Corona und die damit verbundenen Einschränkungen haben auch dem Yacht-Club Insel Reichenau (YCIR) das Feiern vermiest und das Clubleben lange lahm gelegt. Die am 19. September geplante Jubiläumsfeier zum 50. Geburtstag habe der Verein abgesagt, sagen Vorsitzende Claudia Blum und ihr Stellvertreter Christian Weidemann, „da waren wir uns alle einig.“ Schriftführerin Tanja Jäger merkt an: „Wir wollen ja richtig feiern.“ Nun folge im kommenden Jahr das 50-plus-1-Jubiläum feiern.

Eine virtuelle Regatta

Auch der 20-Meilen-Cup, der seit 2003 zur Regatta-Reihe Untersee Yardstick-Pokal zählt, konnte nicht stattfinden – ebenso wie die Mittwochsregatten auf dem Gnadensee und andere Wettkämpfe. Wobei Claudia Blum und Tanja Jäger schmunzelnd berichten, dass sich seit Mai, als Segeln im Familienkreis wieder zulässig war, beim YCIR eine Whatsapp-Gruppe namens Mittwochs-Segler gebildet habe, die bis heute ein Mal pro Woche sozusagen eine virtuelle Regatta austrage: Jeder fahre denselben Kurs und stoppe selbst seine Zeit.

So sah der Reichenauer Yachthafen im Jahr 1969 aus. Damals wurde die neue Anlage eingeweiht.
So sah der Reichenauer Yachthafen im Jahr 1969 aus. Damals wurde die neue Anlage eingeweiht. | Bild: privat

Stammtisch auch für Nicht-Mitglieder

Wobei der Wettkampf nicht so wichtig ist. „Das Gesellige stand schon immer im Mittelpunkt im Club“, erklärt Blum. Man treffe sich auch im Winter einmal im Monat zum Stammtisch, wozu auch Nicht-Mitglieder willkommen seien. Und es werden regelmäßig Ausflüge unternommen – seit 2005 auch weiter weg. So waren Mitglieder des Clubs 2007 beim Americas Cup in Valencia und 2008 bei der Kieler Woche.

Das sind die sportlichen Erfolge

Aber sportlich erfolgreich seien Mitglieder des YCIR dennoch. In den 1980ern segelte Lothar Baron und in den 200er-Jahren Mike Rösch auch auf nationaler und teils sogar internationaler Ebene vorne mit. Und Jäger fügt an, dass Clubmitglieder seit 2005 recht erfolgreich beim Untersee-Pokal seien. Der YCIR stelle oft die meisten Boote, und viele hätten den Pokal schon gewonnen. Auch an Regatten im Obersee seien etliche dabei.

Wenig los in den Anfangsjahren

Das war in früheren Zeiten anders, wie der Ehrenvorsitzende Hubert Hasenfratz, seit rund 45 Jahren im Club, berichtet. Da sei die Mehrheit im Club Motorbootfahrer und Schwaben gewesen. Es habe ein An- und Absegeln zum Beginn und Ende der Saison gegeben – und dazwischen nicht viel. Das hängt auch mit der etwas kurios klingenden Gründungsgeschichte zusammen. Die Gemeinde hatte 1966 aus Sturmholz den ersten Steg im heutigen Yachthafen bauen lassen. Und Hasenfratz berichtet, um diesen zu belegen, habe der damalige Bürgermeister Eduard Reisbeck eine Anzeige in einer Stuttgarter Zeitung schalten lassen, worauf sich viele Schwaben gemeldet hätten.

