Die Entscheidung ist getroffen: 15 Stadträte und Bürgermeister Micha Bächle haben sich dafür ausgesprochen, dass die Stadt ihre Flächen für den Windpark Bräunlingen, der zwischen Waldhausen und Döggingen sieben Windkraftanlagen vorsieht, verpachte. Mit Lorenz Neininger, Armin Ewald, Peter Ebnet, Marlen Heinrich und Philipp Hofacker stimmten lediglich fünf Stadträte gegen eine Verpachtung.
Für die schwierigsten Entscheidungen, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren treffen musste, tagte das Gremium nicht nur erstmals im kleinen Sitzungssaal der Stadthalle. Schließlich hätten die rund 70 Zuhörer im Rathaus kaum Platz gefunden. Der Gemeinderat stimmte auch erstmals in seiner Geschichte namentlich ab. Vorausgegangen war ein Geschäftsordnungsantrag von SPD-Stadtrat Peter Ebnet. Dieser hatte nicht nur die namentliche Abstimmung gefordert, sondern auch einen eigenen Antrag präsentiert, um die Verpachtung zu verhindern. Letztendlich scheiterte er damit jedoch.

- Michael Gut (CDU): Von „massiven Bauwerken“ und „massiven Eingriffen“ sprach der CDU-Fraktionssprecher. „Wir nehmen die Gespräche und die Bedenken ernst und haben alles ausreichend und umfassend geprüft.“ Mit den Verhandlungen sei es gelungen, die Eingriffe einigermaßen verträglich zu gestalten. „Wir sollten zum jetzigen Zeitpunkt am Verhandlungstisch bleiben und die Verhandlungen beeinflussen.“
- Berthold Geyer (Gruppe 84): Der Beschluss sei eine Fortführung der Beschlüsse, die der Gemeinderat und die Ortschafträte in Döggingen und Waldhausen 2011 und 2013 einstimmig getroffen hatten. Entscheidungen zur erneuerbaren Energie wären in Bräunlingen immer mit großer Mehrheit getragen worden. Die Auswirkungen und die Beeinträchtigungen wären nicht wegzudiskutieren. Aber: „Man kann nicht erneuerbare Energie gutheißen, sie aber vor der eigenen Haustüre nicht haben wollen.“
- Lorenz Neininger (FDP): „Windkraftanlagen gehören an Standorte, wo Tag und Nacht Wind vorhanden ist“, sagt der FDP-Fraktionssprecher. Die Natur und die Tierwelt sollten ohne Beeinträchtigungen erhalten bleiben. Ebenfalls sollte auch der Mensch nicht schädlichen Faktoren aufgrund des geringen Abstandes ausgesetzt sein. Die Stadt müsste nicht am Verhandlungstisch bleiben: „Wenn wir keine Windkraftanlagen wollen, brauchen wir auch nicht mitreden.“ Neininger glaubt nicht an die „Wirksamkeit und den Erfolg der Vereinbarungen“.
- Clemens Fahl (SPD): Während seine beiden Fraktionskollegen sich gegen eine Verpachtung aussprachen, stimmte der SPD-Fraktionssprecher dafür: „Ich spiele zwar gern Cego, aber nicht Poker.“ Mit den aufgestellten Forderungen werde die Bevölkerung mehr geschützt, als wenn nur die gesetzlichen Vorschriften gelten.
- Horst Kritzer (Waldhausen): Der Ortsvorsteher von Waldhausen appellierte an die Stadträte, sich am Votum des Ortschaftsrates zu orientieren. Dort wurde mit vier zu zwei Stimmen gegen die Verpachtung gestimmt. „Seit der Eingemeindung 1972 hat Waldhausen schon viel büßen müssen.“ Es gebe keine Ergebnisse von Windmessungen und keine Gutachten. „Aber ein privater Mann darf nicht bauen, wenn ein Maikäfer vorbeiläuft.“ Erst sollten alle Fakten auf dem Tisch liegen, dann könnte man auch abstimmen.
In der Visualisierung sind die neu verhandelten Abstände noch nicht berücksichtigt. Die Anlagen sollen weiter entfernt liegen und enger zusammenrücken. Bild: DGE Wind Baar eins - Dieter Fehrenbacher (Döggingen): „Unsere Entscheidung basiert auf gesamtstädtischen Interessen“, erklärt der Dögginger Ortsvorsteher. Ziel sei es gewesen, die betroffenen Bürger so gut wie möglich zu entlasten. Wenn der Windpark nur auf fürstlichen Flächen realisiert werde, könnte das für die Höfe auf dem Brand zu enormen Verschlechterungen führen. „Was wir erreicht haben, sollten wir nicht mehr aus der Hand geben.“
- Peter Ebnet (SPD): Bräunlingen dürfte seine Flächen nicht verpachten. Schließlich habe jeder Stadtrat einen Eid abgelegt, sich für das Wohl der Stadt und der Bürger einzusetzen. Die Verpachtung bringe „massive Nachteile“, daher wären zwei oder drei Windkraftanlagen auch besser als sieben Stück. „Der Gewöhnungseffekt ist ein Irrtum, wie werden die Dinger für den Rest unseres Lebens sehen.“ Seine Idee: „Die DEG muss über städtische Wege fahren, da können wir die gleichen Forderungen stellen.“
- Philipp Hofacker (Gruppe 84): „Für mich ist ausschlaggebend, was die direkt Betroffenen sagen.“ Wenn die Mehrheit dagegen sei, könne er der Verpachtung nicht zustimmen.
