Das Zitat hatte Albrecht Zeitler mit Bedacht gewählt: „Stehe an der Spitze, um zu dienen, nicht, um zu herrschen.“ Das ist es, was der neue Chef des Konstanzer Finanzamts seinen Mitarbeitern sagt. Zugleich macht Zeitler aber auch klar: Die Finanzverwaltung des Landes Baden-Württemberg, in der er bereits auf eine 17-jährige Karriere zurückblicken kann, existiert nicht zum Selbstzweck. Sondern um den Staat in die Lage zu versetzen, Kinder an den Schulen lernen zu lassen, die Bürger mit der Polizei vor Unrecht zu schützen oder das Gemeinwesen mit Kulturangeboten zu stärken. Über das Finanzamt Konstanz leisten dazu Bürger, Körperschaften und Unternehmen einen großen Beitrag: 1,4 Milliarden Euro betrug das Steueraufkommen im Jahr 2014, für 2015 wird eine nochmals höhere Summe erwartet.

Die 165 Mitarbeiter und 22 Anwärter, für die Zeitler nun die Verantwortung trägt, dürften nicht nur das Zitat des Zisterzienser-Abts mit Freude gehört haben, der vor mehr als 900 Jahren geboren wurde. Zeitler stellte sie in seiner Rede zum Amtsantritt mehrfach in den Vordergrund. Als „selbstbewusste, freundliche und kooperative Menschen“ habe er die Mitarbeiter seiner neuen Dienststelle erlebt – das Team jener Behörde, die in einer bundesweiten Umfrage 2014 immerhin zum zweit-kundenfreundlichsten Finanzamt Deutschlands gewählt wurde. Gerade durch die vielen grenzüberschreitenden Themen sei „viel Spezialwissen vorhanden“, hat Zeitler festgestellt.

In der Tat hat das Konstanzer Finanzamt einige außergewöhnlichen Aufgaben, wie Peter Hofelich, Staatssekretär im baden-württembergischen Ministerium für Finanzen und Wirtschaft bei der Amtsübergabe sagte. So wird von Konstanz aus die Veranlagung zur Umsatzsteuer für alle Schweizer und Liechtensteiner Unternehmen vorgenommen, die in Deutschland Geschäfte machen. So kommt es auch, dass den 149 Millionen Euro Lohn- und weiteren 128 Millionen Euro Einkommenssteuer die ungewöhnlich hohe Summe von 959 Millionen Euro Umsatzsteuer gegenübersteht. So kommt es zu der für ein vergleichsweise kleines Finanzamt zum vergleichsweise hohen Steueraufkommen von 1,4 Milliarden Euro.

In seiner Rede nahm Hofelich den neuen Konstanzer Finanzamts-Chef auch in die Pflicht, an den Zielen des Landes mitzuwirken: „Steuerhinterziehung bekämpfen, Schlupflöcher schließen, Vereinfachung voranbringen.“ Nur so sei es möglich, zugleich zu investieren und den Landeshaushalt zu konsolidieren – also endlich keine neuen Schulden mehr zu machen. Dass er Albrecht Zeitler diese Aufgabe zutraut, daran ließ Hofelich keinen Zweifel: „Mit seinen bisherigen Erfahrungen bringt er die besten Voraussetzungen mit, das Finanzamt Konstanz erfolgreich zu führen“, so der Staatssekretär.

Zeitler selbst kündigte an, er werde sich zunächst in all die Grenz-Themen einarbeiten. In seiner bisherigen Aufgabe in der Oberfinanzdirektion Karlsruhe – deren Chefin Andrea Heck des Lobes voll war über ihren scheidenden Mitarbeiter – hatte er damit noch nicht so viel zu tun. Und auch ein Termin mit Oberbürgermeister Uli Burchardt steht an, denn der hat mit dem Finanzamt „einige Themen“, wie er sagte, unter anderem geht es um Steuerfragen im Zusammenhang mit dem Bodensee-Forum. Burchardt hatte übrigens auch ein schönes Zitat, das er auf Albrecht Zeitler ebenso münzte wie auf seine Behörde: Ein Finanzamt und ein Chef, das sei „wie der Regen. Niemand will ihn, aber jeder weiß, dass es ohne ihn nicht geht.“


Albrecht Zeitler und seine Behörde

Der Mann: Albrecht Zeitler wurde 1970 in Reutlingen geboren. Er studierte Jura an den Universitäten Göttingen und Freiburg. Im März 1999 trat er beim Finanzamt Freiburg-Land in den Dienst der Steuerverwaltung des Landes ein. Im November 1999 folgte die Abordnung an das Finanzamt Baden-Baden und im August 2000 die Versetzung an das damalige Finanzamt Bühl, bei dem er als ständiger Vertreter des Vorstehers tätig war. Von November 2003 bis Januar 2016 war er als Referent an der Oberfinanzdirektion Karlsruhe zunächst fast zehn Jahre für Umsatzsteuer und anschließend für Organisationsfragen zuständig. Seit 15. Januar leitet er als Vorsteher das Finanzamt Konstanz. Seine Vorgänger waren Jan Schulz (ab 2011) und Gottfried Borsch (2007-2011).

Das Amt: Das Finanzamt Konstanz ist für die Gemeinden Konstanz, Allensbach und Reichenau zuständig und betreut damit rund 95 000 Bürger. Das Land Baden-Württemberg hat für die Behörde einen Teil des einst für die Firma Altana gebauten Würfel-Hauses an der Byk-Gulden-Straße gemietet, das Gebäude des früheren Dienstsitzes am Bahnhofplatz ist verkauft. Das Finanzamt Konstanz ist in zwölf Sachgebiete gegliedert und hat 165 Bedienstete sowie 22 Anwärter. 66 Prozent der Mitarbeitenden sind Frauen, der Altersschnitt ist mit 43,5 Jahren im Landesvergleich jung. Eine der größten aktuellen Herausforderungen für das Amt ist die Digitalisierung. (rau)