Stefan Limberger-Andris

Ein Buch, in dem sich die Großen dieser Welt eintragen dürfen. Insbesondere aber ein Buch, in dem sich jeder wiederfindet, der etwas Besonderes für die Löwenstadt erreicht hat: Bonndorfs Goldenes Buch. Bürgermeister Michael Scharf ist stolz darauf, dass sich in diesem inhaltsschweren Werk neben Kunstschaffenden von Weltruf und Politikern aller Couleur auch die „einfachen Bürger, Gemeinschaften und Vereine sowie beeindruckende Ereignisse“ wiederfinden.

Bürgermeister Peter Folkerts legt Grundstein

Der Künstler Christo und seine Frau Jeanne-Claude verewigten sich am 4. September 1995 im Goldenen Buch der Stadt Bonndorf.
Der Künstler Christo und seine Frau Jeanne-Claude verewigten sich am 4. September 1995 im Goldenen Buch der Stadt Bonndorf. | Bild: Stefan Limberger-Andris

Den Grundstein zum ersten Band des Goldenen Buchs der Stadt Bonndorf hatte der frühere Bürgermeister Peter Folkerts bei einem Besuch von Norbert Nothhelfer, Landrat und Regierungspräsident und späterer Vorstand der staatlichen Rothaus Brauerei in Grafenhausen, gelegt. Im letzten Eintrag des im Einband prächtig gestalteten Buchs ist von der Aktion der Patenkompanie Deutsch-Französische Brigade Donaueschingen in der Wutachschlucht zu lesen. Damals wurde dieses erste Goldene Buch noch von Michael Scharf als Hauptamtsleiter geführt.

Band zwei beginnt 1991

Neben dem Eintrag des Ehrenbürgers Erzbischof Hermann Schäufele findet sich eine Schwarz-Weiß-Fotografie, die den Geistlichen mit ...
Neben dem Eintrag des Ehrenbürgers Erzbischof Hermann Schäufele findet sich eine Schwarz-Weiß-Fotografie, die den Geistlichen mit Michael Scharf als kleinem Bub zeigt. | Bild: Stefan Limberger-Andris

Noch unter Peter Folkerts als Bürgermeister erhielt die Stadt auf Initiative von Theo Hany und weiteren sieben Bonndorfern 1991 ein weiteres Goldenes Buch – sozusagen den zweiten Band. Geschichtlich geprägt, geben die ersten Seiten dem zweiten Band einen dokumentarischen Charakter. Aufgeführt sind die Bonndorfer Schultheißen und Bürgermeister seit Claus Sigrist (um 1400), verzeichnet auch die Ehrenplakettenträger seit Rudolf Meister (1974).

Von Bürgerfleiß und Bürgerpreis

„Der erste Band hat Theo Hany in der Aufmachung gar nicht gefallen“, fasst sich Michael Scharf selbst an die Nase. Dieser zweite Band sollte demzufolge etwas Besonderes werden, erzählt der heute 54-Jährige – zumal gleich am Anfang zu lesen ist: „Der Stadt Bonndorf, ihren Bürgern, ihrem Gemeinderat und ihrem Bürgermeister widmen die Unterzeichner dieses Buch und wünschen, dass es viele gedeihliche Jahre lang von Bürgerfleiß und Bürgerpreis künden möge.“

Fotos machen Geschehnisse lebendig

Michael Scharf ließ den Einträgen Fotografien zur Seite stellen, die die Ereignisse lebendiger und nachvollziehbarer werden lassen. Und so blieb es bis zum derzeit jüngsten Eintrag der Parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter, die den SPD-Ortsverein Bonndorf am 11. Mai bei der Hauptversammlung besuchte. Alexandra Ruf, stellvertretende Hauptamtsleiterin, hat mittlerweile ein Auge auf die Einträge.

Bonndorfer, die etwas Besonderes geleistet haben

Nach seiner Wahl zum Bürgermeister setzte Michael Scharf einen weiteren Aspekt um – er wollte das Goldene Buch zu etwas Besonderem weiterentwickeln. Es sollten sich darin alle Bonndorfer wiederfinden, die Einzigartiges für die Löwenstadt erreicht oder sich eingebracht haben – neben Grafen, Herzögen und Prinzen, geistlichen und weltlichen Würdenträgern, Ministerpräsidenten und Abgeordneten, neben Künstlern von Weltruf und auch Weltmeistern.

Auch Geistliche verewigt

So findet sich eine Widmung anlässlich des 88. Geburtstags des früheren Bonndorfer Pfarrers Stephan Andris am 7. Dezember 1992 bei ihm zu Hause. Auch über die Verabschiedung von Pfarrer Eugen Fleig am 28. August 2000 ist zu lesen, der vermerkte, er sei 23 Jahre lang mit großer Freude katholischer Pfarrer in Bonndorf gewesen. Oder auch für Theo Hany, den Gestalter der Schloss-Narrenstuben. So mancher wird sich auch an die Auszeichnung einer kommunalen Bürgeraktion, der Friedhofgestaltung in Wellendingen, unter Leitung von Ernst Albert am 18. November 1995 erinnern – falls nicht, ist es im Goldenen Buch nachlesbar.

