Die Singener Bürger können im Rahmen eines Fußverkehrschecks die Situation in der Stadt unter die Lupe nehmen. Bei der Auftaktveranstaltung, die online stattfand, wurden die Schwerpunkte für die Begehung im November besprochen.

Unter 59 Bewerbern hatte die Stadt Singen den Zuschlag für einen vom Verkehrsministerium geförderten Fußgängercheck bekommen. Beim Online-Auftakt nutzten Bürger die Gelegenheit, auf für Fußgänger brisante Stellen in der Innenstadt hinzuweisen. Diese werden bei einer Begehung am 24. November genauer ins Visier genommen.

Letztes Mal ohne Förderung

Bereits 2016 hatte die Stadt Singen auf eigene Kosten einen Fußverkehrscheck durchgeführt. Damals hatte die Stadt noch keine Förderung vom Land erhalten. Annika Worch und Jonas Schmid von der Planersocietät Karlsruhe führten durch die Videokonferenz zum Auftakt.

Im Durchschnitt gehen deutsche Bürger übrigens täglich knapp 5000 Schritte, empfohlen würden 10.000 Schritte, so Schmid. 35 Prozent aller Wege, die Menschen zurücklegen, seien maximal zwei Kilometer lang. Hier gebe es mehr Potenzial, um vom Auto auf das Fahrrad umzusteigen oder zu Fuß zu gehen.

Beim Fußverkehr geht noch mehr

Die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) hat herausgefunden, dass 22 Prozent des Verkehrs im Land im Durchschnitt zu Fuß gemacht werden. Die NVBW ist als Servicegesellschaft des Verkehrsministeriums für den Fußverkehrscheck zuständig. In Singen seien es jedoch nur 16 Prozent, so Schmid. Hier ist also noch Luft nach oben.

Um eine Kommune als fußgängerfreundlich zu bezeichnen, müssen verschiedene Bereiche in Augenschein genommen werden. Dazu gehören attraktive Schulwege, sichere Querungsformen, Barrierefreiheit, Aufenthaltsqualität, attraktive Gehwege im Längsverkehr neben Straßen, die bestenfalls frei von parkenden Autos und Konflikten durch zum Beispiel Radfahrer sein sollten.

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„Insgesamt geht es um mehr Miteinander im Straßenverkehr“, fasste Jonas Schmid zusammen.

Innenstadt dieses Mal im Fokus

„Während wir beim ersten Fußgängercheck im Herbst 2016 vor allem in der Südstadt unterwegs waren, geht es diesmal in die Innenstadt“, sagte Oberbürgermeister Bernd Häusler.

Man habe die Innenstadt durch den neuen Busbahnhof und weitere Veränderungen zwar attraktiver für Fußgänger gemacht, aber es gebe immer noch Konflikte, beispielsweise durch zu viel Anliefer- und Autoverkehr in der Scheffelstraße.

Autoverkehr muss kleiner werden

„Wenn wir bis 2035 als Stadt klimaneutral werden wollen, müssen wir auch mehr weg vom Autoverkehr“, so Häusler. Dass Singen nach wie vor zu „autolastig“ ist, sagte Karin Leyhe-Schröpfer, Stadträtin der Grünen.

Auch der Anlieferverkehr funktioniere nicht gut und sorge dafür, dass Fußgänger und Radfahrer keine guten Erfahrungen machen. Das Parken auf dem Gehweg werde im Übrigen ab dem 9. November wegen des neuen Bußgeldkatalogs deutlich teurer, so Axel Huber von der Geschäftsstelle Mobilität der Stadt Singen.

Wo es jetzt schon brennt

Sabine Kuhlmann machte auf die fehlende Aufenthaltsqualität in der Ekkehardstraße aufmerksam. Das liege sicher auch an den vielen Parkplätzen, sagt sie. Gut gelöst sei die Umgestaltung der Hegaustraße, wo jetzt auch Sitzgelegenheiten zu finden sind.

Der neue Busbahnhof kommt ebenfalls sehr gut an. Allerdings fehle auf der Südseite der Verkehrsinsel, wo die Busse halten, noch eine Blindenampel, sagte Manuel Binder als Vertreter des Blindenvereins.

„Parkende oder fahrende E-Scooter sind für non-visuelle Menschen zunehmend ein Problem“, so Binder weiter. Noch Verbesserungsbedarf sieht Martina Kaiser vom Caritas-Verband Singen-Hegau bei der Kreuzung am Rathaus zur Peter-und-Paul-Kirche. „Der Bereich in der Mitte ist deutlich zu schmal“, sagt sie.