44 Millionen Deutsche tragen eine Brille. Die Sehhilfen kommen oft mit Händen und Haut in Berührung. Allerdings ist bislang kaum etwas über die mikrobielle Besiedlung der Alltagsgegenstände bekannt. Nun hat sich Professor Markus Egert von der Hochschule Furtwangen in einer Studie mit der Keimbelastung und Mikroflora auf Brillen beschäftigt. Egert hat bereits Alltagsgegenstände wie Küchenschwämme untersucht.

Brillen von Studenten und Senioren

Zwar gibt es Untersuchungen über die Keimbelastung von Brillen für Chirurgen oder für 3D-Brillen, welche in Kinos verliehen werden und mehrfach von verschiedenen Menschen getragen werden. Doch zu den regulären Brillen für den Alltagsgebrauch fehlten bislang die wissenschaftlichen Erkenntnisse. Für die Studie hat Markus Egert 31 Brillen an je sieben Stellen mit Tupfern beprobt. Unter anderem wurden Proben vom Brillengestell, dem Nasenpolster und den Gläsern genommen. Nach der Anzucht in Petrischalen wurden dann die vorhandenen Bakterien untersucht. 21 Brillen stammten von Studenten und Mitarbeitern der Hochschule Furtwangen. Zehn Brillen stammten von Bewohnern einer Seniorenresidenz.

„Die Studie zeigt, dass Brillen als Keimträger fungieren. Für gesunde Menschen besteht aber kein besonderes Risiko.“ Markus Egert, ...
„Die Studie zeigt, dass Brillen als Keimträger fungieren. Für gesunde Menschen besteht aber kein besonderes Risiko.“ Markus Egert, Studienleiter HFU | Bild: Britt Schilling

Bakterien sind überall vorhanden

„Alle untersuchten Brillen waren bakteriell besiedelt“, erklärt Markus Egert. „Am stärksten ist die Besiedelung an Stellen mit direktem Hautkontakt wie Ohrenbügeln und Nasenpolstern. Die geringste Keimdichte fand sich auf den Gläsern.“ Spitzenwert waren 660 000 Bakterien pro Quadratzentimeter, gefunden auf einem Nasenpolster.

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Im Mittel waren die Hochschul-Brillen nicht stärker besiedelt als die Brillen aus dem Altenheim. Allerdings fanden sich auf den Gläsern der Seniorenbrillen deutlich mehr Bakterien. Die Theorie der Wissenschaftler ist, dass die altersbedingte Sehschwäche der Brillenträger die Verkeimung fördert, weil sie diese seltener reinigen. Auf den Altenheim-Brillen zeigte sich zudem eine höhere Vielfalt an Bakterien. Zehn Gattungen wurden hier gezählt, auf den Hochschulbrillen waren es nur zwei.

Deutliches Muster: In der Petrischale ist deutlich die Kontur einer Brille zu erkennen. Die Sehhilfen sind ein beliebter Tummelplatz für ...
Deutliches Muster: In der Petrischale ist deutlich die Kontur einer Brille zu erkennen.
Die Sehhilfen sind ein beliebter Tummelplatz für Bakterien. | Bild: Michael Schmitt

Identifiziert wurden vor allem typische Haut- und Schleimhautbakterien. Der Anteil an pathogenen, also potenziell gesundheitsschädlichen Bakterienarten lag bei rund 60 Prozent. Außerdem wurden Auslöser von Augenerkrankungen wie Bindehautentzündung gefunden. Und auch antibiotikaresistente Arten wie Staphylococcus aureus fanden sich auf den Brillen.

Für gesunde Menschen ungefährlich

Mit standardisierten Reinigungs-Tests wurde schließlich gezeigt, dass sich durch Abreiben von Gläsern und kompletten Brillen mit feuchten Brillen-Reinigungstüchern eine Reduktion der Keime um 94 bis 99 Prozent erreichen lässt.

Dabei wurden auch alkoholfreie Reinigungstücher getestet. Eine trockene Reinigung war weniger effektiv und erzielte 85 bis 90 Prozent Reduktion. Brillenputzen ist also nicht nur für den klaren Durchblick sinnvoll. „Die Studie zeigt deutlich, dass Brillen als Keimträger fungieren“, resümiert Professor Egert. Nun möchte er in weiteren Studien aufzeigen, ob Brillen als eine Art Erreger-Reservoir fungieren und Zusammenhänge zwischen der Brillenflora und Augeninfektionen bestehen können. Dennoch gibt es keinen Grund zur Besorgnis, so der Mirkobiologe: „Für gesunde Menschen stellt die Brille kein besonderes Infektionsrisiko dar. Nur bei häufigen Augeninfekten sollte an eine Desinfektion gedacht werden.“

Wer seine Brille mit einem feuchten Putztuch reinigt, entfernt fast alle Keime.
Wer seine Brille mit einem feuchten Putztuch reinigt, entfernt fast alle Keime. | Bild: Rodgers, Kevin