„Das sind Modelle, die gut funktionieren, weil sie Mehrwerte in einer Gemeinschaft schaffen“, schätzt Langensteiner-Schönborn die gemeinsame Planung, Entwicklung und Verwirklichung. Außerdem ließen sich Kosten senken gegenüber einem herkömmlichen Bauprojekt. Die Kosten für den Bauträger entfielen, Kosten der Projektentwicklung und Steuerung würden auf die Gemeinschaft umgelegt und der gemeinsame Einkauf etwa von Fenstern oder Gartenzäunen ermögliche alleine durch die Menge niedrigere Preise.
Die Möglichkeit den eigenen Wohnraum mitzugestalten scheint für viele interessant. Davon erzählt Sylvia Malcher vom Wohnprojekt Konstanz, die gemeinsam mit den Architekten Tilmann Weber und Stefan Ruff über die Möglichkeiten informiert und Mitstreiter für künftige Projekte sucht. Sie haben sich an die Stadt wegen eines Grundstücks gewandt. Schließlich will die Stadtverwaltung solche alternativen Wohnformen unterstützen. Zehn Prozent sind auf städtischen Flächen für solche Projekte reserviert. Das ist im Handlungsprogramm Wohnen so verankert. „Es ist wichtig, Grundstücke freizuhalten. Sonst haben Baugruppen gegenüber Investoren keine Chance“, sagt Marion Klose, Leiterin des Amtes für Stadtplanung über die Wettbewerbssituation. Kaum sei ein Grundstück auf dem Markt, sei es schon verkauft, schildert Langensteiner-Schönborn. „Baugruppen brauchen mehr Zeit, um sich zu finden und zu planen“, führt Klose weiter aus.
Viel Wohnraum auf wenig Fläche
Das Einfamilienhaus hat für die Stadtplaner ausgedient. Durch den Wohnungsmangel ist viel Wohnraum auf wenig Fläche gefragt. Eine gemeinschaftliche Planung sei zudem wirtschaftlicher als das individualistische Einfamilienhaus, sagt Karl Langensteiner-Schönborn. „Eine Krankenschwester wird es sich am ehesten in einer Baugruppe leisten können, Eigentum zu verwirklichen“, führt der Bürgermeister aus, dass durch dieses Modell eine eigene Wohnung wieder für mehr Konstanzer erschwinglich sei.
Karl Langensteiner-Schönborn hofft auf optisch gelungene Referenzprojekte. Wenn ein Beispiel realisiert worden sei, sei das die beste Werbung für künftige Projekte. Allerdings müssten die Menschen bereit sein, in einer Gemeinschaft zu leben. „Baugruppenprojekte bedeuten auch mehr Nähe“, sagt er und erzählt von starken sozialen Strukturen, die sich bilden können, wenn man zusammen baut. Die Nachbarschaft gebe es schon vor dem Haus, die Menschen kennen ihre Stärken und Schwächen. Und noch ein Aspekt ist der Verwaltung wichtig: Car-Sharing, vernetzte Häuser und ein gemeinsames Blockheizkraftwerk im Keller sind Komponenten für zukunftsweisende Stadtteile, ebenso Gemeinschaftsräume oder Flächen für gewerbliche Angebote. Baugruppenprojekte könnten eine Vorreiterrolle in der Entwicklung nachhaltiger Stadtteile einnehmen. „Diese Klientel ist auch an zukunftsorientiertem Wohnen interessiert“, sagt Marion Klose. „Wir würden uns freuen, wenn in Konstanz mehr solcher Projekte umgesetzt werden“, schließt sie. „Das trägt zu einer bunten Stadt bei.“
Gute Konzepte und Baugruppen gesucht
Für Interessenten: Wer Interesse an Baugruppenprojekten hat, kann sich bei der Stadt im Amt für Stadtplanung melden. Dort werden die Anfragen gesammelt. „Wir bauen gerade eine Datei auf“, sagt Amtsleiterin Marion Klose. Darin würde von unverbindlichen Bekundungen bis hin zu konkreten Anfragen für die Umsetzung eines Projektes alles gesammelt. Drei Quartiere, die sich momentan in der Entwicklung befinden, nannte die Stadtplanerin im Gespräch – Marienweg in Litzelstetten, Brühläcker in Dettingen und die Christianiwiesen. In der Entwicklung der Flächen seien Grundstücke für Baugruppen im Rahmen des Handlungsprogramm Wohnen bereits vorgesehen. Diese Grundstücke sollen regulär ausgeschrieben werden. Baugruppen können sich dann wie normale Bauherren mit einem Konzept darauf bewerben.
Für Ideen: Einen Katalog von Kriterien, nach denen Bauplätze vergeben werden, gibt es noch nicht. Alles befinde sich noch in der Entwicklungsphase, so Klose. Die Verwaltung werde jedoch die optische Umsetzung bewerten ebenso das Gesamtkonzept. Die besten Konzepte für die Schaffung sozialer Strukturen und sozialer Durchmischung sollen zum Zug kommen. Es gibt Städte, in denen wegen der sozialen Durchmischung auch der Beruf ein Auswahlkriterium ist. Das soll es in Konstanz nach Karl Langensteiner-Schönborn allerdings nicht geben. Er gibt an, dass Baugruppenprojekte durch die gemeinsame Planung ohne Bauträger bis zu 20 Prozent sparen könnten. Dieses Geld könne dann auch in die Qualität der Ausstattung investiert werden.
Für die Planung: Es gibt eine ämterübergreifende Projektgruppe, die sich mit dem Thema befasst. Die Mitglieder haben sich schon Ideen in anderen Städten geholt und sich dort die Umsetzung angeschaut. Überlegt wird auch das Einrichten einer Baugruppenbörse, bei der nach Mitstreitern für ein Projekt gesucht werden kann. Wenn das Projekt steht, soll es auch Informationsveranstaltungen geben. (jus)