Wie wird künftig an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in der Doppelstadt erinnert? Zweimal hat eine Mehrheit des Gemeinderates – 2004 und 2013 – die Verlegung von Stolpersteinen abgelehnt und stattdessen die Errichtung eines Mahnmals angeregt. Dies lehnen die Befürworter der Stolperstein-Aktion aber ab. Jetzt will Oberbürgermeister Kubon alle in dieser Sache Engagierten, kirchliche Vertreter, Mitglieder des Vereins Pro Stolperstein und Kommunalpolitiker zu einer Art Runden Tisch einladen. „Das ist dem Oberbürgermeister ein wichtiges Anliegen“, erklärt Pressesprecherin Oxana Brunner auf Anfrage. Das Gespräch soll völlig offen geführt werden, ohne sich im Vorfeld schon auf irgendetwas festzulegen. So möchte Rupert Kubon ausloten, wie die Erinnerung an die ermordeten jüdischen Mitbürger künftig wach gehalten werden soll.
- Rückblende: Als der Gemeinderat 2013 die Verlegung von Stolpersteinen erneut ablehnte, regten die Fraktionen der CDU und Freien Wähler, aus deren Reihen die meisten Kritiker kamen, die Errichtung eines Mahnmals an. Dieses sollte die Namen und die Lebensdaten der von den Nationalsozialisten im Dritten Reich verfolgten Menschen beinhalten. Ein Mahnmal sollte vor dem Rathaus in Schwenningen errichtet werden und eines vor dem Villinger Rathaus. Denkbar sei auch, so formulierten es die Fraktionen damals, ein gemeinsames Mahnmal für die Opfer aus beiden Stadtbezirken zu schaffen. Für die Gestaltung sollten mehrere Künstler aus der Region angefragt werden. Außerdem sollte sogar eine Gedenktafel gestaltet werden, die künstlerisch mit dem Mahnmal korrespondiert und die von Hausbesitzern an ihren Häusern angebracht werden könne, in denen einstmals Juden gewohnt haben. Dies solle aber ausschließlich freiwillig erfolgen. Allerdings wurde der Antrag dann im März 2014 von der Tagesordnung des Verwaltungsausschusses genommen, man wolle erst die Veröffentlichung der Stadtchronik abwarten, in der die Geschichte des Nationalsozialismus gründlich aufgearbeitet werden sollte.
Das ist die Gedenktafel in der Nähe der ehemaligen Synagoge in der Gerberstraße – eher lieblos in eine Ecke gezwängt. Bild: Jochen Hahne - Aktueller Sachstand: Die Chronik ist im Oktober 2017 erschienen, jetzt ist es vier Jahre her, dass die Debatte über ein Mahnmal ausgesetzt worden ist und was ist passiert? Renate Breuning, Fraktionssprecherin der CDU, sieht eine Verpflichtung, eine Gedenkstätte oder ein Mahnmal zu realisieren: „Wir stehen da zu unserem Wort.“ Ihrer Meinung nach, in der Fraktion sei über dieses Thema noch nicht diskutiert worden, mache es Sinn, über ein Mahnmal im Zuge der nächsten Haushaltsberatungen zu diskutieren. Sie findet, dass die Stolperstein-Befürworter auch akzeptieren müssten, dass es nicht die einzige Form des Gedenkens ist. Als möglichen prominenten Standort für ein Mahnmal nannte Breuning den Münsterplatz. Der Fraktionssprecher der Freien Wähler, Andreas Flöß, will sich erst mit der Fraktion beraten, bevor er etwas zu diesem Thema sagt. Für die Grünen formulierte Hans-Joachim von Mirbach ganz klar: „Unsere Position hat sich nicht verändert, wir wollen die Stolpersteine nach wie vor.“ Auf keinen Fall wolle er eine Diskussion über ein Mahnmal und die daraus resultierenden Kosten. Die FDP will ebenfalls in einer Fraktionssitzung über das Thema beraten, wie Dirk Caroli auf Anfrage des SÜDKURIER erklärte. „Ich persönlich bin jeder Form eines Denkmals gegenüber aufgeschlossen“, so Caroli. Stolpersteine lehne er allerdings ab, weil da quasi ein Künstler das Patent darauf habe und das habe nichts mit freier Marktwirtschaft zu tun. Er fände es schöner, wenn ein Künstler aus der Region zum Zuge käme.