Die Kritik am Bestellsystem Mensamax der Stadt Radolfzell hält an. Es gibt aber auch positive Meinungen von Eltern, die mit dem System das Mittagessen ihrer Kinder in den Kindertageseinrichtungen und Schulen bestellen.
Der Ärger über die Servicegebühr
Für Ärger sorgte unter anderem eine Servicegebühr – pro Bestellvorgang sollen die Eltern 20 Cent zahlen. Für 2021 und 2022 trägt diese Kosten zwar noch die Stadt. Dennoch gibt es Kritik. Antje Groll, Vorsitzende des Gesamtelternbeirats (GEB) Schulen, hat zwar grundsätzlich Verständnis, dass Gebühren anfallen: „Dass der Betrieb von Mensamax nicht umsonst ist, ist ja logisch“, sagt sie.
Allerdings sehe sie nicht die Eltern in der Verantwortung, zumindest nach 2022 diese Kosten zu begleichen. Stattdessen wünscht sie sich, die Stadt würde dafür Steuergelder nutzen, schließlich hatte die Verwaltung im Alleingang den Dienstleister Mensamax engagiert. Es ärgere sie, dass sie nach 2022 doppelt zahlen müsse – für Essen und für die Nutzung einer App, deren Einführung sie selbst nicht gefordert habe. Beim früheren Bestellsystem sei keine Servicegebühr angefallen. Zudem stört sich Antje Groll daran, dass die Eltern bisher keinen Einblick in den Vertrag mit Mensamax bekommen haben.
Die Leistungen von Mensamax
Was bekommen Radolfzeller Eltern eigentlich für die zwangsweise zu bezahlende Servicegebühr? Diese Frage wollte die Stadtverwaltung dem SÜDKURIER zunächst nicht beantworten, denn es handle sich um geheimzuhaltende Inhalte des Vertrags zwischen Stadt und Mensamax. Doch diese Rechtsauffassung ist nicht zutreffend, weil der Informationsanspruch der Öffentlichkeit vorgeht. Nachdem der SÜDKURIER die Stadtverwaltung darauf aufmerksam gemacht hatte, teilte die Pressestelle doch noch mit, welche Leistungen im Vertrag mit Mensamax enthalten seien.
Dazu zählen demnach die Bereitstellung der Server, das Einrichten der Software sowie laufende Updates. Auch eine Support-Hotline, also eine Stelle, die alle Fragen rund um Mensamax beantworten soll, und ein Elternbrief sind enthalten. Wofür genau die Servicegebühr anfällt, wird jedoch aus den Angaben der Stadtverwaltung nicht klar.
Die Höhe der Servicegebühr
Die Höhe der Servicegebühr orientiert sich laut Moritz Schade an der Anzahl an Bestellungen, die von Radolfzeller Eltern pro Jahr getätigt werden. Bis 50.000 Bestellungen nennt Schade einen Preis von 17 Cent, danach beträgt die Servicegebühr bis 100.000 Bestellungen 15 Cent und bei einer noch höheren Anzahl 13 Cent. Im Zeitraum von März bis Oktober seien rund 52.870 Bestellungen getätigt worden.
Auffällig: In der Rechnung ist an keiner Stelle von den 20 Cent die Rede, die nach Angabe der Eltern an Servicegebühr fällig werden. Wie kann das sein? Auf Nachfrage gibt Nicole Rabanser von der Pressestelle Auskunft: „Der Preis, den die Stadt an ihren Vertragspartner zahlt, liegt bis 50.000 Essen bei 0,17 Euro netto pro bestelltem Essen. Dazu kommen 19 Prozent Mehrwertsteuer, sodass sich der Gesamtbetrag auf 0,2023 Euro beläuft. Dieser Betrag wurde auch so kommuniziert.“ Da erst nach einem Jahr genau ermittelt werden könne, wie viel Geld abhängig von der Anzahl der Bestellungen konkret anfällt, habe die Stadt vom höchstmöglichen Beitrag – also einschließlich Mehrwertsteuer den 20 Cent – ausgehen müssen.
Die weitere Kritik
Nicht nur die Servicegebühr sorgt für Unzufriedenheit bei den Eltern. Gemeinsam mit der Stadt haben der GEB Schulen sowie der GEB Kita Umfragen durchgeführt, um mehr über die Erfahrungen der Eltern zu Mensamax zu erfahren. Die Resonanz hält sich allerdings in Grenzen: Beim GEB Schulen sind von 446 möglichen Rückmeldungen lediglich 90 eingegangen. 39 Befragte empfinden Mensamax als Erleichterung im Vergleich zu der früheren Bestellung und Abrechnung durch die Schulen oder die Stadtverwaltung. 44 sind gegenteiliger Meinung. Allerdings gab jeweils eine deutliche Mehrheit an, die Bestellung sowie die Stornierung und die Bezahlung und Abrechnung verlaufe reibungslos. Eine Mehrheit war auch mit der Zahlungsmethode zufrieden.
Kritikpunkte sind unter anderem ein umständliches Anmeldeverfahren, technische Störungen und falsche Abrechnungen. Auch wird eine lange Verzögerung zwischen der Überweisung und der Gutschrift des Essensgeldes bemängelt. Zudem beklagten Umfrageteilnehmer, die App sei nicht geeignet für Eltern, die mehr als ein Kind haben. Antje Groll erläutert die Umstände: Pro Kind müsse je ein eigenes Konto erstellt werden, dafür müssen Eltern sich auch jedes Mal neu anmelden. Ein weiteres Problem sehen Eltern in der Nutzung eines Chip-Systems. Antje Groll berichtet, es komme immer wieder vor, dass gerade Grundschulkinder den Chip verlieren oder vergessen. Laut Pratyusha Potturi, Vorsitzende des GEB Kita, decken sich die Kritikpunkte der Schüler-Eltern meist mit denen der Kita-Eltern.
Das Lob für Mensamax
Antje Groll betont, es gebe durchaus auch Vorteile von Mensamax. Es sei rund um die Uhr möglich, Essen zu bestellen oder abzubestellen und es müsse nicht extra die Schule kontaktiert werden. In der Umfrage wird außerdem aufgeführt, es herrsche eine Transparenz für die Eltern und ein Mitspracherecht für die Kinder bei der Essensauswahl, Mensamax sei einfach zu bedienen und es sei eine übersichtliche und zeitunabhängige Buchung möglich. Antje Groll glaubt: „Wenn man die App weiterentwickelt, dann ist man auf einem guten Weg.“
Die geplanten Verbesserungen
Aus der Pressestelle der Stadt Radolfzell heißt es, man arbeite aktuell an einer Anleitung für Mensamax. Die Anleitung solle auch in einige Fremdsprachen übersetzt werden und bei der Stadt und den Schulen auf der Internetseite hinterlegt werden. Außerdem kläre die Verwaltung gerade, ob und welche alternativen Zahlungsmethoden angeboten werden könnten.
In der jüngsten Sitzung des GEB Schule teilte Brigitte Reichmann vom Fachbereich Bildung, Jugend und Sport mit, Lastschriften seien möglich. Nun solle abgeklärt werden, wie schnell dies umgesetzt werden kann. Der Wunsch nach einem Familienaccount sei weitergegeben worden. Stadträtin Susann Göhler-Krekosch bat darum, Elternvertretern die Anleitung zum Gegenlesen zu geben. Diesen Vorschlag nahm Brigitte Reichmann an. Sie teilte zudem mit, dass es die Überlegung gebe, in der Zukunft erneut eine Umfrage unter den Eltern durchzuführen. „Dann können wir schauen, ob sie mit den Änderungen zufriedener sind.“