In der Kurstadt erhitzen sich die Gemüter. Mitglieder des Gewerbevereins Bad Dürrheim haben eine Unterschriftenaktion gestartet.
Mit einer Petition soll die Fremdenverkehrsabgabe gekippt werden. Ziel sind neue Verhandlungen über die Art, Höhe und Veranlagung der Beiträge. Die die Stadt bisher keinerlei Gesprächsbereitschaft gezeigt habe.
Gewerbeverein beklagt extreme Belastung
Ein Beschluss des Gemeinderats Bad Dürrheim im November 2020 sorgt für Aufregung bei Handel, Handwerk, Dienstleistung und Gastronomie. Die Kritik: Der Fremdenverkehrsbeitrag wurde rückwirkend zum Jahr 2017 erhöht. Außerdem sei bislang die Höhe des Fremdenverkehrsbeitrages anhand des Reingewinns veranlagt worden, jetzt werde nach Umsatz berechnet.
Es gehe ihnen nicht darum, nicht zu bezahlen, verdeutlichte Andrea Kanold, selbstständige Apothekerin, stellvertretende Vorsitzende im Gewerbeverein und FDP-Stadträtin. Damit hätte keiner ein Problem. Die Kurstadt handle zwar nach Recht und Ordnung, aber sie handle nicht mit Augenmaß. Immerhin stünde der Verwaltung bei der Umsetzung ja auch ein gewisser Spielraum zur Verfügung.
Kanold sowie die Gewerbevereinsvorsitzende Tamara Pfaff hatten bereits zuvor betont: Durch die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie stelle die rückwirkende Erhöhung eine extreme Belastung für die Gewerbetreibenden dar. Gewerbetreibende würden sich deshalb überlegen, die Stadt zu verlassen oder sich gar nicht erst anzusiedeln.
Zudem spricht Andrea Kanold von einer Nullnummer, da allein für Rechtsberatung und Fremddienstleistungen 180.000 Euro ausgegeben würden. Die Verwaltung sei nicht in der Lage, diese Vorgänge selbst abzuwickeln und zu steuern.
Bürgermeister beklagt Profiteure
Bürgermeister Jonathan Berggötz schreibt in einer Stellungnahme zu der Aktion: „Wer vom Tourismus in Bad Dürrheim und somit durch einen höheren Geschäftsumsatz profitiert, muss finanziell einen kleinen Anteil davon abgeben.“ Es betreffe nur einen ganz kleinen Teil des durch den Tourismus erreichten Mehrumsatzes.
„Wenn die Profiteure nicht bereit sind Fremdenverkehrsbeitrag zu zahlen, schneiden sie sich und auch der Gesamtstadt ins eigene Fleisch, weil das Geld für eine Stärkung unserer touristischen Attraktivität fehlt.“ Die Allgemeinheit könne nicht noch weitere Gelder für touristische Zwecke ausgeben.
Stadtrat fordert Gemeinschaftssinn
LBU-Stadtrat Wolfgang Kaiser schreibt in einer Stellungnahme, dass die Fremdenverkehrsabgabe nach ausführlicher Diskussion mit breiter Mehrheit im Gemeinderat beschlossen worden sei. Kaiser: „Diese Abgabe ist ein Beitrag zur Stabilisierung des Astes, auf dem Bad Dürrheim ganz wesentlich sitzt: des Tourismus.“
Die Stadt gebe ein Vielfaches der Einnahmen aus der Fremdenverkehrsabgabe für die Förderung des Tourismus aus. „Was wir in Bad Dürrheim dringend brauchen, ist eine Haltung des „Wir schaffen das gemeinsam“, die nicht immer nur den eigenen wirtschaftlichen Vorteil im Blick hat“, erklärt Kaiser.
Politischer Stil wird vermisst
Die Art der Umsetzung habe „keinen politischen Stil“, sagt etwa Hubert Fischer aus Hochemmingen. Der Inhaber und Betreiber des Waldcafés Hochemmingen und des Gästehauses „Vor dem Holz“ sagt, er habe keine Chance, die rückwirkenden Erhöhungen nachträglich in seine Kalkulationen einzuarbeiten.
Berechnung bleibt unverständlich
Einen bürokratischen Wust aufgrund einer hoch komplizierten Berechnung (aufgeteilt auf Übernachtung, Barbetrieb, Wellness und Gastronomie), deren Grundlagen keiner verstehe oder erklären könne, führt Hotel-Chefin Alexandra Limberger an.
Unternehmer zieht vor Gericht
Vor das Verwaltungsgericht Freiburg gezogen ist Idajet Berisha, der Betreiber von Peppis Pizzeria und dem Gästehaus Gisela in der Friedenstraße. Er sei von jetzt auf gleich von 25 auf 30 Prozent Abgaben hochgestuft worden. Als Begründung sei wohl die zentrale Lage der Pizzeria in der Innenstadt angeführt worden. Berisha: „Das macht keinen Spaß mehr. Ich überlege, aus Bad Dürrheim wegzugehen.“
Laden ohne Gewinnorientierung muss zahlen
Laut Roswitha Kneer wird der Karibuni-Weltladen ehrenamtlich geführt und nicht auf Gewinnbasis. Hätte sie nicht einen Sponsor gefunden, der die rückwirkenden Forderungen übernahm, wüsste sie nicht, wie sie das hätte bezahlen sollen. Insgesamt, so Kneer, finde sie es ärmlich, wenn Bad Dürrheim als Fair-Trade-Stadt einen Fair-Trade-Laden mit solch einer Umlage belegt. Von ihrem Landesverband wisse sie, dass kein anderer Weltladen in Baden-Württemberg mit solch einer Abgabe belegt sei.