Der wirtschaftliche Neustart in der Corona-Krise verläuft langsam und vorsichtig. Händler dürfen wieder öffnen. Auch Gottesdienste sollen schon bald unter Auflagen wieder möglich sein. Und was ist mit personennahen Dienstleistern wie Kinos, Kosmetikstudios, Eventagenturen, Messebauern, Fitnessstudios, Bildungseinrichtungen, Fahrschulen, Fotografen oder auch Busreiseunternehmen? Für sie gibt es derzeit noch keine Perspektive und kein Datum für einen Weg aus der Corona-Krise. Diese Frage hat sich nun auch die Industrie und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg gestellt und rund 200 Unternehmen aus der Region zu ihrer Situation befragt.
Ergebnisse: Von 800 angeschriebenen Unternehmen beantworteten 202 Teilnehmer die Fragen. Ein Großteil gab an, dass die Einhaltung von Hygienemaßnahmen kein Problem darstellen würde. Bei Tattoo-Studios zum Beispiel, seien solche Maßnahmen eh Standard. Geforderte Zugangsbeschränkungen, Nachweis von Infektionsketten, Abstandsregeln, Trennvorrichtungen und Schutzkleidung seien in vielen Branchen ebenfalls umsetzbar. Lediglich im Eventbereich ist der Pessimismus groß, da nahezu alle Veranstaltungen abgesagt wurden und sich nur eine langsame Erholung abzeichnet. „Wir brauchen schnellstmöglich einen konkreten und wirtschaftlich Fahrplan“, sagt Martin Schmidt, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik. Die IHK setze sich daher für klare, umsetzbare Hygienevorschriften ein, so wie es bei zum Beispiel bei Friseuren bereits funktioniere. Die Forderung habe man bereits an das Wirtschaftsministerium des Landes sowie an die Bundespolitik gewandt. Alle Ergebnisse der Studie sind im Internet abrufbar: www.ihk-sbh.de/dienstleister
Eigenverantwortung: Thomas Albiez, IHK-Hauptgeschäftsführer, wünscht sich von der Politik, die Kreativität und die Eigenverantwortung der Unternehmer viel stärker zu nutzen. Nur so komme man raus aus der Krise. Es gehe um Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Zukunft vieler Unternehmen. Albiez fordert daher einen verbindlichen, einheitlichen Fahrplan für die unterschiedlichen Branchen, um zügig wieder zu einem halbwegs vernünftigen Wirtschaften zu kommen. Die Zeichen dafür stehen in der Region nicht schlecht. Es gebe keine Hinweise darauf, dass Unternehmer aufgeben. Dies zeige, dass in der Jahren zuvor gut gewirtschaftet wurde und noch genügend Liquidität vorhanden ist, so Albiez. Das Interesse an Sofort-, Finanz- und Kredithilfen ist jedoch groß, wenn auch geringer als in Regionen, die wirtschaftlich schlechter dastehen. Albiez rät dennoch, sich intensiv mit diesen Möglichkeiten zu beschäftigen. Noch sei unklar, wie lange die Krise dauere. Zudem könne ein Neustart erst einmal auf niedrigem Niveau stattfinden. Am 6. Mai sollen weitere Lockerungen beschlossen werden. Ob personennahe Dienstleister dabei berücksichtigt werden, ist noch nicht absehbar.
Kino: Heiko Kimmich, Theaterleiter im Cinestar in VS-Schwenningen, macht trotz Schließung täglich Rundgänge durch das Kino: „Es ist schon ein wenig traurig, wenn alles leer ist.“ Zukunftsangst habe er zwar noch nicht, doch die Ungewissheit, wie lange die Krise noch dauert, nagt auch an ihm. Neun Teil- und Vollzeitkräfte hat er in Kurzarbeit geschickt. Der größte Teil seiner 30 Mitarbeiter sind Minijobber. Ihnen zahlt er in der Krise freiwillig einen Prozentsatz ihres Gehaltes. „Ich versuche, alle zu halten“, so Kimmich. Ein Neustart ohne Mitarbeiter würde nicht funktionieren.
Vier Wochen bis zu drei Monaten könnten Kino-Betreiber noch durchhalten. Er hofft daher auf eine baldige Wiedereröffnung. Ein Maßnahmenkatalog, wie das funktionieren könnte, liege dem Bund vor. Darin werden Schutzscheiben an Schaltern vorgeschlagen, Masken und Handschuhe für Mitarbeiter, kürzere Reinigungsintervalle, ein Online-Ticketverkauf sowie kontaktlose, elektronische Ticketkontrollen, Abstandsregeln, Wartebereiche und eine geringere Auslastung von 50 Prozent. 14 Tagen benötigt Kimmich dann, um Vorgaben umzusetzen und ein Film-Programm auf die Beine zu stellen.
Tanzschule: Christian Köster, Vorstand im Gewerbeverein Donaueschingen, der unter anderem ein Tanzstudio und eine Eventagentur betreibt, findet die Corona-Maßnahmen grundsätzlich richtig. Es würden jedoch Perspektiven fehlen. Dauere die Krise noch lange an, dann sei sie auch exitenzbedrohend. In seinem Tanzstudio sei Abstand halten kaum machbar, vor allem bei Kindern-Kursen. Zwar versuche man mit Online-Videokursen Ersatz , was die Nähe, die Freizeitgestaltung und die Qualität von Tanzstunden nicht ersetzen könne. Er freut sich über viele treuen Kunden. „Aber irgendwann kann man die Beiträge einfach nicht mehr einziehen“, erklärt Köster. Bei Events sehe es auch langfristig eher düster aus. Alle Veranstaltungen wurden abgesagt, sein Geschäft steht komplett still. Die Soforthilfen seien da eine willkommene Hilfe, die allerdings bei weitem nicht alle Kosten und Verluste ausgleichen könnten.