Vier Menschen und drei Generationen sitzen in den Räumen des Konstanzer Instituts für Strategische Innovation und Technologiemanagement an einem Tisch. Altersmäßig liegen sie zwar auseinander, aber mit ihren Ideen und Visionen könnten sie nicht enger beieinander sein. Sie wollen junge, gründungsinteressierte Menschen auf dem Weg zum ersten Unternehmen begleiten. Dazu haben sie nun ein Stipendium ins Leben gerufen. Die Summe: bis zu 100.000 Euro. Für gründungswillige Menschen mit innovativen Ideen.
Mit am Tisch sitzen Antje Freyth und Rainer Wiesner von der gemeinnützigen Initiative mit dem Namen „Unternehmer:innen für Gründer:innen“ (UfG), die 2018 ins Leben gerufen wurde. Sie haben beide Erfahrung mit der Gründung und Führung eines Unternehmens, Wiesner unter anderem durch seine jahrzehntelange Tätigkeit beim SÜDKURIER. „Wir wollen unsere Kräfte und unsere gesamte Erfahrung mit dieser Initiative bündeln und gegebenenfalls auch unsere Finanzen, um etwas zurückzugeben und es jungen Leuten leichter machen, wirtschaftlich auf eigenen Beinen zu stehen“, erklärt Wiesner.

Ziel der Initiative ist es, innovative Start-ups in der Region Konstanz zu fördern und sie beim Aufbau ihres Unternehmens zu unterstützen. So agieren die Unternehmer der UfG beispielsweise als Mentoren für die angehenden Gründer oder organisieren Veranstaltungen mit, wie beispielsweise jährlich stattfindende Hackathons, an denen über Tage hinweg gemeinsam an Projekten gearbeitet wird. Dazu kooperiert die UfG auch mit anderen Akteuren des Konstanzer Start-up-Netzwerks.
Kilometer1 fungiert als Bindeglied
Ein Teil dieses Netzwerks ist die Start-up-Initiative Kilometer1 von der HTWG und der Universität Konstanz, die die UfG bei der Ausrichtung des Stipendiums unterstützt. Vertreten wird Kilometer1 am Tisch durch die jüngste im Bunde, Rebecca Off. Sie ist akademische Mitarbeiterin am Institut und promoviert gerade. Zusätzlich engagiert sie sich bei der Initiative. Kilometer1 ist im Rahmen des Stipendiums vor allem das Bindeglied zwischen den Unternehmern und der Zielgruppe für das Stipendium, den Studierenden und Absolventen.

Dass es jetzt das Stipendium gibt, ergab sich durch einen glücklichen Zufall – und dank Sylvia Kalocsai. Zusammen mit ihrem vor vier Jahren verstorbenen Ehemann vertrieb Kalocsai mehrere Jahrzehnte lang weltweit Baumaschinen und ist mittlerweile im Ruhestand. „Statt stricken und singen wollte ich etwas sinnvolles machen. Ich will gerne mein Wissen und mein gewisses Vermögen für die Allgemeinheit investieren“, erklärt sie.

Durch einen Bericht im SÜDKURIER, in dem junge Gründer Geld für ihre Idee suchten, entstand zufällig der Kontakt zwischen Rebecca Off von Kilometer1 und Kalocsai. So kam der Stein ins Rollen und das Stipendium wurde schließlich nach Monaten der Konzeption von der UfG ins Leben gerufen, unterstützt von der Konstanzer Start-up-Initiative.
„Wir haben früh gesagt, dass wir mit Spenden eine Unterstützung suchen. Dass da jetzt eine sehr großzügige Spende kommt, die mit dem Mindelsee-Stipendium sogar einen eigenen Namen bekommt, hatten wir nicht schon 2018 im Kopf“, erklärt Freyth. Rainer Wiesner erklärt außerdem, Kalocsai nehme das Vorweg, was sich später erst hätte entwickeln sollen.

Nun bietet die UfG erstmals das Mindelsee-Stipendium an, das seinen Namen von der Gönnerin Kalocsai hat, die ihre Wurzeln in Allensbach hat. Wiesner macht aber klar: „Bei uns gibt es nicht 100.000 Euro zu gewinnen. Der Gesamttopf beträgt 100.000 Euro.“ Monatliche Zuwendungen, Mentoring und Coaching durch die UfG und Kilometer1, oder auch Sachmittel. Dies alles soll über ein Jahr aus dem Topf finanziert werden und wird an das jeweilige Projekt angepasst. Je nach Konstellation wäre also auch eine Unterstützung von zwei Start-ups möglich. Eine spätere Beteiligung an den Unternehmen ist nicht Teil des Stipendiums.
Bewerbungsfrist läuft bis Ende November
Bis zum 30. November können interessierte Gruppen oder Einzelpersonen ihre Bewerbungen einreichen. Danach wird das Feld auf zehn Bewerber eingegrenzt, die dann in einem sogenannten Pitch ihr Projekt vor einer Jury vorstellen. In einem finalen Pitch wird dann später unter den drei Finalisten entschieden, wer das Stipendium erhält. Gesucht werden nicht nur fertig durchgearbeitet Pläne. „Neben Zahlen, Daten und Fakten ist uns die Kernidee wichtig. Was ist das Innovative, was ist der Mehrwert, den jemand bringt?“, erläutert Freyth. Wer laut Jury die beste Idee hat, soll im Februar 2022 dann feststehen.
Auch wenn das Stipendium wie ein Höhepunkt wirkt – im Gespräch wird klar, dass die UfG erst am Anfang steht. „Ich glaube, dass das eine richtige Initialzündung wird. Nach Corona ein solches Signal auszusenden, das ist richtig gut“, so Wiesner. Eine Initialzündung, die nicht nur junge Studierende dazu inspirieren soll, zu gründen. Auch Unternehmer, die die Werte der UfG teilen, sollen so angesprochen werden und sich an der Initiative beteiligen.
Das übergeordnete Ziel sei es schließlich, den Standort Konstanz und die lokale Gründerkultur zu stärken. „Es ist für die Region wichtig, dass wir wirtschaftlich nachhaltig neue Unternehmen schaffen, die sich auch hier in der Region ansiedeln und hier in der Region einen Mehrwert bieten“, erklärt Off von Kilometer1. Das Geld ist dabei nur ein Faktor. Ein Netzwerk, in dem junge Unternehmer die alten Hasen um Rat fragen können. Wie am Tisch während dieses Gesprächs: Die junge Generation trifft auf die erfahrene Generation und am Ende steht eine Idee, die umgesetzt werden soll.