Als 1921 die kleine ländliche Gemeinde Dürrheim vom Staatsministerium das Prädikat „Staatlich anerkanntes Soleheilbad“ verliehen bekam, war sie einer der ersten Kurorte in Baden, der sich mit dem Namenszusatz „Bad“ zieren konnte. Bad Mergentheim etwa wurde erst 1926 und Bad Krozingen 1933 mit diesem Titel ausgezeichnet. In seinem Gastbeitrag erzählt Jürgen Kauth, der Vorsitzende des Geschichts- und Heimatvereins, die Geschichte.
Den Wunsch nach dieser Anerkennung habe der Dürrheimer Kurverein bereits mehrfach seit 1900 geäußert. Doch diverse Anträge wurden nach Ortsbesichtigungen abgelehnt, vor allem wegen dem „landwirtschaftlich“ geprägten Gesamtbild des Ortes und einiger unschöner Nebengebäude der Saline beim Fundbohrloch. Immerhin durfte aber schon Jahre davor am Bahnhof der Hinweis „Bad“ angebracht werden.

Der große Aufbruch im Kurwesen habe kurz nach 1900 stattgefunden, erzählt Kauth, vor allem mit dem Gasthaus Kreuz und dem Salinen-Kurhaus, später Kurheim-Sanatorium, aber auch durch andere Häuser in der Jugendstilzeit, die sich vom einfachen Gasthaus immer mehr hin zum Kurbetrieb entwickelten. Später kamen die großen Kindererholungsstätten wie das Kindersolbad, das Luisenheim und das Landessolbad dazu.
Die Aufforstung des Kapfwaldes als Kurwald, beginnend mitten im Ort in Richtung Osten, habe damals erste Früchte gezeigt. Mit einem alten Pferdebahn-Straßenwagen seien um 1900 die Gäste hoch auf die Hirschhalde gebracht worden, von wo aus sie dann im Wald spazieren gehen konnten. Die vielen gepflegten, auch nach Regen sauber begehbaren Spazierwege und die aus Rundhölzern idyllisch errichteten Regen-Schutzhütten in der Ruhe des Waldes taten den Kurgästen, die meistens aus industriestädtischen Gegenden kamen, sehr gut.

Die saubere, feuchte und ozonhaltige Waldluft, die entspannenden optischen und akustischen Natureindrücke und Gerüche zeigten ihre positive Wirkung. Dieser vor 120 Jahren in Dürrheim als sehr wichtig erachtete Bestandteil einer Kur wurde 1982 in Japan als „Shinrin Yoku“ (Eintauchen in die Waldatmosphäre) neu entdeckt. Ein japanischer Professor entdeckte in einer ersten Feldstudie den Zusammenhang zwischen längeren Aufenthalten im Wald und der reduzierten Zahl von Stresshormonen. „Somit wurde das Rad in Japan erfolgreich neu erfunden, in den etwa 9300 Kilometer entfernten Schwarzwald reimportiert und dort als Neuentdeckung denen verkauft, die es einmal erfunden hatten.“

Jemand, der so einen Handel auch fertig gebracht hätte, war Max Jäger, von 1917 bis 1919 stellvertretender Salinendirektor. Nachdem der Erste Weltkrieg den Kurbetrieb hier zum Erliegen gebracht hatte, sei dieser auf die Idee gekommen, das Thema „Bad“ wieder anzugreifen. 1920 war Jäger sogar für ein Jahr Bürgermeister und Kurdirektor.
In flammenden Aufrufen an das Staatsministerium habe Jäger erklärt, warum der Titel als Heilbad jetzt endlich überfällig war. Er schilderte den zuständigen Kommissionen neben den bekannten Sole-Anwendungen auch den Kurwald-Effekt, die Wirkung der Höhenluft, der Sonne und des Reizklimas. Daneben natürlich die Verschönerung des Ortsbildes, die ab 1921 geplant war. Im Rahmen dessen war geplant, zuerst den Schmiedegarten der Saline – heute Hindenburgpark – von den alten Werkstattgebäuden zu befreien und in einen Park umzuwandeln. Ebenso der Platz in der Bahnhofstraße anstelle des Siedehauses 1. Ein Jahr darauf sollte ein neuer Kurpark abgesteckt werden und Tennisplätze dazu gebaut werden.
„Als dann die zuständige Prüfkommission eintraf, wurden die Herrschaften, obwohl Dürrheim durch seinen Status als Lazarett-Standort noch finanziell komplett ausgelaugt war, aufs Feinste empfangen“, schreibt Kauth. Die Führung durch den Ort, ans Badehaus, die Saline und den kleinen Kurpark mündete schließlich in einen Spaziergang durch den Kapfwald. Wie Kurdirektor Jäger später in einem privaten Brief berichtete, seien die Prüfer sehr angetan gewesen von der erfrischenden Waldluft nach dem Regenguss und dem Vesperkorb, der wie zufällig in einer idyllischen Schutzhütte bereit stand. Zusammen mit den gezeigten Aufbauleistungen im Kurort folgte dann 1921 endlich die Ernennung zum Heilbad.
Max Jäger machte bei der Führung mit den Prüfern übrigens bewusst einen weiten Bogen um das spätere Kurheim-Sanatorium, obwohl es das schönste und größte Kurheim im Ort war. Das Haus war noch bis 1920 Reservelazarett und fest in der Hand des Soldatenrats. Die kommunistischen Agitatoren suchten ständig die Unruhe. Bald darauf wurde das Lazarett aufgelöst.
Jäger hatte da aber schon seinen Traumjob als Direktor der Badischen Staatsbrauerei Rothaus gefunden. Von 1945 bis 1955 vollendete er sein Lebenswerk als Oberbürgermeister von Rastatt und als Landtagsmitglied.