Beim Jahrhundert-Hochwasser 1999 stand das Clubhaus zeitweise 40 Zentimeter unter Wasser. Zur Freude der Kinder.
Beim Jahrhundert-Hochwasser 1999 stand das Clubhaus zeitweise 40 Zentimeter unter Wasser. Zur Freude der Kinder. | Bild: privat

Club startete als Wassersportverein

Reisbeck habe dann auch Interesse an der Vereinsgründung gehabt und damit den Hafenmeister Rudolf Honsell beauftragt. Blum erklärt zum Hintergrund, dass viele Reichenauer Bootsbesitzer damals rund um die Insel Bojen hatten, die aber die Gemeinde abbauen wollte. Diese sollten im neuen Hafen anlegen. Und so entstand 1970 der Club zunächst unter dem Namen Wassersportverein Insel Reichenau.

Reichenauer sind erst noch zurückhaltend

Doch das Interesse der Insulaner an dem neuen Verein hielt sich lange in Grenzen. Noch 1978 hätten Reichenauer nur etwa 25 Prozent der rund 200 Mitglieder ausgemacht, erklärt Weidemann. Heute sei es bei circa derselben Mitgliederzahl 60 Prozent. Hasenfratz erklärt, dieser Wandel habe um die Jahrtausendwende begonnen, weil eine größere Gruppe von Reichenauern Regatta segeln wollten, dies aber nur konnten, wenn sie Mitglied in einem Club waren. Blum und Jäger sind der Ansicht, das sei bis heute ein wesentlicher Anreiz für Leute, Mitglied zu werden. Denn an den Stegen im Hafen sei anders als in manch anderer Gemeinde für den Club nichts reserviert. Erst seit ein paar Jahren gebe es probeweise ein Punktesystem, bei dem Leute, die schon ein paar Jahre in der Gemeinde leben, bei der Vergabe der Liegeplätze bessere Chancen haben.

Wie das Weinfest entstanden ist

Unabhängig davon hat der YCIR einen ganz wesentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Leben auf der Insel geleistet, indem er das Weinfest initiierte. Und das kam so. Ende der 1970er-Jahre habe Bürgermeister Reisbeck dem Verein für den Bau eines Clubheims das Grundstück hinter dem heutigen Yachthafen-Restaurants in Erbpacht angeboten, berichtet Hasenfratz. Der damals neue erste Vorsitzende Herbert Kanis, ein Spediteur und Motorbootfahrer aus Konstanz, habe gemeint: Schön, aber wir haben kein Geld.

So reagierte der damalige Bürgermeister

Und dann habe er die Idee mit dem Weinfest gehabt. Worauf Reisbeck gesagt habe: „Das schafft ihr nie.“ Der Bürgermeister habe erklärt, dass bei einem solchen Fest alle Vereine mitmachen dürfen sollten, sagt Hasenfratz. Kanis habe dann auch alle gefragt. Viele machten mit. Wie man heute weiß, war es der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Kanis war auch einige Jahre der Geschäftsführer des Weinfests, ehe der Kultur- und Tourismuschef Karl Wehrle bis heute diese Aufgabe übernahm. Und das Clubhaus wurde 1981 eingeweiht.

Es fehlt eine Einnahmequelle

Das Wein- und Fischerfest ist in diesem Jahr ebenfalls ausgefallen. Vereinen fehlt damit eine wichtige Einnahmequelle. Claudia Blum erklärt: „Wir spüren das schon, aber es ist nicht existenzbedrohend.“ Auch bei der Mitgliederzahl sieht die Vorsitzende den Verein ganz gut aufgestellt. Tanja Jäger sagt: „Wir haben auch eine nette Jugendgruppe.“ Aktuell betreue Jugendwart Johannes Wolf sieben Kinder und Jugendliche. Dabei werde vor allem der Spaß am Segeln vermittelt. Eine konstante Jugendarbeit gebe es aber erst seit ein paar Jahren durch engagierte Trainer. Früher hätten meist nur Elternteile ihren eigenen Kindern und anderen das Segeln beigebracht. Aber auch diese erfolgreiche Jugendarbeit sei kein Garant für die Zukunft, erklärt Blum. Wegen Schule, Pubertät, Studium sei es „schwierig, die Jugend zu halten und den Verein fortzuführen“.