Begonnen hat alles vor drei Jahren: Im Frühjahr 2017, als sich im Ort ein Strom- und Telefonverteilerkasten nach dem anderen in ein farbenprächtiges Kunstprojekt verwandelt hat. Exotische Vögel, schmucke Blumen, aber auch reine Graffiti-Motive verschönern seither das Ortsbild und hauchen den tristen Verteilerkästen ein künstlerisches Ambiente ein. Inzwischen hat sich diese Kunstinitiative auch auf die Ortsteile ausgedehnt. Vielen Bürgern stellt sich die Frage, was und wer hinter dieser Initiative steckt.

In Berlin kommt er zur Graffiti-Kunst
Der Graffiti-Künstler heißt Jochen Laufer, wohnhaft in Kappel. Vor einigen Jahren hat er seine Leidenschaft für die Farbsprühdose entdeckt – bei einem Aufenthalt in Berlin, dem Zentrum der deutschen Streetart-Szene. Etliche der Graffiti-Motive dort haben ihn derart fasziniert und inspiriert, sodass er sich inzwischen voll zu der Graffiti-Kunst und insbesondere der Street-Art hingezogen fühlt.
Schönheit und Ästhetik stehen für ihn dabei im Vordergrund: „Viele Leute denken an Schmierereien, wenn sie Graffiti hören, ich bin eher der Street-Art-Verfechter, der sich für schöne Motive begeistert.“
Unterstützung von der Gemeinde
Gestartet hat Laufer seine künstlerische Karriere in Niedereschach: „Nachdem ich mir, natürlich mit voller Unterstützung der Gemeinde, ein Objekt ausgesucht und auch bereits Überlegungen angestellt hatte, was man daraus machen könnte, hat die Gemeinde mit den jeweiligen Besitzern der grauen Kästen, sprich Telekom, Stromversorger und anderen, Kontakt aufgenommen und abgeklärt, ob und inwieweit diese mit einem solchen Kunstprojekt einverstanden sind.“ Dabei habe man offene Türen eingerannt.

Bevor Laufer loslegt, gilt es, den Kasten zu reinigen und den Untergrund zu bearbeiten, damit die Farbe auch gut hält. Damit das gesamte Kunstwerk auch viele Jahre überdauert, ohne zu verblassen, sprüht Laufer seine Werke nach der Fertigstellung mit einem durchsichtigen, atmungsaktiven Hartlack ein. Dazu komme, so Laufer, dass diese Kästen meist aus schlechtem Plastik gefertigt und deshalb besonders angreifbar für Moos und Streusalz seien. Somit spare sich die Gemeinde beträchtliche Reinigungskosten, die ansonsten immer wieder anfallen würden. Die Gemeinde bezahle lieber die Materialkosten und Jochen Laufer wiederum stellt dafür seine Arbeitskraft zur Verfügung. „Das mach ich gerne, denn in der Gemeinde wohne ich nun mal und daher kann ich auch gerne etwas zurückgeben.“

Aufwertung des Ortsbildes
Für Laufer bedeuten diese schmucken Kästen vor allem auch eine optische Aufwertung des Ortsbildes: „Alle Häuser sehen fast gleich aus, jeder Sockel am Haus ist braun, die ganze Welt ist einfarbig.“ Inzwischen seien auch weitere Interessenten auf seine Kunstwerke aufmerksam geworden. Wie die Firma Container-Renz in Vilingen-Schwenningen. Dort hat er begonnen, die ebenfalls tristen Container in Kunstwerke zu verwandeln und dort, so die Information, die er von der Firmenleitung bekommen habe, bestünden die Kunden inzwischen regelrecht auf die fantasievoll bemalten Bauschuttcontainer. „Es geht jetzt immer mehr bergauf, und mein Hobby wird so langsam zu meinen zweiten Beruf“, freut er sich.

Nuancen sind wichtig
132 verschiedene Farben, zu jeder einen Unterton – das macht 600 bis 800 Dosen, die er zu Hause stehen habe, so Laufer. Denn Grün ist für ihn nicht gleich Grün, die verschiedenen Nuancen sind ihm besonders wichtig. Für feine Details benutzt er die Airbrush-Technik, das Sprühen mit einer Spritzpistole. Was ihm wichtig ist: Bekannte Objekte, wie die Minions oder Charlie Brown, erstellt er mit einer Schablone. Denn eine geringe Abweichung vom Original verfälsche das Bild komplett und solche Objekte müssten genau dem Original entsprechen. Geschwind mal dahin sprühen, das gehe nicht.

Aktuelle Projekte
Verteilerkästen im Ferienhof Öfingen oder ein riesiges Schwarzwaldmädel, womit Laufer die komplette Giebelfront der Werkshalle des Rohrreinigungsunternehmens Gerhard Renz in der Klippeneckstraße im Stadtbezirk Schwenningen verschönert hat, sind seine jüngsten Werke. Größere anstehende Projekte sind ein Kastenwagen für die Narrenzunft in St. Georgen und ein Wandprojekt beim Möbelhaus Lavida in Oberndorf anlässlich der anstehenden Neueröffnung.