
Der 1870 in Radolfzell als eines von sieben Kindern geborene Pfarrer Hermann Sernatinger hat die Trachtengruppe Alt-Radolfzell 1921 ins Leben gerufen. Er hat die Tracht aus einzelnen Frauenkleidern zusammengestellt, die er auf Speichern gefunden hat.
Eine Besonderheit ist der Kragen, die sogenannte Falbel, die mittels einer Brennschere ihre gekräuselte Form erhält. Man findet selten einen Halsschmuck dieser Art, er ist eine Spezialität der Trachtengruppe Radolfzell. Sie muss abnehmbar sein, wenn die Tracht gereinigt wird. Sie ist gestärkt, um ihre wellenartige Form zu behalten.
Frauen haben früher schwarze Kleider getragen, dazu schillernde Seidenschürzen. Heute sind die Farben etwas freundlicher gestaltet.
Zur Tracht gehören ein verzierter Unterrock, weiße Strümpfe und schwarze Halbschuhe. Keinesfalls Turnschuhe oder schwarze Stiefel.
Die Seidenschürze wird auf dem Kleid getragen. Normalerweise dauert das Anlegen der Tracht etwa eine Viertelstunde, Romy Bromma schafft es auch schonmal in fünf Minuten, wenn Eile geboten ist.
Es gibt zwar auch gestickte Schultertücher, Romy Bromma zeigt hier aber ein sogenanntes Mailänder Flammtuch.
Dieses Tuch wird unterhalb der Blume geknotet, die ebenfalls ein Bestandteil der Tracht ist. Zu Festtagen, beispielsweise dem Hausherrenfest, wird eine frische Blume getragen. Bei Auftritten unter dem Jahr wird eine Seidenblume getragen.
Bei kühlerem Wetter werden die Unterarme durch Stulpen geschützt.
Zur Tracht gehört auch eine einfache Brosche, es sollte aber kein Modeschmuck sein. Ebenfalls gerne getragen wird Granatschmuck, früher auch Koralle. Hier trägt Romy Bromma Granatschmuck ihrer Großmutter.
Die hier gezeigte Haube besteht aus industriell gefertigter Spitze. Das selten gewordene Handwerk des Klöppelns wird beispielsweise noch in Villingen-Schwenningen und in der Schweiz betrieben. Zuhause hat Romy Bromma eine Haube aus geklöppelter Spitze, sie ist aber nicht mehr tragbar, weil die Spitze bricht. Eine Haube von Hand zu klöppeln dauert etwa 70 Stunden. Die Tracht wird immer nur mit Haube getragen. Das wird auch schon den Kindern eingebläut.
Zu guter Letzt vervollständigt eine kleine Handtasche die Tracht der Frauen von Alt-Radolfzell.