Existenzangst, aber auch Frust und Ärger machen sich derzeit unter den Löffinger Landwirten breit. Die Unterschriftensammlung für den Start eines Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ sei sehr zweifelhaft, unterstreichen der BLHV- Ortsvereinsvorsitzende Hansjörg Laufer und sein Stellvertreter Louis Scherzinger aus Bachheim. Mit den grünen Kreuzen auf Löffinger Gemarkung möchte man aufklären, was hinter den vier Forderungen des Volksbegehrens (siehe Infokasten) stecke. Gleichzeitig solidarisiert man sich auch mit der bundesweiten Aktion der grünen Kreuze, die sich gegen das im September beschlossene Agrarpakekt der Bundesregierung für mehr Umwelt- und Tierschutz richtet. Sie fürchten wirtschaftliche Nachteile für die Landwirte und protestieren daher mit der ungewöhnlichen Aktion der grünen Kreuze.

  • Fakten und Folgen: „Jeder von uns möchte die Bienen retten, ganz besonders wir Landwirte, doch mit diesen Forderungen ist überhaupt nichts erreicht“, so der Initiator der grünen Kreuze Hansjörg Laufer. Das Volksbegehren entzweie nicht nur die ökologische und konventionelle Landwirtschaft, sondern vielerorts auch die Bevölkerung und Landwirte.
Gemeinsam gegen das Insektensterben, dafür werben auch Eva und Wolfram Wiggert vom Haslachhof.
Gemeinsam gegen das Insektensterben, dafür werben auch Eva und Wolfram Wiggert vom Haslachhof. | Bild: Gerold Bächle
  • Aufklärung ist wichtig: „Unser Ziel ist aufzuklären“, so Laufer. Die Forderung, den Ökolandbau bis 2025 auf 25 Prozent zu erhöhen, würde die Biolebensmittelproduktion weiter erhöhen. Schon jetzt sei das Angebot größer als die Nachfrage, wie die Schwarzwaldmilch zeige, die keine Biomilch mehr annehmen. Selbst Bioland sei gegen diese Forderung. Wer die Unterschriften „Pro Biene“ leiste, müsse sich im Klaren sein, dass damit nicht nur die Landwirtschaft in Baden-Württemberg selbst gefährdet sei, auch die regionalen Produkte verschwinden, die Kulturlandschaft und der Fremdenverkehr würden in Mitleidenshaft gezogen.
  • Ängste der Landwirte: Für die Landwirte in Löffingen ist ganz klar, dass bei der Durchsetzung der Forderungen viele Landwirte ihre Betriebe aufgeben müssten. Diese Existenzangst ist nicht von der Hand zu weisen, zumal im Löffinger Ösch sehr viele unterschiedliche Schutzgebiete ausgewiesen sind. „In der Gesamtstadt Löffingen haben wir 50 Prozent Schutzgebiete, in Rötenbach 70 Prozent und in Dittishausen sogar 80 Prozent“, erklärt Hansjörg Laufer. Die Forderung des kompletten Verbots von Pestiziden in Schutzgebieten sei nicht umsetzbar, dann sei der Ernteausfall einfach zu groß. Selbst beim Ökoanbau von Sonderkulturen gehe es nicht ohne Pestizide. Die Förderungen von Staat und EU seien für die Landwirte gerade hier mit den vielen Schutzgebieten und der bergigen Landschaft eine wichtige Einnahmequelle.
Die beiden Vollblutimker Oskar Bier und Ludwig Kromer kämpfen seit Jahren um die Bienen und Insekten.
