Ende des Monats ist es vorbei. Das Hotel Ketterer schließt. Wieder einmal in der so wechselvollen Geschichte dieses Hauses ist offen, wie es weitergehen kann. Ein Mitglied der Konstanzer Eigentümerfamilie Küchler bestätigte am Dienstag auf SÜDKURIER-Anfrage, was in der Stadt die Spatzen bereits von den Dächern zwitschern: Das Hotel Ketterer, zuletzt als eine Art Boardinghouse am unteren Preissegment geführt, schließt Ende April. Ab dem 1. Mai werden die Zimmer leer stehen, die Flure verwaist bleiben. Ein überaus markantes Anwesen, das in der Villinger Stadtgeschichte immer wieder eine Rolle gespielt hat, wartet auf ein neues Zukunftskonzept.
"Alle Optionen sind für uns denkbar", sagt ein Mitglied der Familie Küchler, mit dem der SÜDKURIER am Dienstag sprechen konnte. Die vermögende Konstanzer Familie hat noch nicht klären können, wie es weitergeht. "Ein Verkauf ist denkbar, aber auch ein von unserer Erbengemeinschaft getragenes, neues Konzept", hieß es jetzt weiter.
Das dreigeschossige Großgebäude zwischen Bickentor und Brigachufer ist bereist vielfach aufgeteilt und umgenutzt worden. Die Familie Küchler hat sich vor allem auf Grund von Brandschutzauflagen dazu entschlossen, das jetzt Haus zu schließen. Eine kurzfristige Reaktion sei dies keineswegs, heißt es weiter aus der Eigentümerfamilie. Die Auflagen der Behörden seien schon "einige Zeit bekannt".
1994 ist das Anwesen von den Küchlers gekauft worden. Ein Pächter betrieb das Haus bis 1998. 2005 erfolgte die Wiedereröffnung. "Wir sind keine Hotelexperten", verlautbarte es am Dienstag weiter gegenüber dieser Zeitung. Der Sprecher der Eigentümer räumt auch aktuell sehr freimütig ein, dass in der Familie aktuell sehr private Themen die Agenda dominierten. Nach Todesfällen stehe nun faktisch eine Eigentümergemeinschaft hinter dem Villinger Haus. "Eine Eigentümergemeinschaft, die sich sehr einig ist", wie weiter jetzt betont wurde.
Das Ketterer war noch in den neunziger Jahren als familiengeführter Hotelbetrieb im Landkreis eine feste Größe. Und in Villingen sowieso: Der Stammtisch des früheren Landtagsabgeordneten traf sich hier ebenso wie Runden von Stadträten, die hier oft bis spätnachts ihre Politik entwickelten. Für Normalbürger war das Haus oft mehr einen Tick zu schick. Das lag auch daran, dass das Ketterer früher als Deutscher Kaiser firmierte. In der jüngeren Geschichte des Hauses fanden hier die Bälle der Alten Jungfere statt, sagenumwoben ist ein Auftritt der Spittelsänger bei dem Damenball im Ketterer. Schon früher war das Haus gesellschaftlicher Treffpunkt. So fanden die Abschlussbälle der Tanzschule Hägle immer im Saal des Deutschen Kaisers statt, ist alten Aufzeichnungen zu entnehmen.
Eine scheinbare Banalität machte das Ketterer in seiner Blütezeit ab den sechziger Jahren besonders beliebt: Die vielen Fenster des Hauses waren den Sommer über liebevoll bestückt mit dicht besetzten Blumenkästen. Das Blumen-Hotel wurde das Haus deshalb auch gerufen. Der Weg am Hotel vorbei zum Bahnhof war und ist bis heute viel frequentiert. Dass in der Gaststube von einst heute ein Vietnamese bewirtet, gilt aus Ausdruck eines Wandels, der dieses Haus nun neuerlich zu ergreifen droht.
Zur Historie
Der Villinger Deutsche Kaiser ist als Vorläufer des Hotel Ketterer im Jahr 1884 als Gasthaus und Hotel eröffnet worden. Wirte waren: ab 1884: Eligius Kuner. 1902 bis 1912 Rudolf Göth. 1927 bis 1962: Ernst Heyne. Gegenüber lag seinerzeit vor dem Bickentor das Hotel Deutscher Hof. Das Gebäude des Neckarverlags wird heute auch als Haus der musik in Villingen genutzt. (tri)