anna, Studentin an der Uni Konstanz, dass das Thema auch in den Bildungsplan mit aufgenommen wird. „Seit 1994 ist Homosexualität nicht mehr illegal, trotzdem gibt es auch noch heute viel homophobe Gewalt. Das muss aufhören.“ Sie möchte, dass Homosexualität und andere sexuelle Orientierungen nicht mehr als Ausnahme gesehen werden und wünscht sich außerdem eine Veränderung des Transsexuellen-Gesetzes.

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