Das Hohe Grobgünstige Narrengericht zu Stocken ist weit bekannt. Doch solche närrischen Inszenierungen und Institutionen gibt es auch andernorts. Darüber referierte am vergangenen Montag der Volkskundler, Kulturwissenschaftler, Germanist und Fachmann für fasnachtsrelevante Themen Werner Mezger im Bürgerhaus Adler Post.
Es ging um Inszenierungen der verkehrten Welt, also um Narrengerichte, Narrenreiche und närrische Gesellschaften. Zwar war es eine Veranstaltung der Volkshochschule Landkreis Konstanz in Zusammenarbeit mit dem Stockacher Stadtmuseum.
Der ein oder andere Häs-Träger im Publikum
Doch war der Termin auch im diesjährigen Jahresplan des Stockacher Narrengerichts gelistet. Deswegen waren auch, Glöckchen-klingelnd, etliche Mitglieder eben dieser Institution dabei, um den Ausführungen der Koryphäe Mezger zu lauschen. Und nicht nur lauschen konnte man, sondern Mezger zeigte auch Bildmaterial, das man so noch nie zu sehen bekommen hatte.
Nachdem Johannes Waldschütz, als Leiter des Stockacher Stadtmuseums und als Aktiver Laufnarr den Referenten begrüßt hatte, konnten die rund vierzig Zuhörer dann Erstaunliches erleben.
Vom weisen Narr
Verteilt waren sie dabei mit viel Abstand auf die gesamte untere Ebene. Durch seine mitreißende Art nahm Mezger sie mit auf die Reise in ferne Zeiten und Länder. Zunächst jedoch startete er einen kleinen Exkurs, um die Figur des Narren genauer zu beleuchten.
Dieser nämlich ist nicht etwa nur ein dummer Hanswurst, sondern vielmehr ist er oft der Einzige, der einen wirklichen Durchblick hat. Schon in Shakespeares Tragödie „King Lear“ ist der Narr der Weise.

Viele Künstler stellten den Narren in ihren Werken dar, oft auch im Bezug zur Vergänglichkeit und zum Tod. Und auch Hans Holbein (1497-1543) lässt die Narren in seinen Darstellungen die Grenzen des Menschseins aufzeigen und vor der Überheblichkeit warnen. Somit liegt eine Erklärung vor, warum es Narren sich aneignen, Gerichtsverhandlungen abzuhalten.
Ein anderes, ebenfalls überregional bekanntes und sogar vom Unesco-Kulturerbe anerkanntes Narrengericht ist das Ehrsame Narrengericht von Grosselfingen. Dabei handelt es sich mit seinem Narrengerichtsbuch von 1728 um den am längsten durch positive Dokumente belegten Fasnachtsbrauch. Eine erste Fassung dieser Urkunde hatte es wohl bereits im 16. Jahrhundert gegeben. Diese sei jedoch verschollen.
Das „Venezianische Reich“ im Schwabenländle
Beim Grosselfinger Narrengericht, das alle drei bis sieben Jahre abgehalten wird, nehmen rund 300 Grosselfinger teil. Die Gemeinde bei Balingen verwandelt sich hierbei in das „Venezianische Reich“ und es gibt zahllose Figuren und Spielrollen, die einen Nicht-Grosselfinger sehr verwirren können. Da wären zum Beispiel Pritschenmeister, Storchenpfleger, Mukhenschnapper, Blotterschötzer oder der Finderich.
In einem komplexen Simultanspiel wird der Sommervogel in die Freiheit entlassen und die Schurken in den Brunnen geworfen. Überhaupt spielen Brunnen, Mühlen und auch der Mond in allen Narreninszenierungen eine wichtige Rolle.
Doktor humorhalber
Sei es bei der niederländischen Narrengesellschaft von Utrecht, bei der Gesellschaft der Narrenmutter von Dijon oder bei der Dülkener Narrenakademie – Der berittenen Akademie der Künste und Wissenschaften der Erleuchteten Monduniversität. Diese verleiht alljährlich den Titel „Doctor Humoris Causa“ an bedeutende und würdige Persönlichkeiten.
Auch dem Dichter Johann Wolfgang von Goethe war dieser Ehrentitel einst verliehen worden. In dessen Nachlass fand man Insignien dieser Würde: einen Mond und eine Mühle, mit der Bemerkung des Dichters „Rheinische Absurditäten“ versehen. Auch Werner Mezger wurde im Jahr 2000 mit diesem Titel geehrt.
Zum Schluss gibt es einen Ehrentitel
Um den Ehrungen die Krone, oder vielmehr die Narrenkappe aufzusetzen, trat am Ende des Vortrags der Ordensmeister des Stockacher Narrengerichts, Markus Vollmer, auf die Bühne um Werner Mezger eine weitere Ehrung zuteil kommen zu lassen. Diese hätte diesem bereits 2020 verliehen werden sollen: der Erlebensorden 25 Jahre Stockacher Laufnarr.

Zu solchem nämlich war Mezger bereits im Jahr 1995 geschlagen worden. Durch seine Ehrung bei der Dülkener Monduniversität, durch seine Promotion und Habilitation auf akademischer Ebene und durch seine neueste Ehrung durch das Stockacher Narrengericht lautet der volle Titel des Werner Mezger nun: Professor Doktor Doktor Humoris Causa Stockacher-Laufnarr Werner Mezger.