Als Ersatz für das gestrichene Museumsquartier in den Räumen der ehemaligen Uhrenfabrik Bürk in Schwenningen haben die Fraktionen von Grünen und Freien Wählern in der letzten Sitzung des Gemeinderates eine kostengünstigere Alternative beantragt. Im Raum steht, die Idee, auf dem Bürk-Areal in Schwenningen ein modernes Gebäude in Würfelform zu errichten.

Die Idee stammt von Andreas Flöß, dem Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER äußert sich der Architekt zu seinem Vorschlag, zur städtebaulichen Situation in Schwenningen und den damit verknüpften Verteilungskämpfen in der Doppelstadt.

Die Würfelidee ist nicht neu

Schon vor rund fünf Jahren hatte Flöß den Vorschlag unterbreitet, aus Kostengründen eine kubusförmige Ausstellungshalle auf dem Bürk-Gelände zu bauen. Der Vorschlag ist jetzt wieder aktuell, weil sich der gesetzte Kostenrahmen für das Museumsquartier von zehn auf 20 Millionen Euro verdoppelt hat. Die Gemeinderatsmehrheit zog daher die Reißlinie und verkündete, auf den ursprünglichen Kostenrahmen zurückkehren zu wollen.

Andreas Flöß: „Wenn man weiß, dass zehn Millionen Euro vorgesehen waren und dann kostet das Projekt das Doppelte, muss man ...
Andreas Flöß: „Wenn man weiß, dass zehn Millionen Euro vorgesehen waren und dann kostet das Projekt das Doppelte, muss man reagieren.“ | Bild: Stadler, Eberhard

Die Streichung des Museumskonzepts wurden in Schwenningen zum Teil hart kritisiert. Andreas Flöß verteidigt die Entscheidung, das Museumsquartier zu kippen. „Wenn man weiß, dass zehn Millionen Euro vorgesehen waren und dann kostet das Projekt das Doppelte, muss man reagieren.“

Die neue Formel des Gemeinderates lautet: Zehn Millionen plus eins. Eine Million ist für die Planungskosten angedacht. „Elf Millionen sind ein Wahnsinnsgeld“, sagt Flöß. „Und damit ist selbstverständlich etwas Gutes hinzukriegen“, urteilt der Architekt.

Einen Hingucker schaffen

Sein Grundgedanke: Ein kompakter würfelartiger Neubau auf dem Bürk-Gelände, der als Hingucker fasziniert und die Menschen anlockt. „Es braucht manchmal etwas Besonderes, um eine Signalwirkung auszulösen und die Menschen anzulocken“, argumentiert er. Beispiele gebe es genug.

Blick auf das Bürk-Areal in Schwenningen – hier im Oktober 2020. In das ehemalige Fabrikgebäude, in dem bereits das ...
Blick auf das Bürk-Areal in Schwenningen – hier im Oktober 2020. In das ehemalige Fabrikgebäude, in dem bereits das Uhrenindustriemuseum zu Hause ist, sollten auch die Städtische Galerie und das Heimatmuseum einziehen. Doch der Plan wurde aus finanziellen Gründen gestoppt. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Aus baulicher Sicht wäre ein würfelartiger Neubau auf dem Bürk-Areal auf jeden Fall deutlich kostengünstiger, als der im Museumsquartier geplante Komplettumbau des Erdgeschosses und der vorgesehene Anbau. Wenn in die Statik des Altbaus eingegriffen werden muss, wie dies beim Museumsquartier vorgesehen war, wird das Bauen halt richtig teuer. Und dann muss auch die Frage erlaubt, ist das Konzept noch gut für das Haus oder ist das Haus noch gut für das Konzept, verdeutlicht der Architekt.

Neue Idee: Den Würfel auf den Muslenplatz

Zugleich bringt Flöß zu diesem Thema einen neuen städtebaulichen Gedanken ein: „Aus meiner Sicht könnte so ein Würfel auch auf dem Muslenplatz stehen“, sagt er. Er begründet dies mit dem Ziel der Stadtentwicklung, neue Frequenz in die Innenstadt, auf den Muslenplatz zu bringen, um dort für Vitalität und Konsum zu sorgen.

