Michaela Hemmer und Ines Schneider sind sauer. Beide haben Gärten mit altem Bewuchs im Stockacher Ortsteil Espasingen. Und beide stehen derzeit vor der Frage, wohin sie mit den Ästen und Zweigen sollen, die sie von ihren Bäumen und Büschen herunterschneiden.
Und auch das Laub, das um diese Jahreszeit von den Bäumen fällt, müsse irgendwie entsorgt werden, sagt Hemmer. Bei dem Unternehmen USG, dessen Hof zwischen Rißtorf und der Einfahrt zum Industriegebiet Hardt liegt, geht das derzeit jedenfalls nicht. Die Annahme aller Müllsorten hat das Regierungspräsidium Freiburg als Aufsichtsbehörde im August gestoppt.
Die beiden Frauen sind nicht die einzigen, die dieses Problem haben. Sie sei von vielen Menschen mit demselben Anliegen angesprochen worden, sagt Hemmer. Auch andere Gartenbesitzer ärgern sich darüber, dass sie ihren Grünschnitt nicht loswerden. Harald Schweikl, der bei der Stadtverwaltung für das Thema zuständig ist, berichtet von zahlreichen Anrufen von Bürgern.
Was also tun? Die Stadtverwaltung verweise auf zusätzliche Sammeltermine und die Biomülltonne, sagt Schweikl – und auf die Kompostierung auf dem eigenen Grundstück. Für Hemmer und Schneider ist das nicht genug. Denn bis wieder ein Sammeltermin ansteht, muss man den Grünschnitt auf dem eigenen Grundstück lagern. Zuletzt habe der Gartenabfall in den Aufbewahrungssäcken angefangen zu gären, berichtet Hemmer. Die Extra-Termine zur Ablieferung von Grünschnitt seien für sie daher nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt sie: „Die Termine müssten viel öfter stattfinden.“
Denn jetzt sei die Hauptzeit, in der Gartenabfälle anfallen. Ines Schneider ergänzt: „Es wächst immer noch alles wie verrückt.“ Da wollen die beiden Frauen nicht zu früh zur Astschere greifen – zumal noch einige Pflanzen blühen, die Insekten Nahrung geben würden. Der zusätzliche Sammeltermin am Freibad im September sei perfekt gemacht gewesen, erkennt Hemmer an. Doch in ihren Augen wären zusätzliche Containerstandorte oder häufigere Sonderablieferungen gut. Sie sieht die Stadt in der Pflicht: „Es muss eine Lösung her.“ Die Grünschnittannahme werde schließlich aus Müllgebühren bezahlt.
Wann es mit der Abfallannahme auf dem Hof der USG weitergehen kann, darüber wagt Geschäftsführer Stefan Trummer inzwischen keine Prognose mehr. Es müsse weiteres Material abgefahren werden, doch das sei nicht so einfach wie gedacht, sagt er. Er sei aber optimistisch, den Betrieb weiterführen zu können. Seit über 20 Jahren sei er Unternehmer, noch nie sei eine Firma pleitegegangen, die er geleitet habe. Ebenso gebe es keine Absicht, das Unternehmen, das über eine Holding ihm und seinem Bruder gehöre, zu verkaufen.

Für die Probleme will Trummer nicht allein verantwortlich gemacht werden. So warte das Unternehmen noch auf Außenstände aus unbezahlten Rechnungen von etwa 100 000 Euro. Ein Unternehmen sei inzwischen damit beauftragt, diese einzutreiben. Und die großen Müllmengen auf dem Gelände hätten sich bereits vor seiner Zeit als Geschäftsführer angesammelt – die Unterbrechung bei einer Müllverbrennungsanlage habe da ihr Übriges getan.
Laut Handelsregister wurde Trummer im Februar 2019 Geschäftsführer. Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Freiburg, schreibt auf Anfrage, dass im November 2018 „erstmals die deutliche Überschreitung der Lagermengen für gemischte Abfälle“ festgestellt worden sei. Nach weiteren Überschreitungen habe es am 20. August den Annahmestopp für alle Abfälle gegeben. Eine Frist, bis zu der die genehmigten Abfallmengen erreicht sein müssen, sei nicht gesetzt worden.
Und die Kunden, die ihren Müll über die USG entsorgen? Diejenigen, die inzwischen einen anderen Entsorger gefunden hätten, würden gerne wieder zu ihm zurück wechseln, sagt Stefan Trummer, weil die USG ein lokales Unternehmen sei. Und auch die Stadt Stockach hält offenbar an dem Unternehmen fest: „Wir müssen vertrauen, dass es wieder auf die Reihe kommt“, sagte Bürgermeister Rainer Stolz in der jüngsten Sitzung des Planungsausschusses des Gemeinderats auf Nachfrage von Andreas Bernhart (CDU), Ausschussmitglied und Espasinger Ortsvorsteher.
Und auf Nachfrage ergänzt Stolz: Die Stadt habe einen Vertrag und dazu stehe man auch in schwierigen Zeiten. Seine Sorge: Wenn die Stadt einseitig aussteigen würde, könnten juristische Auseinandersetzungen drohen. Abgesehen davon müsste die Stadt möglicherweise einen eigenen Entsorgungsbetrieb aufbauen – ein teures und langwieriges Unterfangen. Den Ärger von Bürgern, die nicht wissen, wo sie ihren Grünschnitt entsorgen können, könne er gleichwohl nachvollziehen, so Stolz.
Gebühren und Termin
Die Grünschnittanlieferung bei der Firma USG wird für die Bürger von Stockach, Bodman-Ludwigshafen und Orsingen-Nenzingen über die Müllgebühren finanziert. Seit der Annahmestopp gilt, gibt es in den drei Gemeinden Übergangslösungen. Die Stadt Stockach bietet am morgigen Samstag, 26. Oktober, einen zusätzlichen Abgabetermin auf dem Parkplatz des Freibads im Osterholz an. Die Aktion läuft von 9 bis 12 Uhr. Die Stadtverwaltung bittet Anlieferer, einen Ausweis mitzubringen, da das Angebot nur für die Einwohner von Stockach gilt.