Alles begann mit Pia: Lange blonde Mähne, große braune Augen, wohlgerundet. Das Schwarzwälder Kaltblutpferd war vor mittlerweile fast 40 Jahren die erste Zuchtstute von Arnold Schütz. Heute leben 15 von Pias Nachkommen auf seinem Hof in Sommertshausen bei Obereschach.
Doch welche Leidenschaft steckt hinter der Arbeit mit den Tieren, die nicht nur tolle Freizeitkameraden, sondern auch ganz offiziell ein Schwarzwälder Kulturgut sind?
„Schwarzwälder sind genügsam und anspruchslos. Mit denen kann man alles machen.“Arnold Schütz, Züchter
Ja, warum eigentlich Schwarzwälder? Arnold Schütz muss nicht lange überlegen. Sportpferde oder Reitponys waren für ihn nie eine Option. Ein Vertreter der alten Kaltblutrasse habe dagegen schon immer auf seinem Hof gelebt. Und er war einfach begeistert von diesen speziellen Vierbeinern. „Die Schwarzwälder haben mich fasziniert. Sie sind genügsam und anspruchslos, mit denen kann man alles machen“, erklärt er.
Die kleinste Kaltblutrasse hat schwere Zeiten hinter sich. Als Arbeitspferd des Schwarzwälder Bauern hat sie mit dem Vormarsch der Landmaschinen ausgedient, in die Kirche fahren die Landwirte nun mit dem Auto statt mit der Kutsche – es bleibt ein Dasein als vierbeiniger Rasenmäher. Die Tiere waren in den 1960er-Jahren vom Aussterben bedroht.
Wie die Tiere vor dem Aussterben gerettet werden
In den 1980er-Jahren, als Schütz seine ersten Zuchterfahrungen sammelt, gibt es noch etwa 70 Stuten und wenige Hengste. Arnold Schütz hat Glück, damals vor fast vier Jahrzehnten: Das erste Fohlen von Pia ist ein Stutfohlen. „So konnten wir dann weiterzüchten.“
Und Pia, die heute nicht mehr lebt, kann stolz sein auf ihre Nachfahren. Gleich drei von ihnen, Paloma, Pünktchen und Pina, bekommen den Titel Staatsprämienstute, den das Land an herausragende Tiere vergibt. „Das ist das größte Glück für einen Züchter“, sagt der Obereschacher stolz. Stute Pamela wird 2001 sogar Reservesiegerin bei der Bundeskaltblutschau.
Die Pferdefamilie bestimmt nun schon seit Jahrzehnten den Alltag auf dem Schützenhof. Und die ganze Menschenfamilie packt mit an. 6 Uhr ist Füttern, dann geht‘s je nach Jahreszeit auf die Koppel, Stall ausmisten, Pferdepflege, nachmittags Kutschfahrten oder Reitstunden – so etwas geht nur gemeinsam. Tochter Carina kümmert sich um den Reitbetrieb, Frau Birgit managt die Ponyspielgruppe.

Pia indessen bekommt schon demnächst weitere Ur-Ur-Ur-Enkel: Zwei Fohlen sollen in den nächsten Wochen auf dem Schützenhof zur Welt kommen. Für Birgit und Arnold Schütz bedeutet dies wieder einmal Nächte mit einer Überwachungskamera auf dem Nachttisch. Immer mit ein bisschen mit Unruhe im Hinterkopf.
Meist gehen solche Fohlengeburten zwar problemlos über die Bühne, erzählt der Züchter. Einmal jedoch, so erinnert er sich, war ein Fuß des Pferdebabys verklemmt und er musste eingreifen.
Wie die Tiere heute genutzt werden
Was für eine Zukunft wohl auf die beiden kleinsten Schwarzwälder auf dem Schützenhof wartet? Die Rasse wird heutzutage hauptsächlich für den Freizeitbereich gezüchtet; Pferde, die tatsächlich arbeiten müssen, gibt es kaum noch, weiß Fachmann Schütz. Lediglich im Privatwald setzt Sohn Daniel die Pferde noch manchmal zum Holzrücken ein.

„Der Schwarzwälder ist ein Familienpferd, der macht wirklich alles mit“, sagt Arnold Schütz. Ein Beispiel: Beim Ausritt müssen ein Schwarzwälder und ein Haflinger vor einer Wirtschaft warten. „Wenn ich nach einer Stunde wiederkomme, ist der Haflinger weg und der Schwarzwälder noch da“, lacht er.
Wie sich die Tiere als Therapeuten machen
Das gutmütige Wesen der Tiere lieben auch die Kinder mit Handicap, die regelmäßig zum therapeutischen Reiten auf dem Schützhof sind. „Dafür sind die Pferde gigantisch, sie stellen sich sehr auf diese Reiter ein“, erzählt Birgit Schütz.
Die alte Stute Princess beispielsweise: Sie lässt sich von einem kleinen Jungen am Strick neben dem Rollstuhl herführen. Oder Wallach Walentin. Der bremst sofort vom Trab in dem Schritt, wenn er merkt, dass auf seinem Rücken ein Kind ins Rutschen gerät. „Das ist etwas ganz Besonderes und man muss daher auch schauen, dass man die Linien nicht überzüchtet“, so Arnold Schütz.
Einen ganz besonderen Auftritt hat indessen Schwarzwälder Wildschütz in wenigen Tagen: Er wird am 16. April Fernsehstar in der Serie „Die Fallers“. Dort spielt der Hengst mit der beeindruckenden Mähne ein Holzrückpferd. Ganz so, wie es für seine Ur-Ur-Großväter auf den Schwarzwälder Bauernhöfen Alltag war.