Irgendwann im Laufe des Abends stellte sich die Frage ganz von alleine: Warum bin ich eigentlich nicht Schauspieler geworden? Oder Musiker? Oder am besten beides?

Musiker, Schauspieler und Zuschauer singen und tanzen zusammen

Die singenden, tanzenden und spielenden Entertainer auf der Bühne des Stadttheaters hatten ganz offenbar riesige Freude und noch mehr Spaß bei der Ausübung ihrer Arbeit, die Zuschauer im picke packe vollen Saal ließen sich davon anstecken und verwandelten das altehrwürdige Theater in einen Tanzpalast. Am Ende von „It takes one to know me“, einer Hommage an den großen Johnny Cash, verschmelzten Gäste, Schauspieler und Musiker zu einer homogenen, feiernden Masse. Nach der fünften (!) Zugabe gingen die Menschen lächelnd nach Hause.

Drogen begleiteten Johnny Cash sein Leben lang

Dabei war das Leben des 2003 verstorbenen Musikers alles andere als lustig oder gar amüsant. Rauschmittel waren sein ständiger Begleiter, er schluckte jahrzehntelang Tabletten. Johnny Cash war einerseits der geniale Musiker, der über 500 Songs schrieb und 53 Millionen Tonträger verkaufte. Andererseits war er ein Getriebener und Zerrissener, der irgendwann die Orientierung verlor.

Die Schauspieler André Rohde und Ingo Biermann stellten gemeinsam die ambivalante Hauptperson dar, sie gaben dem Menschen Johnny Cash ein liebenswertes und zerbrechliches Gesicht. André Rohde verkörperte den verspielten, charmanten und mit dem weiblichen Publikum flirtenden Johnny Cash, die Rolle passte perfekt zu ihm. Ingo Biermann war der zweifelnde, hadernde Johnny Cash. Das Wechselspiel der kongenialen Darsteller wurde vervollständigt durch Laura Lippmann. Sie spielte June Carter, die zweite Ehefrau des Musikers.

André Rohde und Ingo Biermann spielten die zwei Gesichter des Johnny Cash. Laura Lippmann war June Carter, die zweite Ehefrau des Musikers.
André Rohde und Ingo Biermann spielten die zwei Gesichter des Johnny Cash. Laura Lippmann war June Carter, die zweite Ehefrau des Musikers. | Bild: FEZE

Komplettiert wurde das Stück durch die hinreißenden Musiker Stefan Gansewig, Frank Denzinger, Rudolf Hartmann und Albert Ketterl. Als Regisseur Wulf Twiehaus und Dramaturgin Laura Ellersdorfer 2014 Johnny Cash erstmals im Stadttheater zum Leben erweckten, war kaum abzusehen, dass ihr Werk so erfolgreich werden würde. Immer wieder kommt es zur Wiederaufnahme des Stücks – und immer wieder sind die Karten schnell vergriffen.

Irgendwo zwischen Schauspiel und Musical

Es hat sich bereits eine Fangemeinde gebildet, wer kann, geht mehrmals in die großartige Schauspiel, das irgendwo zwischen Musical und Theater anzusiedeln ist. Würde Johnny Cash noch leben, wäre er am Freitag ins Stadttheater gegangen und hätte sich großartig unterhalten. Ganz gewiss. Das einzig Blöde an der Veranstaltung: irgendwann war auch sie zu Ende.