Nebenan kräht der Hahn. Als Holger Vollmer bei der Führung in und um die Fabrik den Gockel hört, schmunzelt er und sagt: „Das ist gut so.“ Der Gockel auf dem Land und nebenan die Fabrik – in Tengen-Wiechs scheint dies kein Gegensatz zu sein.
Und wenn es nach dem Willen des Abteilungsleiters geht, soll das auch so bleiben. Vollmer leitet das Wiechser Werk der Weltfirma Stihl. Die Werke wurden nach ihrer zeitlichen Entstehung durchnummeriert. Acht Fabriken sind es in Deutschland. In Wiechs steht mit Nummer 3 das kleinste Werk mit 98 Mitarbeitern.
Stihl gehört zu den Gewinnern der Pandemie, wie der Abteilungsleiter berichtet. In der Fabrikhalle stehen voll gestapelte Regale und Maschinen dicht beieinander. Vor dem Gelände befinden sich zeitweise Lastwagen-Auflieger, weil drinnen der Platz nicht mehr ausreicht. „Wir platzen aus allen Nähten“, fasst Vollmer die Situation zusammen. Das Werk befinde sich aktuell in einer „Hochdruckphase“.
Am Standort seit mehr als 60 Jahren
Seit 61 Jahren besteht Werk 3 in Wiechs. Seither wird immer wieder an- und ausgebaut. Damit Hallen, Gebäude und Geschosse in den nächsten Jahrzehnten nicht nur nach dem Zufallsprinzip angebaut werden, hat die Firma nun einen Masterplan entwickelt – und diesen dem Tengener Gemeinderat vorgelegt. Dieser hat einstimmig grünes Licht für die ambitionierten Pläne gegeben. Den Abteilungsleiter freut es. Dadurch könne man langfristig planen.

So sieht der Masterplan aus
Bürgermeister Marian Schreier hatte in der Gemeinderatssitzung nicht mit Steigerungswörtern gespart. Stihl sei der größte Arbeitgeber in Tengen. Die Maßnahmen könnten auf eine Verdreifachung des Werkes hinauslaufen, wenn alle Baustufen durchlaufen würden.
„Es ist die größte gewerbliche Erweiterung, die wir je in Tengen hatten“, hob er hervor. Freuen dürfte er sich über zusätzliche Gewerbesteuern, die damit der Stadt zufließen. Die Erweiterung würde auch verdeutlichen, dass der Standort in Tengen gesichert werde, so Schreier. Damit dies möglich ist, müsse nun Baurecht geschaffen werden. Es stünden sehr komplexe Verfahren an, die mehrere Monate Vorlauf benötigen würden.

Es gab auch zahlreiche Rückfragen im Gemeinderat. Thomas Wezstein (Freie Wähler) erkundigte sich nach der von der Autobahn kommenden überörtlichen Verkehrsführung. Jürgen Hock (SPD/Freie Bürger) hob hervor, bei den weiteren Planungen sei auch der Lärmschutz für das Dorf mit zu bedenken.
Regenwasser soll gesammelt werden
Renate Hönscher (CDU) regte in Anbetracht der zusätzlichen Flächenversiegelung an, Niederschlagswasser nicht nur versickern zu lassen, sondern auch in Seen zu sammeln. Etwa für die Feuerwehr und um durch Verdunsten Kühlung zu erhalten. Viele der Anregungen aus dem Gemeinderat müssen zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal genauer betrachtet werden – da das Projekt noch etwas mehr Planungsreife benötigt, um die Details angehen zu können, so Schreier.
Gabi Leichenauer (Ortsvorsteherin von Wiechs am Randen) regte an, es nicht bei der Vorstellung im Tengener Gemeinderat zu belassen, sondern die Pläne auch den Wiechser Bürgern direkt vor Ort vorzustellen.

Bürgermeister Marian Schreier versprach, dies gerne nach der Sommerpause des Gemeinderates ins Auge zu fassen.

Im Zuge des Ausbaus von Werk 3 muss zudem die Stihl-Straße verlegt werden. Einen genauen Zeitplan gibt es noch nicht. Es handelt sich um „mögliche Erweiterungsszenarien im Rahmen eines Masterplanes mit mehreren Ausbaustufen“, wie es in der Sitzungsvorlage für den Gemeinderat heißt. Das mögliche Endausbauszenario solle als Grundlage für den Bebauungsplan dienen.
Eine konkrete Summe, was die angedachten Maßnahmen zuletzt kosten, gibt es nicht. Abteilungsleiter Holger Vollmer spricht von „deutlichen zweistelligen Millionenbeträgen“ – ein klares Zeichen für die nachhaltige Standortsicherung.