„Für mich ist das Klinikum nach wie vor ein Vorzeigeprojekt“, betont VS-Oberbürgermeister Jürgen Roth mit Blick auf die vergangenen zehn Jahre. „Wir haben dort oben ein tolles Krankenhaus der Maximalversorgung.“

Aber: Die Erfolgsgeschichte bekommt Risse. Wie die meisten anderen Kliniken in Deutschland kämpft auch das neue Haus im Zentralbereich von Villingen-Schwenningen mit einem sich zuspitzenden Fachkräftemangel im ärztlichen, pflegerischen und technischem Bereich. Und wie viele anderen Kliniken gerät das Krankenhaus in eine wirtschaftliche Schieflage.

Ein Verlust von 14 Millionen erwartet

Die Geschäftsleitung erwartet in diesem Jahr erneut ein Minus aus dem laufenden Betrieb. Zum nunmehr dritten Mal in Folge. Zuletzt lief im vergangenen Jahr 2022 ein Defizit von 11,3 Millionen Euro auf. Dieses Jahr rechnet die Klinikleitung mit einem Minus von knapp 14 Millionen. Müssen sich Stadt und Kreis daran gewöhnen, die Löcher im Kliniketat dauerhaft mit vielen Millionen Euro stopfen zu müssen?

Blick in eines der Patientenzimmer: Mit seiner Ausstattung gehört das Schwarzwald-Baar-Klinikum zu den modernsten im Land.
Blick in eines der Patientenzimmer: Mit seiner Ausstattung gehört das Schwarzwald-Baar-Klinikum zu den modernsten im Land.

Mittlerweile hat der Aufsichtsrat des Schwarzwald-Baar-Klinikum die Gesellschafter – das sind der Landkreis und die Stadt VS – um einen Zuschuss von 6,85 Millionen Euro gebeten. Die andere Hälfte der absehbaren Verluste will die Klinikleitung durch Einsparmaßnahmen im laufenden Betrieb abwenden.

Der Kreistag hat mittlerweile beschlossen, die 6,5 Millionen Euro als Kredit aufzunehmen und der Klinik zur Verfügung zu stellen. Der zweite Gesellschafter, die Stadt VS, die noch 40 Prozent Anteil am Schwarzwald-Baar-Klinikum hält, ist nun ebenfalls gefordert.

Stadt kann zahlen oder Anteile abgeben

„Wir haben zwei Möglichkeiten“, erläutert dazu Oberbürgermeister Roth, der sich im Wechsel mit dem Landrat den Vorsitz im Aufsichtsrat des Klinikums teilt. Der Gemeinderat VS müsse nun entscheiden, ob er sich mit 40 Prozent Anteil an der Kreditaufnahme – rund 2,6 Millionen Euro – beteiligen wird.

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Die zweite Möglichkeit: Der Landkreis übernimmt den 6,5 Millionen Euro Zuschuss alleine. Das wiederum hätte zur Folge, dass sich der Anteil des Landkreises am Klinikum erhöht und der städtische Anteil sinkt. Diese Politik hätte aber bei mehrfacher Wiederholung zur Folge, dass die Stadt ihre bisherige 50-prozentige Mitbestimmung im Aufsichtsrat des Klinikums verlieren würde.

Oberbürgermeister Roth zum Ärztemangel in der Stadt und im Kreis: „Ich persönlich glaube, dass wir da was machen müssen. Das Thema ...
Oberbürgermeister Roth zum Ärztemangel in der Stadt und im Kreis: „Ich persönlich glaube, dass wir da was machen müssen. Das Thema ist hochbrisant“. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Mitbestimmung oder Millionen verlieren: Voraussichtlich in der Sitzung im Februar oder März wird der Gemeinderat entscheiden müssen, für welche Lösung er sich entscheidet. „Wir lassen derzeit prüfen, was für die Stadt vorteilhafter ist“, erläutert dazu Oberbürgermeister Roth.

Die Zukunft des Hauses macht ihm Sorgen. „Viele Jahre“, sagt er, „hat es das Management super hinbekommen, das Haus wirtschaftlich zu führen.“ Dann kam Corona, der Fachkräftemangel, die Inflation. Was die Zukunft des Hauses angeht, hängt jetzt viel davon aus, wie die Bundesregierung das Krankenhauswesen reformieren will.

Das Land an seine Verpflichtungen erinnern

Roth sieht aber auch in hohem Maße das Land Baden-Württemberg gefordert. „Wir sind seitens der Klinik stark in der Diskussion mit dem Land, damit dieses seinen Verpflichtungen im Investitionsbereich der Krankenhäuser nachkommt.“ Hier werde vom Land deutlich zu wenig geleistet. Letztlich hänge die Zukunft des Klinikums vor allem von den Entscheidungen der beiden übergeordneten politischen Ebenen ab.

Wut auf die Kassenärztliche Vereinigung

Das gleiche gilt für die Ärzteversorgung im Kreis und im Oberzentrum. Der Fachärztemangel, vor allem sichtbar bei den fehlenden Kinderärzten, wird zunehmend auch Thema für die Kommunalpolitik.

Mit diesem Flyer kündigt im Herbst 2021 in Villingen ein Kinderarzt die Schließung seiner Praxis an.
Mit diesem Flyer kündigt im Herbst 2021 in Villingen ein Kinderarzt die Schließung seiner Praxis an. | Bild: Göbel, Nathalie

Die angelaufene Welle an Hausärzten, die in Rente gehen, macht dem Oberbürgermeister ebenfalls Sorgen. Wenn die Kassenärztlichen Vereinigung behaupte, der Landkreis sei gut mit Ärzten versorgt, „dann kriege ich eine Wut“, gesteht der OB.

Gleichwohl, so räumt er ein, habe die Stadt bisher keine Strukturen aufgebaut, um beispielsweise ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Villingen-Schwenningen einzurichten, wie dies andere Städte und Gemeinden bereits praktizieren. Das wäre ein neuer Aufgabenbereich für die Kommune, der wohl mit erheblichem Mittelaufwand verbunden wäre. „Wir haben nicht unendlich Geld“, betont der OB mit Blick auf die angespannten Finanzen.

„Wir müssen was machen“

Er sagt aber auch: „Ich persönlich glaube, dass wir da was machen müssen“. Denn: „Das Thema ist hochbrisant“. Roth kündigt an, diese Fragen im ersten Halbjahr 2023 auf seine persönliche Agenda zu nehmen.

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