Die beiden Vollblutimker Oskar Bier und Ludwig Kromer kämpfen seit Jahren um die Bienen und Insekten. | Bild: Gerold Bächle
  • Forderungen der Landwirte: Um die Bienen zu retten, setzt Hansjörg Laufer auf freiwillige Maßnahmen mit finanziellem Anreiz. Eine Möglichkeit wäre der „Bienen-Cent“, auf jedes Lebensmittel. Diese Einnahmen könnten den Landwirten zu Gute kommen, die durch die Reduzierung der Pestizide einen Ernteausfall haben. In Löffingen glaubt man nicht, dass der Großteil der Bevölkerung auf billiger produzierten Lebensmittel verzichtet. Diese würden aus anderen Ländern importiert. „Werden die Forderungen durchgesetzt, werden unsere Produkte unrentabel und öffnen so den Südamerikanern Tür und Tor“, ärgert sich Laufer. „Wir unterstützen zusätzlich somit die Vernichtung des Regenwalds, denn die Rinderfarmen benötigen Platz“.
  • Das sagt ein Ökolandwirt: Der 40-jährige Aggraringenieur Wolfram Wiggert aus Löffingen betreibt seit 2003 ökologische Landwirtschaft. Er kann seine Kollegen sehr gut verstehen, wenn sie sich gegen die immer größer werdenden Vorschriften und Beschränkungen wehren. Bei der ökologischen Landwirtschaft werde bewiesen, dass der Ackerbau ohne Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln betrieben werden könne, allerdings nicht zum Nulltarif. „Wer sich für das Volksbegehren einsetzt, muss wissen, dass die Landwirtschaft wie früher heute bei uns nicht mehr existieren kann. Die Landwirte könnten dann zu den jetzigen Erzeugerpreisen nicht mehr produzieren. Wer eine Landwirtschaft ohne Pestizide wolle, müsse ökologisch hergestellte Lebensmittel kaufen. Weiterhin sollte man auch bedenken, dass Lebensmittel auch einen Wert haben müssen, wenn sie entsprechend angebaut und Tiere tiergerecht gehalten werden sollen, so Wiggert. Bis jetzt seien viele Verbraucher nicht bereit, Lebensmittel entsprechend zu bezahlen, 70 Prozent schauten auf den Preis. Wenn Lebensmittel teurer würden, müsste bei andern Konsumgütern eingespart werden, was ein Großteil der Bevölkerung bisher nicht so hinnehme.
  • Das sagt ein Bienenfachmann: „Nur gemeinsam können wir etwas erreichen“, so Oskar Bier, Vorsitzender der Bezirksimker. „Jahrzehnte lang haben wir Imker darauf hingearbeitet, dass die Sache Natur/Artenvielfalt/Vögel aus dem Ruder läuft und nun hat man plötzlich den Landwirt als Sündenbock erkannt“, empört sich der Bezirksvorsitzende. „Was mich an all diesen Sachen ärgert, ist die Hysterie, die sich jetzt auf einmal entwickelt. Für mich ist das alles ein Scheitern der Politik. Jeder Tropfen Gift in der Natur ist ein Tropfen zu viel. Ich verstehe ja, dass es ohne den sogenannten Pflanzenschutz in der Landwirtschaft nicht geht, aber mit der modernen Technik müsste weniger möglich sein“, so Oskar Bier. Er ist der Meinung, dass der Verbraucher sehr wohl bereit sei, für die entsprechenden Lebensmittel mehr zu bezahlen, wenn damit das Insektensterben aufgehalten werden könne. Es bringe überhaupt nichts, den Landwirten die Schuld an der Misere zuzuschieben. Trotzdem nimmt er die Landwirte, vor allem aber die Politik, in die Pflicht. So seien die frühen Mähtermine von politischer Seite abgesegnet worden, wohl wissend, dass sich dadurch verschiedene Pflanzen nicht mehr vermehren können, da sie nicht zur Reife gelangen. Auch die Biogasanlagen sieht Oskar Bier sehr kritisch, die hauptsächlich mit Mais gefüllt werden. „Die Maisflächen sind für Insekten vollkommen uninteressant und wertlos“. Der Imker mit Herzblut möchte gemeinsam und nicht gegen die Landwirte für den Erhalten der Insekten kämpfen. „Wir haben jetzt lange genug geredet, jetzt müssen wir was tun“, sagt Bier.