Ausstellung mit Christo und Jeanne-Claude

Noch gut erinnern kann sich Michael Scharf an einen Besuch des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel, der zur Ausstellungseröffnung „Christo und Jeanne Claude“ am 2. Juli 1995 per Hubschrauber im japanischen Garten landete, um vom Bürgermeister am Schloss empfangen zu werden. Landrat Bernhard Wütz sauste derweil mit dem Dienstwagen kreuz und quer durch Bonndorf, weil niemand so recht wusste, wo der Ministerpräsident landen werde.

Missverständnis mit Markgraf

Wenn ein Besuch der königlichen Hoheit Max Markgraf von Baden und dessen Ehefrau Valerie Markgräfin von Baden andere Bürgermeister in Ehrfurcht hätte erstarren lassen, meisterte Michael Scharf einen Termin in alltäglicher Gelassenheit. Ein zunächst von seiner Sekretärin weitergeleitetes Gespräch mit dem Hinweis, der Markgraf rufe an, „habe ich zunächst als Scherz aufgefasst“, erinnert sich der Bürgermeister. Das Gespräch habe sich aus heutiger Sicht seinerseits wohl etwas zu locker gestaltet, gesteht der Rathauschef. Er fragte den Unbekannten am anderen Ende der Leitung, „ob er denn auch einen Kaffee wünscht bei seinem Besuch im Schloss Bonndorf“ – immer noch an einen Scherz denkend. Vielleicht auch einen Schnaps, kam die Antwort aus dem Telefonhörer.

Lob vom Adel

Nachdem das Gespräch beendet war, wollte Michael Scharf von seiner Sekretärin wissen, wer denn nun wirklich angerufen habe. Sie blieb bei ihrer ersten Antwort. Und Max Markgraf von Baden trug sich am 21. Mai 1999 ins Goldene Buch ein, nachdem Michael Scharf Kaffee und Schnaps aufgetischt hatte. Luitpold Prinz von Bayern ließ sich im Goldenen Buch zu den wohlwollenden Worten hinreißen: „Herzlichen Dank für den fröhlichen Empfang durch ihre Vereine. Ich freue mich, dass unser Wirt hier ein Zuhause gefunden hat.“ Gemeint ist Dieter Schmelzle, der den Prinzen im Gündelwanger „Lamm“ am 8. November 2002 begrüßt hatte.

Angst um das Goldene Buch

Angst um das Goldene Buch hatte Michael Scharf nur einmal – als der TuS Bonndorf und der SV Dillendorf den Aufstieg in die nächsthöhere Liga geschafft hatten. Am 1. Juni 2008 seien die Mannschaftsmitglieder nach durchzechter Nacht und einer Einladung aus dem Rathaus in einem entsprechenden körperlichen Zustand aufgetaucht, berichtet der Bürgermeister. Etliche georderte Schnitzel aus dem benachbarten Gasthaus "Kranz" hätten der Fußballtruppe wieder auf die Beine geholfen und die Unterschriften hätten aufs Papier gebracht werden können, sagt Scharf.

Michael Scharf als kleiner Bub

Beim Durchblättern bleibt Michael Scharf auf einer der ersten Seiten des Goldenen Buchs hängen, zeigt mit dem Finger auf den Eintrag „Erzbischof Dr. Hermann Schäufele, Ehrenbürger der Gemeinde Gündelwangen, 1966“ und dann auf eine Schwarz-Weiß-Fotografie in der rechten unteren Ecke der linken Buchseite. Dort ist der Erzbischof zu sehen, wie er sich zu einem kleinen Bub herab beugt. Es ist der heutige Bürgermeister, vielleicht sechs oder sieben Jahre alt, im feinen Zwirn im Gespräch mit dem Geistlichen. Die Aufnahme habe er im Fundus seines Vaters entdeckt, sagt Michael Scharf.

Selbst bescheiden ohne Foto

Finden sich bei allen Eintragungen im zweiten Band des Goldenen Buchs Fotos, die der Erinnerung auf die Sprünge helfen, blieb Michael Scharf bei einem, ihn persönlich besonders tangierenden Ereignis bescheiden – bei der eigenen Vereidigung zum Bonndorfer Bürgermeister am 5. Oktober 1992. Erinnerungsfotos? Fehlanzeige – jedoch verewigten sich 114 Menschen auf drei Seiten mit ihren Unterschriften, so viele wie sonst bei keinem anderen Eintrag. Die beeindruckende Kalligrafie im Goldenen Buch der Stadt Bonndorf stammt übrigens bis zum heutigen Tag aus dem Haus des Malerfachbetriebs Volker Labor aus Hüfingen.