An ihre Grenzen geraten ist in den vergangenen Monaten die Führerscheinstelle des Landratsamtes. Wer einen neuen Führerschein beantragt, muss sehr viel Geduld mitbringen. Rainer Kern aus Vöhrenbach wartet beispielsweise schon seit über einem Jahr auf das neue Dokument.
Wie Millionen Bundesbürger muss auch Kern, Jahrgang 1955, seinen alten Papierführerschein gegen einen neuen, angeblich fälschungssicheren EU-Kartenführerschein umtauschen. Am 3. Januar 2022 hat er daher pflichtschuldigst ein neues Exemplar beim Landratsamt beantragt. Doch bis heute wartet er und wartet. Die Gebühr hat er bereits im Juli vergangenen Jahres dafür entrichtet.
Verzugsgebühr vom Landratsamt gefordert
Um die Behörde wach zu rütteln, hat der Vöhrenbacher vor wenigen Tagen der Führerscheinstelle einen selbst entworfenen Gebührenbescheid zugesandt. Darin hat er die Behörde zur Zahlung von 30 Euro „Verzugsgebühr“ aufgefordert. Dies erschien ihm zum „einjährigen Jubiläum“ seiner Antragstellung als angemessen.
Der Fall von Rainer Kern ist zwar ein Extrembeispiel. Aber: Die Umstellung der alten auf die neuen Führerscheine hat besonders im vergangenen Jahr zu erheblichen Bearbeitungsrückständen bei der Führerscheinstelle im Villinger Landratsamt geführt. Antragsteller aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis mussten oft Monate lang warten, bis sie die neue Dokumente bekamen.
Lange Wartezeiten auch für Fahrschüler
Betroffen waren und sind auch Fahrschüler. Denn diese benötigen vom Landratsamt die Zulassung für die Führerscheinprüfung. „Wir hatten schon Wartezeiten von drei bis vier Monaten“, berichtete der Villinger Fahrlehrer Siegfried Blessing. Früher dauerte die Bearbeitung meistens eine Woche.
Doch inzwischen, so stellt er erfreut fest, „hat das Landratsamt wieder stark aufgeholt“. Die Bearbeitung der Unterlagen liege meist bei nur noch drei bis vier Wochen. Damit könnten die Fahrschulen und auch die Fahrschüler gut leben.
Diese positiven Trend bestätigt auch Fahrlehrer Peter Kratt aus Villingen. Im vergangenen Jahr habe die Bearbeitung bis zu vier Monate gedauert, schildert er. „Die Behörde ist aber wieder auf gutem Weg“, bescheinigt er der Führerscheinstelle.
Die Arbeit hat sich vervierfacht
Warum hat es so stark geklemmt? Auf die Führerscheinstelle prasselten im vergangenen Jahr durch die Umtauschpflicht zum normalen Geschäft noch zusätzlich rund 4500 Umstellungsanträge ein, berichtete das Landratsamt.

Normalerweise bearbeitete die Führerscheinstelle vor dem Beginn des Pflichtumtauschs die Ausstellung von rund 1100 Führerscheinen pro Jahr. Der Aufwand in diesem Bereich habe sich „also vervierfacht“, teilte die Pressesprecherin des Landratsamtes, Heike Frank mit.
Aktuell müsse die Führerscheinstelle noch zirka 1200 offene Anträge abarbeiten. Doch inzwischen geht es schneller. „Bei unserer Führerscheinstelle können wir in Teilbereichen feststellen, dass sich die Situation hinsichtlich der Bearbeitungszeiten deutlich gebessert hat“, berichtet Behördensprecherin Frank.
Bearbeitung derzeit bei sechs bis zehn Wochen
Allerdings blieben die Umstellungsanträge auf den EU-Kartenführerschein „weiterhin eine Herausforderung“. Die Bearbeitungsdauer bei Anträgen auf Ersterteilung oder Erweiterung der Fahrerlaubnis hat sich auf zirka sechs Wochen verringert. Bei Anträgen auf Verlängerung, Neuerteilung oder Umschreibung der Fahrerlaubnis liege sie bei neun bis zehn Wochen. Insofern haben sich die Bearbeitungszeiten in den meisten Bereichen deutlich verbessert. Aktuell gebe es keine nennenswerten Beschwerden.

Und der Fall des Vöhrenbacher Rainer Kern? In diesem Einzelfall, so räumt das Landratsam ein, sein ein Fehler passiert. „Bei dem Antragsteller haben wir uns für das Versehen entschuldigt“, ergänzt die Behördensprecherin. Der neue Führerschein sei inzwischen bestellt worden.
Die 30 Euro Verzugsgebühren, die Rainer Kern dem Landratsamt gerne in Rechnung stellen würde, wird der Kreis aber nicht bezahlen. Dafür gibt es, gewiss zum Bedauern so mancher Bürger, leider keine Rechtsgrundlage.