- Rolf Schütz (CDU): „Mich hat das Thema enorm beschäftigt“, sagt der Dögginger, dessen Familie zu den direkt Betroffenen gehört. Es sei damals ein Fehler der Stadträte gewesen, bei der Ausweisung des Gebietes nicht über einen Bebauungsplan die Höhe der Windkraftanlagen zu reglementieren. „Aber wir konnten uns damals nicht vorstellen, welche Fortschritte die Technik macht.“ Und genau das sei das Problem: Würde der Windpark nur auf fürstlichem Gelände realisiert werden, könnte es durchaus sein, dass die Windkraftanlagen noch höher würden. Denn DEG-Chef Bernhard Wieland hatte bei der Exkursion selbst gesagt, dass durch selbstkletternde Kräne bald noch ganz andere Höhen möglich wären. „Und ich bin mir sicher: Wenn die Herren sagen, dass sie bauen, dann bauen sie auch.“
- Armin Ewald (FDP): „Ich bin auf keinen Fall gegen erneuerbare Energie.“ Aber der Strom sollte produziert werden, wenn er benötigt wird. Anders sehe es aus, wenn es eine Speichermöglichkeit gebe.
- Martina Losch (CDU): „Es ist ein weites Feld mit ganz unterschiedlichen Interessen.“ Jeder wolle nach seiner Sichtweise das Beste. „Mir liegen Waldhausen und Bräunlingen am Herzen“, sagt die Ortschaftsrätin, die in der Waldhausener Sitzung eine der beiden Ja-Stimmen abgegeben hat. Viele Leute wären betroffen und eben deshalb könnte sie nicht pokern und dann nachher sagen: „Jetzt habt ihr halt Pech gehabt.“
Windpark Bräunlingen: So sollen die Anlagen von der Alten-Römerstraße in Döggingen aussehen. | Bild: DGE Wind Baar eins
So haben die Stadträte abgestimmt
CDU
- Anja Beyrle-Silano: ja
- Otto Brugger: ja
- Michael Gut: ja
- Michael Hall: ja
- Thomas Held: ja
- Martina Losch: ja
- Rolf Schütz: ja
- Christian Stark: ja
- Hannes Wehinger: ja
FDP
- Armin Ewald: nein
- Lorenz Neininger: nein
- Siegbert Wernet: ja
Gruppe 84 – UnabhängigeListe
- Berthold Geyer: ja
- Philipp Hofacker: nein
- Winfried Klötzer: ja
- Roman Murr: ja
- Harald Straub: ja
SPD
- Peter Ebnet: nein
- Clemens Fahl: ja
- Marlen Heinrich: nein
So würde der Windpark Bräunlingen aussehen: Die Visualisierung zeigt den Blick von der Kantstraße in Bräunlingen aus. Bild: DGE Wind Baar eins
Die Bedingungen
Ein Katalog an Bedingungen, die das Konsortium „DGE Wind Baar eins“ erfüllen muss, gibt es bereits. Es handelt sich um Kriterien, die der Ortschaftsrat Döggingen aufgestellt hatte und die mittlerweile ergänzt und konkretisiert worden sind:
- Die Nabenhöhe der Windkraftanlagen darf nicht mehr als 160 Meter betragen (Gesamthöhe maximal 230 Meter).
- Das Betreiberkonsortium muss eineUmweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung für das Gesamtprojekt beantragen.
- Die aktuell geplanten Mindestabstände zu den Wohnhäusern und Höfen dürfen – ohne Zustimmung der Stadt – nicht unterschritten werden.
- Sollte sich im weiteren Genehmigungsverfahren die Zahl der Windkraftanlagen reduzieren, so sollen zusätzliche Spielräume für eine Erhöhung der Abstände genutzt werden.
Bild: Orlowski, Birgit - Mit der weiteren Planung muss eine weitere Reduzierung der Immissionen für die Anrainer, insbesondere dem Schattenschlag für die bewohnten Wohnhäuser/Höfe auf null Stunden pro Jahr erfolgen.
- Eine Windkraftanlage sollte für eine Bürgerbeteiligung geöffnet werden.
- Der Windpark soll mit einer bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung ausgestattet werden (falls dies nicht umsetzbar ist, muss eine Nachtkennzeichnung vorgesehen werden, bei der die Lichtimmissionen und die Abstrahlung nach unten minimiert werden).
- Im Pachtvertrag soll eine definierte Anlagenbeschreibung mit den Standorten aufgeführt werden.
- Der Betreiber muss sich zur Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften verpflichten.
Die Bedingungen sollen im gesamten Windpark gelten – sowohl auf städtischen, als auch auf fürstlichen Flächen. Nun wird Bürgermeister Micha Bächle die Verhandlungen mit dem Konsortium weiterführt und den endgültigen Pachtvertrag aushandelt. Das ausgearbeitete Schriftstück soll dem Gemeinderat noch einmal vorgelegt werden, bevor es unterzeichnet wird.