Es ist ein ganz normaler Freitag. Frühmorgens. Sport. So richtig auspowern. Alles läuft nach Plan.

Nachhause. Ein großes Glas Leitungswasser und dann ab unter die Dusche. Eine Selbstverständlichkeit. Glas unter den Wasserhahn halten, Hebel betätigen und dann?!? Nichts... Hebel zu, noch einmal auf und ein gewaltig dummes Gesicht machen.

Wo ist das Wasser? Nächster Hahn, kein Wasser. Haupthahn. Alles okay. Blick aus allen Fenstern. Sind da Bauarbeiter in der Nähe? Fehlanzeige. Und die Nachbarn? Haben auch kein Wasser.

Hahn auf, Glas leer. Durst ist eine schlimme Sache.
Hahn auf, Glas leer. Durst ist eine schlimme Sache. | Bild: Jakober, Stephanie

So schlimm wird es schon nicht werden. Ein reichlich naiver Gedanke an diesem Morgen. Zu diesem Zeitpunkt ist nämlich noch nicht ersichtlich, dass ein Baggerfahrer eine Wasserleitung beschädigt hat und es sehr lange Zeit kein Wasser geben wird. 

Ein bisschen Wasser ist noch in der Trinkflasche. Das wird schon irgendwie gehen, bis das Wasser wieder da ist.

Duschen? Naja, dann halt Homeoffice. Das wird schon irgendwie gehen, bis das Wasser wieder da ist.

Die Stadtwerke bringen Klarheit: Ich bin nicht allein mit diesem Schicksal. Es gibt viele andere Schwenninger, denen es auch so geht. Die jetzt denken: So lange wird es schon nicht gehen. Wir sitzen alle in einem Boot. Wobei? Da gebe es ja wenigstens Wasser.

Auf Facebook scherzen die ersten: Der Baggerfahrer aus der Sturmbühlstraße, der beinahe die Nachbarhäuser zum Einsturz gebracht hat, wird doch nicht schon wieder unterwegs gewesen sein. Wenig später ist klar: Baggerfahrer und Schwenningen – das ist gerade keine so gute Lösung.

Ein Video wird verschickt. Da ist es also. Das Wasser. Die Salinenstraße gleicht einem See. Schwenningen hat nun auch einen Salinensee?

Damals: Im Sommer 2017 – das andere Trinkwasserproblem

Es wird Mittag, das Wasser in der Trinkflasche immer weniger – trotz Rationierung. Die Hoffnung schwindet ebenso. Erinnerungen werden wach. An den Sommer 2017. Damals, als keime das Wasser verunreinigten und Chlor eingesetzt wurde. Damals, als wir eine gefühlte Ewigkeit das Wasser abkochen mussten. Damals, als wenigstens noch Wasser aus dem Hahn kam.

Der letzte Tropfen Wasser ist verbraucht – selbst der Tank des Kaffeeautomaten ist leer. Was jetzt noch an Flüssigkeit im Haus ist, gibt nur Kopfschmerzen und anschließend noch mehr Durst.

Wasser? Der Durst wird immer schlimmer

Einkaufen? Ungeduscht? Nein! Immer wieder der verzweifelte Gang zum Wasserhahn. Vielleicht jetzt? Hebel hoch. Nein! Wer jetzt einmal darüber geschmunzelt hat, dass manche Menschen für solche Zeiten Vorräte anlegen, der sagt sich jetzt: Hättest du das auch mal gemacht.

Bei den Stadtwerken tagt der Krisenstab. Die Gedanken kreisen um Wasser, stilles Wasser, Wasser mit Kohlensäure. Egal. Hauptsache Wasser. Der Mensch kann drei Tage ohne Wasser auskommen, aber bereits nach 24 Stunden gibt es erste Anzeichen für eine Dehydrierung. Muskelkrämpfe, Übelkeit, Kreislaufprobleme... Google ist nicht dein Freund und aus dem Wasserhahn kommt immer noch nichts.

Das Positive: Wer nicht trinkt, braucht nicht auf die Toilette. Und auf Spül- und Waschmaschine ist ja ein Tag zu verzichten. Durchschnittlich verbraucht eine Person in Deutschland täglich knapp 130 Liter Trinkwasser. In Schwenningen wäre die Hälfte der Einwohner schon über ein paar Liter froh.

Dann die Nachricht: Die Stadt öffnet sanitäre Einrichtung. Okay. Das geht noch länger. Auf in den Laden. Schon auf dem Parkplatz kommen einem viele Menschen entgegen. Menschen, die schon Wasser haben. So wie damals in diesem Sommer 2017.

Die Schwenninger decken sich ein. Beim Rewe ist deutlich zu sehen, wie begehrt Wasser aktuell ist.
Die Schwenninger decken sich ein. Beim Rewe ist deutlich zu sehen, wie begehrt Wasser aktuell ist. | Bild: Jakober, Stephanie

Die Regale zeigen es deutlich: Die begehrteste Ware ist heute Wasser. „Wir haben innerhalb von zehn Minuten zwei Paletten Wasser verkauft“, sagt Andreas Golob, der den neuen Rewe-Markt in Schwenningen betreibt. Die Wagen stehen schon bereit. Leere Regale müssen aufgefüllt werden. Es gibt noch mehr Kunden, die dringend Wasser brauchen.

Die Regel werden ständig nachgefüllt.
Die Regel werden ständig nachgefüllt. | Bild: Jakober, Stephanie

Und dann der glücklich Moment. Die Flasche öffnen. Ein Schluck Wasser. Noch einen... Noch nie war Wasser so gut. Noch nie war eine Flasche so schnell leer. Doch irgendwann wird sich jetzt die Toilettenfrage stellen.

Bild 4: Ein Leben ohne Wasser? Ein Erfahrungsbericht
Bild: Jakober, Stephanie

Und morgen? Ohne Wasser sieht der Samstag anders aus: Kein Wäschewaschen, keine Putzaktion. Zeit die Eltern zu Besuchen. Ich habe mich zum Frühstück eingeladen. Sie wohnen auf dem Dorf. Und da gibt es Wasser, das aus dem Hahn kommt. Und es ist himmlisch.

Der zweite Tag war dann nur noch halb so schlimm. Ausgestattet mit reichlich Trinkwasser aus dem elterlichen Haushalt und noch einmal so vielen Kanistern Toiletten-Spülwasser ist die Welt wieder halbwegs in Ordnung. Und es gibt reichlich Gesprächsthemen mit den Nachbarn. Besonders in dem Moment, in dem das Erdgeschoss Wasser hat und alle anderen eine sehr anschauliche Nachhilfestunde in Sachen Wasserdruck bekommen.

Irgendwann läuft dann auch das Wasser hier wieder. Es ist ein Glücksmoment. Nur das mit dem Wäschewaschen und der Spülmaschine muss noch etwas warten – bis auch alle anderen Schwenninger endlich wieder Wasser haben. Auch wenn wir es jetzt erst einmal wieder abkochen müssen. Kennen wir ja schon. Ist jetzt auch egal – Hauptsache Wasser.

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