Im März 2021 sollen die ersten Stolpersteine in Villingen verlegt werden. „Das sind gute Nachrichten“, so der gerade wieder gewählte erste Vorsitzende, Friedrich Engelke. Durch die Corona-Pandemie hatte er damit gerechnet, dass die Verlegung der Gedenksteine erst im Herbs 2021 möglich ist. Jetzt habe aber Gunter Demnig zugesagt, im März zu kommen und die 19 Stolpersteine, die Friedrich Engelke schon hat machen lassen, zu verlegen. Weitere zwölf hat der Verein schon in Auftrag gegeben. Die Steine werden dort in den Straßen der Stadt eingelassen, in denen einst jüdische Mitbürger gelebt haben, die von den Nationalsozialisten verfolgt und meist ermordert worden sind.
Um die Stolpersteine hatte es einen jahrzehntelangen Streit in der Stadt gegeben, Gegner und Befürworter standen sich unversöhnlich gegenüber: Zweimal lehnte der Gemeinderat die Verlegung der goldfarbenen Steine ab, in der Folge gründete sich der Verein Pro Stolperstein, dem es durch seine kontinuierliche, fundierte Arbeit gelungen ist, das Schicksal vieler Opfer ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Nach der Kommunalwahl 2019 gab es einen fraktionsübergreifenen Antrag für die Verlegung, der dann am 29. Januar 2020 eine Mehrheit im Gemeinderat gefunden hat. So ist der Weg nun frei für die Verlegung der Steine. Das habe bei den Mitgliedern „Freude und Erleichterung“ ausgelöst, wie Friedrich Engelke erklärt. Nun sei es die Aufgabe des Vereins, dafür zu sorgen, dass diese Entscheidung von allen Bürgern toleriert und schließlich auch akzeptiert wird.

Am Donnerstag, 22. Oktober wird es um 19 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz eine letzte Mahnwache geben. Im Herbst und Winter sind dann keine solche Veranstaltungen mehr geplant. „Wir wollen Mahnwachen nur noch machen, wenn wir bei unseren Forschungen, die ja weitergehen, etwas Besonderes entdecken.“ Am 22. Oktober aber geht es um die nach Gurs deportieren Juden aus Villingen – genau 80 Jahre ist diese Deportation durch die Nazis jetzt her. Anlass genug für den Verein, eine Veranstaltungsreihe zu organisieren mit einem Konzert, einer Gedenkandacht, Vorträgen und der Mahnwache. Im Rahmen dieser Mahnwache wird die neue Bodenplatte für das Mahnmal durch Oberbürgermeister Jürgen Roth übergeben. Der Verein hat sogar ein Buch herausgegeben: „Die Deportation jüdischer Villinger nach Gurs.“

Friedrich Engelke, dessen Elan auch mit 77 Jahren ungebrochen ist, betont, dass der Verein „nicht auf ewig“ bestehen soll. Das wichtigste Ziel sei mit der Genehmigung der Stolperstein-Verlegung erreicht. Aber es gibt auch Zukunftsprojekte. So soll es in Schwenningen auf dem Waldfriedhof ein „Erinnerungszentrum“ geben und ein Buch, das immer und für alle zugänglich ist, in dem alle Opfer-Gruppen genannt sind. „Es gibt rund 350 nationalsozialistische Opfer aus Villingen und Schwenningen.“ Engelke hält dieses Erinnern auf dem Waldfriedhof für wichtig, weil zum Beispiel Stolpersteine für die Volksgruppe der Sinti und Roma – zumindest hier im Kreis – keine geeignete Erinnerungsform ist. „Die Intention ist ja, den Stein vor dem Haus zu verlegen, in dem das Opfer das letzte Mal freiwillig gelebt hat.“ Angehörige der Sinti und Roma hätten aber freiwillig selten in Häusern gelebt, drum sei es schwierig, hier einen passenden Ort für die Verlegung zu finden.