Sein Gedanke dazu: Warum nicht das bisherige Heimatmuseum am Muslenplatz durch die nötige Brandschutzsanierung ertüchtigen und daneben ein modernes Gebäude für die Städtische Galerie errichten? Damit würde in der Stadtmitte ein neues Highlight geschaffen, und das städtebaulich wichtige Heimatmuseum würde weiterhin mit einer würdevollen Nutzung den Muslenplatz prägen.

Flöß betont, dass er dieses Gedankenspiel nicht durchgeplant habe und es gewiss mancherlei Bedenken gegen einen solchen Vorschlag gebe. Ihm gehe es aber darum, unterstreicht er, dass solche Überlegungen zur Stadtentwicklung überhaupt einmal grundsätzlich angesprochen und diskutiert werden. Neu nachdenken und querdenken: Solche Impulse vermisst er von den Verantwortlichen aus der Stadtverwaltung.

„Mit Augenmaß investieren“

Grundsätzlich hält er es für geboten, dass die Stadt beim Einsatz ihrer begrenzten Mittel das Optimale heraushole. „Wichtig ist, dass die Investitionen in unserer Stadt mit Augenmaß vorgenommen werden und auch die Verteilung stimmt.“ Zumal in Schwenningen mit dem Sanierungsobjekt Rössle eine weitere Riesenbaustelle absehbar sei. Sie soll mindestens 20 Millionen, realistischerweise eher mehr (35 Millionen Euro) kosten.

„Ich finde, das Vorhaben ist nur dann gut, wenn damit der bestehende städtebauliche Missstand behoben, neue Frequenz für die Innenstadt und damit ein Mehrwert für Schwenninger entsteht“, unterstreicht Flöß. „Allerdings gibt es für uns auch Obergrenzen an Investitionsmittel, etwa dann, wenn sich die Unterbringung der einzelnen angedachten Nutzungen an anderen Orten günstiger darstellen ließe.“

„Schwenningen ist nicht zu kurz gekommen“

Angesichts dieser finanziellen Dimensionen hat er aber keinerlei Verständnis für die jüngsten Klagen einiger Schwenninger Kultur- und Heimatfreunde, dass ihr Stadtbezirk benachteiligt werde.

Der neugestaltete Marktplatz in Schwenningen – hier im Juni 2022 – hat viele Millionen Steuermittel gekostet, die ...
Der neugestaltete Marktplatz in Schwenningen – hier im Juni 2022 – hat viele Millionen Steuermittel gekostet, die Erwartungen an private Investitionen in diesem Bereich aber nicht erfüllt. | Bild: Trippl, Norbert

„Schwenningen ist in den vergangenen Jahren in keiner Weise zu kurz gekommen. Ich würde es genau umgekehrt sehen“, betont Flöß. Zahlreiche Millionen seien zuletzt allein in die Eissporthalle, den Schwenninger Marktplatz und die Muslensanierung geflossen, während in Villingen keine derartigen Großinvestitionen stattfanden. Und: „Was sollen eigentlich die kleinen Stadtbezirke denken angesichts der Millionen-Investitionen in Schwenningen?“ Auch für diese gelte es, ausgewogen und mit Augenmaß zu investieren, mahnt Flöß.

Dass mit dem neuen Quartier Oberer Brühl der städtische Investitionsschwerpunkt in den nächsten Jahren im Stadtbezirk Villingen liegen soll, sagt Flöß, sei angesichts des Investitionsgefälles der vergangenen Jahre nur mehr als richtig.

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„Oberen Brühl nicht verramschen“

Er sagt aber auch: „Wir müssen die Entwicklung dieses Gebiets nicht übers Knie brechen. Wir müssen diese Flächen nicht verramschen.“ Genauso wenig sieht er Druck, das alte Tonhallengelände unter allen Umständen bebauen zu müssen, sollte dort mal wieder ein Investor abspringen. Mit der grünen Wiese und dem unverstellten Blick auf die Brigach und die Neue Tonhalle „kann ich gut leben“, bekundet der Stadtrat.