- Vierte Gedenkveranstaltung in der Rietstraße 40
- Hauseigentümer wünschen sich Stolpersteine

VS-Villingen – Die Brüder Samuel und Marx Schwab kamen 1884 nach Villingen. Damals ahnte noch niemand, wie die Geschichte weiterverlaufen wird. Die jüdische Familie von Marx Schwab lebte über drei Generationen hier.
Marx und sein Sohn Jakob waren als Arbeitgeber und als Vermieter vielfach mit Villingen und dem Umland verbunden. Vier der sieben Kinder von Marx Schwab, die aus den Ehen mit Fanny Schwab und mit Pauline Schwab hervorgingen, lebten in Villingen in der Rietstraße 40.

Um an ihre Schicksale zu erinnern fand nun die vierte Gedenkveranstaltung unter freiem Himmel statt, die der SÜDKURIER zusammen mit dem Verein Pro Stolpersteine im Vorfeld der anstehenden Abstimmung im Gemeinderat veranstaltet. Ziel ist es, die Bürger der Doppelstadt über die geplante Verlegung von Stolpersteinen zu informieren und diese Form des Gedenkens vorzustellen.
Der Gemeinderat will Ende Januar darüber entscheiden, ob nach zwei gescheiterten Anläufen in den vergangenen Jahren nun doch Stolpersteine vor den Häusern verlegt werden, in denen Opfer des Nationalsozialismus zuletzt freiwillig gelebt hatten.

Am vergangenen Freitag wurde der Familie Schwab gedacht. Mitglieder des Vereins stellten in kurzen Vorträgen die Schicksale von Heinrich, Martha, Sally und Lotte Schwab vor. Knapp 50 Menschen versammelten sich, um am Osianderplatz vom Leid dieser Menschen zu erfahren. Weil um 18.30 Uhr vor dem Haus Nummer 40 noch viel Publikumsverkehr herrschte – im Gebäude ist eine Drogeriemarktkette ansässig – wurde die Veranstaltung kurzerhand auf die gegenüberliegende Straßenseite verlegt. Während der Vorträge und der Gedenkminute richteten die Anwesenden jedoch ihren Blick zum Haus gegenüber, das direkt neben dem Riettor zu finden ist.

Befreundete Familien
Mit dabei war auch Ulrike Merkle, deren beide Töchter und zwei Neffen heute Hauseigentümer sind. „Es wäre sehr wichtig für uns, dass Stolpersteine verlegt werden“, spricht sie sich für die Verlegung der Gedenksteine aus. Grund für ihre positive Haltung erklärt sie mit einer jahrelangen Freundschaft der beiden Familien Merkle und Schwab, die bis heute andauere. Erst vor drei Jahren sei Rita Schwab in Israel verstorben. Mit ihr habe man immer engen Kontakt gehalten und sich gegenseitig besucht. Auch zu den Nachfahren von Rita Schwab bestehe noch Kontakt, so Merkle.

Ihre Töchter Ann-Sophie und Judith, die ihren Besuch der Gedenkveranstaltung kurzfristig absagen mussten, würden die Stolpersteine ebenfalls befürworten. Das Haus in der Rietstraße 40 wurde damals von den Schwabs an die Familie Merkle verkauft, mit der sie eng befreundet war. Die Käufer räumten den Schwabs bis zu ihrem Exil und der Deportation großzügige Nutzungsrechte ein.