2020 hatten die Polizei in Radolfzell noch gute Nachrichten zu verkünden: Wegen der Corona-Pandemie gab es einen starken Rückgang an Verkehrsunfällen. Dass sich dieser Trend 2021 nicht fortsetzen wird, hat sich bereits nach dem ersten Halbjahr abgezeichnet, in Radolfzell wurden deutlich mehr Unfälle als im Vorjahr gemeldet. Damit läuft die Entwicklung gegen den Trend für den gesamten Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Konstanz. Dort sank die Zahl der Unfälle im Vergleich zu 2020. Und auch auf der Höri gingen die Unfallzahlen noch einmal zurück.
In Radolfzell dagegen verzeichnete die Polizei 348 Unfälle für das gesamte Jahr 2021, das sind 12,3 Prozent mehr als 2020. Zwar liegt das im Mittelwert der vergangenen fünf Jahre. Aber: Im gesamten Landkreis Konstanz gibt es lediglich eine Zunahme von 2,1 Prozent.
Auf der Höri sieht es besser aus
Nicht mit eingerechnet in die Statistik sind aber Kleinstunfälle, bei denen es nur zu sehr geringem Schaden gekommen ist. In Öhningen sank die Zahl der Verkehrsunfälle um 18,2 Prozent auf 27, in Gaienhofen um 34,3 Prozent auf 23 und in Moos sogar um 43,8 Prozent auf 18.
Auch die Zahl der Verletzten hat in Radolfzell im Vergleich zu 2020 zugenommen – um 6 Prozent auf 124 Verletzte. Immerhin eine gute Nachricht hat die Polizei zu vermelden: Es gibt keine Unfallschwerpunkte mehr. 2020 waren noch drei Bereiche in Radolfzell als solche deklariert worden.
Corona und Fahrradunfälle spielen eine Rolle
Dass die Radolfzeller Zahlen dennoch negativ auffallen, bemerkt auch Georg Lautenschläger, der das Polizeirevier in der Stadt leitet: „Die Steigerung ist auffällig“, gibt er vor allem mit Blick auf die Zahl der Verletzten zu – schiebt aber gleich nach: „Sie ist erklärbar.“

Ein Grund für den Anstieg der Unfallzahlen seien die Lockerungen der Corona-Regeln in großen Teilen des Jahres 2021. Während 2020 zum Beispiel Lockdown, Kontaktbeschränkungen und die nächtliche Ausgangssperre dafür gesorgt hatten, dass weniger Personen auf den Straßen unterwegs waren, hat dieser Einfluss nachgelassen. Es gibt aber auch einen Anstieg der Fahrradunfälle in Radolfzell. 80 waren es 2021 an der Zahl, das sind elf mehr als im Vorjahr und macht mehr als ein Viertel der Gesamtunfälle in der Stadt aus.
„Und bei nahezu jedem Unfall mit Radfahrern sind die Beteiligten mindestens leicht verletzt“, sagt Bernd Schmidt, Leiter der Führungsgruppe in Radolfzell. Wobei seinen Einschätzungen nach nur ein Teil der Verletzten überhaupt in der Statistik erfasst sind, denn nicht jeder Fahrradunfall wird überhaupt gemeldet, vor allem, wenn er eigenverantwortlich ausgelöst wurde und niemand sonst beteiligt war.
In viele Unfälle sind Pedelecs verwickelt
Oft betroffen sind auch Pedelecs – in der Statistik stehen für das vergangene Jahr 21 derartige Unfälle in Radolfzell. Häufig sind es laut Georg Lautenschläger und Bernd Schmidt ältere Personen, die in solche verwickelt sind. Gründe dafür könnten sein, dass sie schon länger nicht mehr mit einem Fahrrad unterwegs waren, durch den motorgestützten Antrieb aber wieder zu Ausflügen aufbrechen – ohne jedoch viel Übung zu haben. „Sie sind es einfach nicht gewohnt“, vermutet Lautenschläger. Bernd Schmidt weist auf die hohen Geschwindigkeiten hin, die mit den Pedelecs möglich sind. Bei Fehlreaktionen kann es auch dadurch zu Stürzen oder Zusammenstößen kommen.
Um schweren Verletzungen vorzubeugen, sei es wichtig, einen Helm zu tragen, betonen die beiden Polizisten. Sonst könne ein Fahrradunfall auch sehr böse ausgehen: „Wenn ich mich nicht richtig abfangen kann, reicht ein Sturz auf den Asphalt und man hat eine Gehirnblutung oder einen Schädelbruch“, mahnt Bernd Schmidt.
Niedrige Unfallzahlen auf der Höri
Im Gegensatz zu Radolfzell wurden auf der Höri kaum Fahrradunfälle verzeichnet. In Gaienhofen waren es 2021 gerade einmal fünf Fälle, in Moos sogar nur vier. Die meisten Fahrradunfälle wurden in Öhningen verzeichnet, dort sind es acht. „Das drückt natürlich auch die Gesamtzahl der Unfälle“, erklärt Bernd Schmidt. In allen drei Höri-Gemeinden ist eine Abnahme im Vergleich zu 2020 zu verzeichnen, damals waren es in Gaienhofen und Moos jeweils noch elf Fahrradunfälle und in Öhningen neun.
Die Höri liegt damit im Trend: Wie das Polizeipräsidium Konstanz vermeldet, sank die Zahl der Radunfälle im Jahr 2021 im gesamten Zuständigkeitsbereich um knapp 13 Prozent von 922 auf 803.
Auf der Höri gibt es viele Schönwetterfahrer
Den Unterschied zwischen der Anzahl der Fahrradunfälle auf der Höri und in Radolfzell erklären Georg Lautenschläger und Bernd Schmidt mit dem unterschiedlichen Fahrverhalten in den beiden Bereichen. „Radolfzell ist eine Radfahrerstadt“, betont Lautenschläger. Dort würden zum einen mehr Personen Fahrrad fahren, zudem auch häufiger, etwa, um zu Arbeitsstelle zu gelangen.
„Auf der Höri haben wir aber eher Schönwetterfahrer“ – also etwa Tagestouristen oder Ausflügler aus der Region. „Und wir hatten 2021 relativ lang schlechtes Wetter“, ergänzt Bernd Schmidt. Dadurch seien auf der Höri weniger Radfahrer unterwegs gewesen. Auch deshalb sei es schwer, schon Prognosen für die Verkehrsunfallstatistik 2022 zu treffen. „Für die Radfahrunfälle wird es auf der Höri ganz entscheidend werden, wie das Wetter wird“, kündigt Bernd Schmidt schon einmal an.