Außer dem Gartenhäuschen als Kommandozentrale im Versandlager ist beim Start-Up Exporto aus Konstanz nichts mehr so, wie es noch vor einem Jahr war. Das Gartenhäuschen steht dort, weil es lediglich 999 Euro gekostet, ein für den Zweck vorgesehener Bürocontainer dagegen 10.000 Euro. Bereits hier stand der Kosten- und Effizienzgedanke der Gründer im Vordergrund.

Und der macht sich scheinbar bezahlt: Im Mai hatte Exporto noch weniger als fünf Mitarbeiter, mittlerweile sind es über 50 – in nicht einmal einem halben Jahr. Für den raschen Aufstieg des Unternehmens sind unter anderem zwei junge Männer verantwortlich. Zwei Männer mit einer zündenden Idee und einem hochgesteckten Ziel: den Handel in die Schweiz zu revolutionieren.
Die Gründer hatten keine Lust auf ein Angestelltenverhältnis
„Alles hat damals sehr klein angefangen“, sagt der 25-jährige Gründer und Geschäftsführer Julius Komp im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Er und sein Freund Pascal von Briel, 27 Jahre alt, wuchsen in Stockach auf und machten beide danach eine Ausbildung. Komp im Automobilsektor, von Briel in der Immobilienbranche. Doch von Anfang an war klar: In einem Angestelltenverhältnis wollten beide langfristig nicht bleiben.
Dann erlebte Julius Komp einen augenöffnenden Moment. „Ich wollte ein neues Handy kaufen“, so Komp. Und da er in Schaffhausen arbeitete, ging er dort in ein Elektrofachgeschäft, um festzustellen, dass das Mobiltelefon um einiges teurer war als in Deutschland. Es war eines seiner ersten richtigen Berührungspunkte mit den Preisen des Handels in der Schweiz, sagte er.
„Für mich war dieser Preisunterschied geradezu brachial“, sagt er. Und er wunderte sich, wie sich viele Geschäfte, so nahe zur deutschen Grenze, sich bei unseren Nachbarn überhaupt etablieren, geschweige denn halten konnten. Das hat er bis heute nicht verstanden, sagt er.

Im Gespräch mit seinem Kumpel entstand dann die erste Idee: Verschiedene Waren, vorrangig Elektronik oder Artikel aus dem Baumarkt, in Deutschland einkaufen und in der Schweiz teurer verkaufen. Gesagt, getan, so gründeten die beiden ihren ersten Online-Shop. Doch schnell stieß man an seine Grenzen: den Zoll. Zu dieser Zeit versendeten die beiden fünf bis zehn Artikel pro Tag in die Schweiz, die Verzollung dafür dauerte ein bis zwei Stunden. „Und dann fragten wir uns: Was machen wir, wenn wir 100 Bestellungen haben?“, erzählt Julius Komp. Langfristig würde man so nicht weiterkommen.
Deshalb kauften die beiden eine Software, die die Zollabwicklungen automatisch durchführt. Doch auch hier wären sie bei mehr Bestellungen schnell am Ende ihrer Möglichkeiten gewesen. Das Ziel war zu diesem Zeitpunkt schon, den Prozess so weit wie möglich zu automatisieren. Immer öfter habe man Anfragen von anderen Online-Shops bekommen, wie man genau vorgehe, wenn man Waren in die Schweiz versende. Ein schwieriger und aufwendiger Prozess – für die gesamte Branche des Online-Handels.
Also dachten die beiden Gründer einen Schritt weiter: Warum entwickelt man keine Software, die all das übernimmt, und die an jeden anderen Online-Shop angeschlossen werden kann und die Zollanmeldung selbstständig komplett automatisch generiert. In diesem Zug kam die Idee zum Unternehmen Exporto auf. Das war Anfang 2020. Für dieses Vorhaben konnten die beiden Gründer eine IT-Firma aus Aschaffenburg gewinnen, die mit ihnen gemeinsam die Software entwickelte: „Dann wurden die ersten Zahlen Exporto-Code geschrieben“, sagt Komp rückblickend.

Wenig später wurden dann Tag für Tag zehn bis 15 Pakete über den Zoll nach Kreuzlingen gebracht, es gab erste Mitarbeiter und das Start-Up besorgte sich als Lieferwagen einen alten Citroën. Das war im Oktober 2020. Heute, ungefähr ein Jahr später, versendet Exporto täglich bis zu 6000 Pakete in die Schweiz. Angestellt sind mittlerweile über 50 Mitarbeiter an vier verschiedenen Standorten.
Das Geniale: „Die Onlineshops versenden das Paket so, als würden sie nach Deutschland verkaufen und der Schweizer Endkunde bestellt so, als würde er in der Schweiz bestellen“, sagt Julius Komp sichtlich stolz. Von Exporto selbst bekommt niemand etwas mit, der Endkunde bemerkt nicht, dass er in Wirklichkeit in Deutschland bestellt.
Das Start-Up will hoch hinaus
Nun steht für das junge Unternehmen der nächste Schritt an: Die beiden Gründer wollen hoch hinaus, genauer gesagt nach Großbritannien. Denn auch dort ist der Onlinehandel beziehungsweise die Verzollung durch den Brexit entscheidend erschwert worden. Deshalb haben die Gründer nun nach Aachen expandiert und auch dort eine Gewerbefläche angemietet. Von dort soll der Versand auf die Insel über den Eurotunnel geregelt werden. Das Projekt soll Anfang 2022 Priorität haben.

Doch damit nicht genug: Das Team um Julius Komp und Pascal von Briel will zukünftig in einen noch größeren Markt außerhalb der Europäischen Union drängen. In die Vereinigten Staaten. Stetiges Wachstum will das Unternehmen erreichen und sich ständig verändern. Doch eins soll laut Julius Komp immer bleiben, egal wie hoch hinaus es noch für das Start-Up geht: Ein Gartenhäuschen als Kommandozentrale im Versandlager.