Die Gedenktafel an Sophie Scholl am Blumberger Bahnhof bleibt ein Thema. Dass die Tafel, die vier Realschülerinnen 2009 im Rahmen einer Projektprüfung erstellten, gar nicht mehr steht, geriet erst beim Bericht zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl ins Bewusstsein.
- Wann die Tafel entfernt wurde, scheint nicht mehr genau ausfindig zu machen. Christian Brinkmann, Geschäftsführer der Bahnbetriebe Blumberg, erklärte auf Anfrage zunächst, „die Tafel zum Gedenken an Sophie Scholl hängt bereits (und wohl auch schon länger) am schwarzen Geländer des Spielplatzes zur Gleisseite hin.“

- Nachgeschaut, ergab sich, dass es sich dabei um eine kleinere circa 30 Zentimeter breite und circa 50 Zentimeter hohe Tafel handelt, die der Blumberger Heimatforscher Bernhard Prillwitz am 15. September 2019 erstellt hat, nachdem er von den Bahnbetrieben deshalb angefragt worden sei, wie er selbst sagt. Prillwitz hätte nach eigener Aussage nichts dagegen, wenn noch eine größere Tafel aufgestellt würde. Das wäre eine „ausgesprochen gute Reklame“.
- Erneut nachgehakt, dass die Tafel der Realschülerinnen größer und anders war, antwortete Bahnchef Brinkmann, er habe die Tafel von Herrn Prillwitz im Auge. „Dass es nun sogar zwei Tafeln gab, das ist mir wirklich nicht bewusst.“ Sei seien „ein Eisenbahnunternehmen und da mag es sein, dass bei Umbauarbeiten mal etwas abmontiert wird, was ich nicht mitbekomme und was auch erst einmal für ein Eisenbahnunternehmen nicht ganz so wesentlich ist.“ Der Bahnchef bietet an, dass man eine neue Tafel aufhängen könne, ob von der Schule oder von Heimatforscher Prillwitz. „Wenn also wieder eine Tafel bei uns montiert werden soll, darf das gerne geschehen, dafür bin ich immer offen“, beteuert Brinkmann.
- Die vier Realschülerinnen Johanna Kaiser, Lisa Barbon, Kristina Bruder und Julia Bäurer (geborene Straub) hatten vorige Woche alle bedauert, dass ihre Gedenktafel entfernt wurde.
Rektor lobt Schüler
- Der damalige Realschulrektor Egon Bäurer weiß noch ganz genau: Den Bahnhof Zollhaus haben die Schülerinnen als Standort ausgesucht, weil dort die Thematik von Sophie Scholl und Blumberg durch die Bahn von vielen Menschen wahrgenommen werde. Das sei für die vier Realschülerinnen ein Gesichtspunkt gewesen. „Wenn die Tafel tatsächlich weg wäre, fände ich das äußerst schade.“ Er habe dieses Projekt sehr befürwortet, „weil Sophie Scholl in Blumberg gewirkt hat, und die vier Schülerinnen daraus ein beachtenswertes Ergebnis erstellt haben.“

- Was sagen die Stadträte: Ursula Pfeiffer (SPD), seit 1994 im Gemeinderat und Mitglied im Aufsichtsrat der Bahnbetriebe, fordert, die Tafel müsse wieder aufgestellt werden. Dieter Selig (CDU) fände den Sophie-Scholl-Kindergarten als Standort besser geeignet. Hannes Jettkandt (Freie Liste) findet es angebracht, Sophie Scholl und ihren Bezug zu Blumberg an prominenter Stelle zu präsentieren. Werner Waimer (FDP) findet es wichtig, dass man das Gedenken an Sophie Scholl wach hält, weil die junge Generation nicht mehr so damit befasst ist.“ Er habe festgestellt, dass das Dritte Reich verdrängt werde. Das Entfernen der Gedenktafel sei ein Affront gegen die Schülerinnen.
- Bürgermeister Markus Keller erklärte dazu auf Anfrage: „Ich finde es wichtig an Sophie Scholl zu erinnern, in der heutigen Zeit mehr denn je, weil ja gerade auch viele Querdenker sich als Widerstandskämpfer titulieren und dreist sich mit dem Kampf von Sophie Scholl und den anderen Mitgliedern der „Weißen Rose“ gleichsetzen.“ Diejenigen, so Keller, hätten ganz offensichtlich im Geschichtsunterricht nicht richtig aufgepasst, deshalb sei das Gedenken auch aus diesem Grund wichtig. Von der Größe sei die Tafel schon ausbaufähig, aber von der jetzigen Stelle im Innenraum werde die Tafel mehr gesehen. Das Entfernen des Schilds sei mehr als unglücklich gelaufen, und, das betont der Bürgermeister, sei in keine Weise eine Geringschätzung des Wirkens von Sophie Scholl oder des Engagements der ehemaligen vier Realschülerinnen.
Zur Person
Sophie Scholl, geboren am 9. Mai 1921 in Forchtenberg, war zunächst für Adolf Hitler. Im Reichsarbeitsdienst 1941 in Krauchenwies lernte sie Hildegard Schüle aus Blumberg-Zollhaus kennen, die ihre Freundin wurde. Als ihr Bruder Hans von der Ostfront berichtete, dass die Lage anders war als von den Nazis propagiert, habe sie die Führerinnen in Krauchenwies mit kritischen Fragen zum „Vorrücken der deutschen Soldaten an der Front“ in Verlegenheit gebracht. Danach war sie vom 11. Oktober 1941 bis zum 27. März 1942 als Kindererzieherin in Blumberg. Diese Zeit war für sie der Wendepunkt, auch weil sie sah, wie die Nationalsozialisten mit den Menschen umgingen. Ab 1. April 1942 Studentin in München, wurde sie zu den führenden Köpfen der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ um ihren Bruder Hans Scholl und Christoph Probst. Sie verteilten Flugblätter, wurden erwischt und am 22. Februar 1943 von den Nazis hingerichtet. (blu)