Es klingt nach einer verrückten Idee: Mitten in Pandemiezeiten ein Unternehmen gründen, um Olivenöl aus Griechenland zu importieren. Ausgerechnet jetzt ein solches Wagnis eingehen? Und dann auch noch auf ein Allerweltsprodukt wie Olivenöl setzen?

Die Zweifel zerstreuen sich beinahe gänzlich, hört man dem Konstanzer David Stumpp zu, der mit voller Begeisterung per Videokonferenz erzählt, was er und sein Kumpel Otto Brandstetter in die Tat umsetzen wollen.

Otto Brandstetter und David Stumpp während ihres gemeinsamen Griechenlandaufenthalts (von links).
Otto Brandstetter und David Stumpp während ihres gemeinsamen Griechenlandaufenthalts (von links). | Bild: Pouli
Das könnte Sie auch interessieren

Ihr Plan ist: Ökologisch und sozial nachhaltig produziertes Olivenöl nach Deutschland importieren, über eine Internetseite verkaufen und dadurch auch noch einen guten Zweck unterstützen, indem fünf Prozent des Umsatzes einer Hilfsorganisation für Flüchtlinge in Griechenland zugutekommt.

Die Idee dazu sei ihnen während eines gemeinsamen Urlaubs in der Gegend rund um Kalamata gekommen, einem der größten Olivenanbaugebiete Griechenlands, erzählt David Stumpp: „Wir waren beide schon immer große Olivenöl-Fans und das in Kalamata war einfach sehr, sehr gut.“

Die Gegend rund um die griechische Stadt Kalamata im November 2020.
Die Gegend rund um die griechische Stadt Kalamata im November 2020. | Bild: Pouli

Da er und Otto Brandstetter schon länger den Wunsch gehabt hätten, ein gemeinsames Projekt zu realisieren, sei nach und nach die Idee entstanden, es mit griechischem Olivenöl zu probieren.

Vor Ort hätten sie dann Kleinbauern bei der Ernte und dem Pressen der Oliven in den Olivenmühlen ausgeholfen. „Plötzlich war da ein ganz starker Bezug zum Produkt und dann haben wir gesagt: Wir probieren es“, erzählt David Stumpp.

In der Region um Kalamata im November 2020: Otto Brandstetter hilft mit bei der Ernte im Olivenhain von Vassilis, einem befreundeten ...
In der Region um Kalamata im November 2020: Otto Brandstetter hilft mit bei der Ernte im Olivenhain von Vassilis, einem befreundeten Kleinbauern. | Bild: Pouli

Aber ist denn der Olivenölmarkt in Deutschland nicht schon ziemlich gesättigt?

„Ja man denkt zuerst: Es gibt ja schon viel, aber dabei handelt es sich vor allem um italienisches oder spanisches Olivenöl. Griechisches ist noch nicht so verbreitet“, sagt Stumpp.

Gleichzeitig betont der 34-Jährige den ökologischen und sozialen Aspekt des Öls, das er und Brandstetter künftig unter dem Namen „Pouli“ (griechisch für Vogel) verkaufen wollen.

In der Region um Kalamata, Peloponnes, im November 2020: Otto Brandstetter und Erntehelferin Elena bei der Olivenernte.
In der Region um Kalamata, Peloponnes, im November 2020: Otto Brandstetter und Erntehelferin Elena bei der Olivenernte. | Bild: Pouli

Nachdem sie in Deutschland ihre Idee weiter ausgearbeitet hätten, seien sie im vergangenen November erneut nach Kalamata gereist, so Stumpp: „Wir hatten bereits vorher den Kontakt zu einer Kooperative hergestellt, die auf ökologischen Olivenanbau ohne Pestizide setzt und den ihr angeschlossenen Kleinbauern 15 Prozent über dem Durchschnitt bezahlt.“

Wieder vor Ort hätten sie wiederum bei Bauern mitgearbeitet und sich von den Standards der Kooperative überzeugt.

Doch was ist mit dem Wagnis, mitten in der Corona-Krise ein Start-up zu gründen?

Dass auch eine Pandemie David Stumpps und Otto Brandstetters Zuversicht nicht trüben kann, mag an den bisherigen Lebensläufen der Mittdreißiger liegen. Kennengelernt haben sie sich an einer Filmschule in Berlin. Beide hatten da bereits einen Studienabschluss in der Tasche: Stumpp in Internationalen Beziehungen und Brandstetter in Wirtschaftswissenschaften.

Nach der Filmschule realisierte Stumpp, der in Orsingen-Nenzingen aufgewachsen ist, einen Dokumentarfilm und gründete später mit einem Freund in Konstanz sein erstes Start-up zur Produktion und dem Verkauf von Pflege- und Schutzprodukten für Autos, Fahr- und Motorräder. Inzwischen ist daraus ein kleines Unternehmen geworden mit neun festangestellten und weiteren freien Mitarbeitern.

Das könnte Sie auch interessieren

Otto Brandstetter wiederum hat die vergangenen Jahre vor allem mit Reisen und längeren Aufenthalten in fernen und nahen Ländern verbracht. „Finanziert habe ich mir das über Saisonarbeit in der Schweizer Hotellerie.“

Und während einem seiner Auslandsaufenthalte sei er auf Lesbos mit dem Schicksal von dort untergebrachten Flüchtlingen konfrontiert worden, habe selbst eines frühen Morgens an der Küste eine Gruppe Menschen angetroffen, die kurz zuvor in einem Schlauchboot dort gelandet seien, erzählt Brandstetter dem SÜDKURIER.

Dieses Erlebnis sowie die Gespräche mit Flüchtlingshelfern und Geflüchteten vor Ort hätten sich bei ihm eingebrannt, betont Brandstetter.

Das könnte Sie auch interessieren

Teil des Verkaufserlöses soll Flüchtlingshilfe zugutekommen

Das bestätigt auch David Stumpp. Von Anfang an sei für sie daher klar gewesen, dass sie mit ihrem Olivenöl-Projekt auch die Hilfe für Flüchtlinge in Griechenland unterstützen wollten, so Stumpp: „Wir werden fünf Prozent des Umsatzes von jeder Flasche Olivenöl an Medical Volunteers International spenden.“

Diese Hamburger Hilfsorganisation sei bestrebt, die medizinische Grundversorgung für Geflüchtete an drei Standorten in Griechenland sicherzustellen und finanziere sich allein durch Spendengelder.

Eine britische Krankenschwester kontrolliert den Verband eines Flüchtlings. Sie hat zwischen Februar und Juli 2020 als freiwillige ...
Eine britische Krankenschwester kontrolliert den Verband eines Flüchtlings. Sie hat zwischen Februar und Juli 2020 als freiwillige Helferin die Arbeit von Medical Volunteers International auf Lesbos unterstützt. | Bild: Tessa Kraan/Medical Volunteers

Doch bevor Spendengelder fließen können, muss erst mal Olivenöl verkauft werden. „Die Struktur besteht, wir könnten loslegen, mit den ersten Lieferungen und dem Aufbau der Bestellseite im Internet“, erklärt David Stumpp.

Was dazu aber noch fehlt, ist das Startkapital. Ende Januar haben Stumpp und Brandstetter deshalb im Internet eine sogenannte Crowdfunding-Kampagne (www.startnext.com/pouli) gestartet, um ihr Projekt durch eine Schwarmfinanzierung anzustoßen.

Das könnte Sie auch interessieren