Günstige Wohnung sind in Villingen-Schwenningen rar gesät und damit heiß begehrt. Große Hoffnung wurde und wird daher in den Sozialwohnungsbau auf dem ehemaligen Kasernengelände Oberer Brühl gesetzt. Doch nun wurde kein Großinvestor gefunden. Wie geht es jetzt weiter?
Wer etwas mehr Bargeld auf dem Konto hat, trifft auf dem Wohnungsmarkt inzwischen auf eine befriedigende Auswahl. Schlecht sieht es für die anderen aus. Da hätte der Obere Brühl Abhilfe schaffen können und vielleicht tut er es ja auch noch. Bis Januar 2026 hatte sich die Stadt verpflichtet, dort 126 sozial geförderte Wohnungen zu errichten, bestätigt Verwaltungssprecherin Madlen Falke.

Zurückzahlen oder Frist verlängern
Der Deal war: Die Stadt erhält das Grundstück, das nach dem Abzug der französischen Armee an die Bundesrepublik Deutschland zurückgefallen war, zu einem günstigeren Preis und schafft erschwinglichen Wohnraum. Sollte der Bau von Sozialwohnungen nicht erreicht werden können, so müsse die Stadt einen Teil der Verbilligung für das Grundstück zurückzahlen oder die Frist könne verlängert werden, berichtet die Verwaltungssprecherin weiter.
Die Vermarktung der Wohnbauflächen des Zukunftsprojektes Oberer Brühl werden indessen, nachdem sich aufgrund der momentan angespannten Situation am Wohnungsbaumarkt kein Großinvestor gefunden habe, in kleineren Einheiten erfolgen. Eine entsprechende Vorlage für den Gemeinderat werde momentan vorbereitet, sagt Falke.
Versuch mit kleineren Einheiten
Die Stadt ist mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben im Austausch. Ob eine Fristverlängerung überhaupt notwendig sein werde, sei aktuell noch abzuwarten.
Die Verwaltungsbauten sowie der Kindergarten befinden sich in der aktiven Umsetzungsphase und im Zeitplan. Sie seien nicht vom Sachverhalt betroffen und können wie geplant weiter vorangetrieben werden.

Doch wenn nun der Bau in kleineren Einheiten erfolgen soll, ist das nicht doch wieder eine Chance für die heimischen Anbieter? Wir haben nachgefragt.
Der Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft (Wbg), Rainer Müldner, sieht derzeit „eine Kernschmelze“ auf dem Markt für geförderten Wohnungsbau. Höhere Baukosten und Zinsen sowie gleichzeitig geringere staatliche Förderung bilden eine giftige Mischung.

Das bedeutet für Müldner beim Oberen Brühl: „Wir würden uns gerne engagieren“, aber es gehe nicht. Zunächst werde das eigene Projekt in der Schwenninger Sturmbühlstraße umgesetzt. Dort wurden bereits vor zwei Jahren die alten Gebäude abgerissen, doch seitdem harzt es.
„Wir werden in der Sturmbühlstraße seriell bauen.“Rainer Müldner, Wbg-Geschäftsführer
Die höheren Baukosten stellt die Wohnungsbaugesellschaft vor Herausforderungen, die sie mit einer neuen Herangehensweise begegnet. Das städtische Unternehmen wird sich daher mit einem großen Generalunternehmer zusammentun, um so weit wie möglich „seriell zu bauen“, also vorgefertigte Teile verwenden, um die Kosten zu drücken.
2025 will die Wbg beginnen, die 110 bis 120 Wohnungen zu bauen. Auch auf zusätzliche Fördertöpfe, die derzeit sehr schnell leer sind, aber ohne die es nicht geht, hofft der Wbg-Geschäftsführer. Die Investition würde die Situation zumindest in Schwenningen entspannen. Auch für Villingen ist Müldner, wenn auch eher auf mittlere Sicht, optimistisch.

Bauzeit knapp bemessen
Die im Oberen Brühl veranschlagte Bauzeit bis Anfang Januar 2026 hält er Müldner persönlich für schwierig umsetzbar und eine Verlängerung bis 2030 für denkbar. Dass sich Investoren, beispielsweise geschlossene Immobilienfonds, finden lassen, die nicht darauf angewiesen sind, Fremdkapital aufzunehmen, sei realistisch.
„Interesse haben wir.“Sebastian Merkle, Familienheimvorstand
Doch auch andere beobachten die Entwicklung: Die Villinger Baugenossenschaft Familienheim kann sich im Gegensatz zur Wohnungsbaugesellschaft vorstellen, einzusteigen: „Wir werden uns das neue Vergabeprozedere auf jeden Fall anschauen. Interesse haben wir. Ob wir es uns leisten können, werden wir sehen“, erklärt auf Anfrage Familienheimvorstand Sebastian Merkle.
Baupreise zu hoch
Sollte die Entscheidung gegen ein Engagement am Oberen Brühl fallen, liege das vor allem daran, dass die Baupreise weiterhin sehr hoch seien. Die Förderung kompensiere diesen Preisanstieg noch nicht. Die Miete, welche für Neubauten realisiert werden müsste, seien auf dem Wohnungsmarkt VS nicht erzielbar oder nicht mehr genossenschaftlich vertretbar.
Zusätzlich gebe die Baugenossenschaft Familienheim aktuell so viel Geld wie noch nie für den Bestandserhalt und neue Heizungstechnik aus. Dieses Geld fehle natürlich, um weitere Neubauvorhaben umzusetzen, sei aber auch im Bestand sehr gut investiert und sichere eine bezahlbare Miete in VS und Umgebung.
Familienheim baut, aber nicht hier
Aktuell baut die Baugenossenschaft an einem sehr innovativen Projekt mit knapp 35 sogenannten Cluster-Wohnungen in der Universitätsstadt Tübingen. Die Planung dieses Projektes wurde bereits vor Jahren gestartet, die Familienheim werde dieses Projekt Anfang 2025 abschließen können.
Grundsätzlich stellt Merkle fest: „Wir können uns vor Anfragen aus verschiedenen Gemeinden aktuell kaum retten. Fast wöchentlich kommen aus sehr interessanten Städten und Gemeinden Angebote für eine Zusammenarbeit.“ Von daher könne es gut sein, dass in nächster Zeit auch noch ein weiteres Projekt außerhalb von VS umgesetzt werde.
Mietniveau anderswo höher
Diese Projekte funktionieren aber alle nur wegen des viel höheren Mietniveaus in besagten Märkten. Genossenschaftlich sei es für Familienheim aber wichtig, auch in solchen Märkten präsent zu sein, da „wir mit dem dort verdienten Geld eine genossenschaftsinterne Quersubventionierung durchführen können“.