Gerald Jarausch

Die Energiewende stellt vor allem die Handwerker in Deutschland vor echte Probleme. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach ihrer Arbeit hoch: Praktisch alle Gewerke und Materialzulieferer können sich derzeit kaum vor Aufträgen retten, wie jetzt auf der Messe Haus/Bau/Energie im Radolfzeller Milchwerk zu hören war.

Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz.
Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz. | Bild: Jarausch, Gerald

„Die Auftragsbücher der Betriebe sind brechend voll“ konstatierte Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz bei einem Unternehmensdialog des Handwerks zu Beginn der Messe. Er wünsche sich insbesondere von der Politik klare und verlässliche Rahmenbedingungen und Antworten auf die „drängenden Zukunftsfragen des Klimawandels“. Ohne das Handwerk sei die Energiewende nicht möglich, so Rottler.

Für die Handwerker und Unternehmen, die selbst auf der Messe vertreten waren, ist die aktuelle Situation nicht einfach. Praktisch alle kämpfen gleich mit mehreren Problemen. Zum einen steigen die Kosten im Einkauf massiv, zum anderen fehlt es an Personal, um den Bedarf der Kunden zu decken.

Preise für Material „explodieren“

So stellte zum Beispiel Messebesucher Anton Bandel vom gleichnamigen Sanitärbetrieb in Moos fest, dass die „Preise explodieren“. Vor allem Stahl ist nach seiner Aussage erheblich teurer geworden. Manche Materialen sind mitunter nur noch schwer zu bekommen. Bisher kann sein Betrieb diese Entwicklung noch durch einen besonders vorausschauenden Einkauf kompensieren. Dennoch muss er im Ergebnis rund 20 Prozent mehr von seinen Kunden verlangen, als im Vergleichszeitraum vor einem Jahr.

Ein Hauptproblem stellt der Personalmangel dar, den zurzeit viele Handwerker erleben. Dabei sind die Berufsbilder in der Branche nicht unattraktiv. Aus Sicht von Gerd Burkert, von der Energieagentur Konstanz, wäre das durchaus ein spannendes Betätigungsfeld für junge Menschen aus der Fridays for future-Bewegung: „Bevor ihr eure Hände auf den Asphalt klebt, nehmt die Arbeit an der Energiewende selbst in die Hand“, formuliert er seinen Appell provokant. Aus seiner Sicht muss nicht jeder Abiturient zwingend studieren, um beruflich eine Perspektive zu haben.

Gerd Burkert, Geschäftsführer der Energieagentur Kreis Konstanz.
Gerd Burkert, Geschäftsführer der Energieagentur Kreis Konstanz. | Bild: Jarausch, Gerald

Das unterschreiben vermutlich alle Handwerker so, denn sie würden die aktuellen Wünsche ihrer Kunden nur allzu gerne bedienen. So erklärte Andreas Decker vom Unternehmen BKM Mannesmann in Immenstaad, dass man sein Unternehmen „geradezu zu der Messe überreden musste“, wie er sagte. Denn auch in dem Fachunternehmen für Abdichtungen stehen die Kunden Schlange.

„Viele haben Angst vor der Inflation und möchten ihre Aufträge schnell vergeben. Seit dem Beginn der Pandemie haben wir unseren Umsatz verdoppelt“, lässt er im Gespräch mit dem SÜDKURIER wissen. Während seine Firma aktuell selbst noch nicht von Lieferproblemen betroffen sei, hätten sich die Transportkosten in der jüngsten Zeit verdoppelt, wie Decker verrät. Bisher seien diese dennoch nicht an die Kunden weitergegeben worden.

Lange Wartezeiten und Aufschläge

Ohne einen Kostenaufschlag und Zeitverzögerungen kommen die Häuslebauer und Modernisierer im Eigenheim dennoch zurzeit nicht weg. So müssen Kunden bei der Bestückung ihrer Dachflächen mit Photovoltaik bei Enerix mit Sitz in Radolfzell aktuell rund 12 bis 14 Wochen auf die Installation warten. „Das ist die doppelte Zeit, wie vor einem Jahr“, stellt Benjamin Ehe, Fachberater und Projektleiter auf der Messe fest.

Auch bei den Preisen kommt das Unternehmen nicht um Anpassungen herum. „Die Kunden würden am liebsten die Preise vom letzten Jahr haben“, sagt er. Generell nimmt die Nachfrage nach solchen Anlagen dramatisch zu. „Jetzt geht es richtig los“, so sein Eindruck in Zeiten steigender Energiepreise.

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