„Und, was macht ihr so in den drei Minuten zwischen ‚Erkältung klingt langsam ab‘ und ‚oh oh, da ist eine Erkältung im Anmarsch‘?“ postete Satiriker Sebastian Hotz vor einigen Tagen bei Instagram. Treffender kann man es nicht beschreiben. Eine Krankheitswelle hat die Region fest im Griff.

Wer sich nicht bei der Arbeit oder auf dem Weihnachtsmarkt ansteckt, dem schleppt der Nachwuchs aus Kita oder Schule die Viren ins Haus.

Wie ist die Lage bei den großen Arbeitgebern? Können die Kitas ihre Betreuungszeiten halten? Wie leer sind die Klassen- und wie voll die Wartezimmer? Ein Überblick.

Die Hausarztpraxis

Michael Luft aus Villingen arbeitet seit 32 Jahren als Arzt. Dass schon vor Weihnachten so viele Menschen an Atemwegsinfekten und Influenza erkranken, falle extrem aus dem Rahmen, sagt er: „Die Krankheitswelle kommt ungewöhnlich früh und heftig und man hat den Eindruck, es lässt auch nicht nach.“

„Früher hatte man bis zu den großen Fastnachtsbällen Ruhe.“
Internist Michael Luft

An diesem Montagmorgen habe er in der Praxis allein 40 Patienten mit Atemwegsinfekten oder Grippe behandelt – normal seien für diese Jahreszeit an einem Vormittag zehn solcher Fälle. „Früher hatte man bis zu den großen Fastnachtsbällen immer Ruhe“, sagt Luft.

„Die Krankheitswelle kommt früh und heftig“, sagt der Villinger Arzt Michael Luft.
„Die Krankheitswelle kommt früh und heftig“, sagt der Villinger Arzt Michael Luft. | Bild: Marlene Hermann

Rund ein Drittel der aktuell Erkrankten habe Influenza. Der Grippeimpfstoff schütze nur zu etwa 80 Prozent vor einer Erkrankung, so dass es immer wieder Durchbrüche gebe. Corona spiele indes kaum noch eine Rolle: Vergangene Woche habe die Praxis fünf Neuerkrankungen registriert. Vor sechs Wochen seien es pro Woche noch 20 bis 25 gewesen.

Die Grundschule

„Von 25 Kindern sind fünf krank, von 26 Kindern zehn und von 19 Kindern fünf“, nennt Schulleiterin Ursula Kühn von der Villinger Klosterringschule beispielhaft Zahlen aus verschiedenen Klassen. In einer dritten Klasse würden von 21 Kindern sogar zehn fehlen. Die Lehrer indes halten sich tapfer. Große Ausfälle habe es bisher nicht gegeben.

Ursula Kühn, Leiterin der Villinger Klosterringschule. In der Grundschule sind aktuell viele Kinder krank, teils fehlt die halbe Klasse.
Ursula Kühn, Leiterin der Villinger Klosterringschule. In der Grundschule sind aktuell viele Kinder krank, teils fehlt die halbe Klasse. | Bild: Klosterringschule

Klar gebe es immer wieder mal Schnupfennasen, aber die Kollegen würden trotzdem zum Dienst erscheinen. „Dafür haben sie meinen vollen Respekt.“ Auch die Betreuung im Ganztagsbereich steht nicht auf der Kippe, wenngleich es vereinzelt Krankheitsfälle gebe, sagt Teamleiterin Martina Grimm.

„So schlimm war es nicht mal in den Hochphasen von Corona.“
Martina Grimm von der Ganztagsbetreuung der Klosterringsschule

Krankheitswellen sind im Schul- und Kindergartenbereich keine Seltenheit, aber dass derzeit so viele Kinder krank sind, sei außergewöhnlich: „So schlimm war es nicht mal in den Hochphasen von Corona“, sagt Martina Grimm.

Viele Krankheitsfälle in Schulsekretariaten

Die Schulen stehen jedoch noch vergleichsweise gut da: Lediglich an einer Schule müsse die Ganztagsbetreuung aufgrund der Auswirkungen der aktuellen Krankheitswelle eingeschränkt werden, heißt es auf Anfrage von der städtischen Pressestelle.

Weil kurzfristig Vertretungen organisiert werden müssen, fehle die pädagogische Kraft am eigentlichen Standort. Zum Teil müssen Lehrkräfte in den Betreuungszeiten einspringen.

Die ergänzenden städtischen Betreuungsangebote konnten bis kurz vor Ferienbeginn vollumfänglich stattfinden. Ein hoher Krankenstand bestehe allerdings in den Schulsekretariaten sowie in den Schulmensen.

Große Arbeitgeber

Mit 3200 Mitarbeitern ist das Schwarzwald-Baar-Klinikum größter Arbeitgeber der Stadt. Aktuell schlägt auch hier die Krankheitswelle durch:

Mit 3200 Mitarbeitern ist das Schwarzwald-Baar-Klinikum größter Arbeitgeber in Villingen-Schwenningen.
Mit 3200 Mitarbeitern ist das Schwarzwald-Baar-Klinikum größter Arbeitgeber in Villingen-Schwenningen. | Bild: Schwarzwald-Baar-Klinikum VS

„Wir verzeichnen momentan einen Krankenstand bei den Mitarbeitern, der etwa um 50 Prozent höher liegt als normalerweise um diese Jahreszeit, Tendenz steigend“, sagt Sandra Adams, Sprecherin des Schwarzwald-Baar-Klinikums.

„Bei Continental haben wir einen erhöhten Krankenstand, den wir aber abfedern können, da wir diesen bei der Planung der Schichten im Werk berücksichtigen“, sagt Unternehmenssprecher Christopher Schrecke. Die Produktion laufe dadurch so weiter wie bisher. Zudem gebe es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht unmittelbar vor Ort sein müssen, die Möglichkeit des mobilen Arbeitens.

Die Kindergärten

Der Krankenstand in den städtischen Kitas sei aktuell sehr hoch, sagt Oxana Zapf, Pressesprecherin der Stadt Villingen-Schwenningen. In vielen Einrichtungen halte sich das Verhältnis der kranken Kinder und Erzieher die Waage, sodass die Betreuungszeiten aktuell zum größten Teil aufrecht gehalten werden können.

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In einigen Kitas fehle krankheitsbedingt jedoch so viel Personal, dass die Reduzierung der Betreuungszeiten mitunter nicht vermieden werden könne. „Größtes Problem ist, dass oft in der einen Woche viele Kinder fehlen, und in der nächsten Woche diese Kinder wieder da sind und dafür die Erzieher krank sind.“

Corona-Fälle seien aktuell nicht bekannt. Jedoch seien momentan die Ausfallzeiten sowohl bei Kindern als auch bei Erziehern durchschnittlich länger als sonst. In den städtischen Kitas waren vom 1. bis 13. Dezember 50 Mitarbeitende mit insgesamt 125 Fehltagen krank gemeldet.

Die Kinderarztpraxis

In der Kinderarztpraxis von Mercan Özcan gibt es aktuell noch mehr zu tun als sonst. Die kleinen Patienten seien vorwiegend am Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) und an Influenza erkrankt, schildert Praxismitarbeiterin Melanie Fehlinger.

Vor allem die Influenza-Kinder seien „richtig, richtig krank“. Grippe beginnt typischerweise plötzlich und ohne Vorwarnung mit hohem Fieber und starkem Krankheitsgefühl.

Hinzu kämen sehr viele Scharlach-Infektionen. Scharlach ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die durch Streptokokken verursacht und unter anderem durch Husten und Niesen übertragen wird.