Die Stadt Singen will sich im Rahmen eines sogenannten Fußverkehrs-Checks besonders um die Fußgänger kümmern. Kürzlich bekam sie als eine von 15 Kommunen den Zuschlag vom Land für eine professionelle Begleitung durch ein Fachbüro.
„Beim Fußverkehrs-Check geht es um eine Neubetrachtung, wieviel Platz wir haben und wie wir alle Verkehrsteilnehmer zufrieden machen können“, sagt Petra Jacobi, Radverkehrsbeauftragte der Stadt. Das Motto lautet dieses Jahr „Mehr Miteinander im Straßenverkehr“.
Singen will seinen Straßenverkehr neu denken
Was genau hat es mit dem Fußverkehrs-Check in Kooperation mit dem Verkehrsministerium auf sich? Wir machen einen Rundgang durch die Innenstadt mit Fachleuten der Stadtverwaltung. Bereits am Treffpunkt vor dem Rathaus gibt es einen Punkt, der bei Fußgängern und Radfahrern immer wieder für Kopfschütteln sorgt.
Beim Übergang an den Ampeln vom Rathaus in Richtung Kirche müssen sie in der Fahrbahnmitte auf jeden Fall warten, weil die Ampelschaltungen so eingestellt sind. Dies könnte sich ändern, wenn ein neuer Verkehrsrechner angeschafft worden ist.
Ampelschaltung soll besser werden
Dieser sei schon ausgeschrieben, so Mobilitätsmanager Axel Huber. Mit dem alten System mit alter Technik gebe es für jede Ampel eigene Schaltpläne. „Mit dem neuen Verkehrsrechner werden wir die Stellschrauben in der Hand haben“, sagt Petra Jacobi, Radverkehrsbeauftragte der Stadt.
Auch an der Ampel beim Gambrinus-Areal in Richtung Schlachthausstraße sei Handlungsbedarf, da die Fußgänger hier auch sehr lang auf die Grünphase warten müssen. Der neue Verkehrsrechner wird die Ampelanlagen in den Bereichen von der Friedenslinde bis Julius-Bührer-Straße und von der Hauptstraße bis zur Ringstraße steuern können.
Mehr Schutz für die Fußgängerzone
In der Fußgängerzone wurde sowohl in der Scheffelstraße als auch in der August-Ruf-Straße deutlich, dass Autos, auch größere Lieferfahrzeuge, sich nicht an die Regeln halten. Bis 11 Uhr können Lieferanten in die Zonen fahren. Das wird zu anderen Uhrzeiten aber oft einfach ignoriert.

Auch an Behindertenparkplätzen stünden oft Autos, die keinen Berechtigungsausweis im Fahrzeug liegen haben, sagen Huber und Jacobi. Hier wären höhere Bußgelder möglicherweise hilfreich.
Was Petra Jacobi und Axel Huber vor kurzem umgesetzt haben: An der östlichen Einfahrt von der Schwarzwaldstraße und Hadwigstraße in Richtung August-Ruf-Straße sind nun klappbare Poller, die verhindern, dass Fahrzeuge einfach quer über die August-Ruf-Straße fahren, etwa, um eine Abkürzung zu nehmen.

Oliver Mauch, Inhaber des gleichnamigen Blumengeschäfts, war sofort mit dieser Maßnahme einverstanden. „Ich habe einen Schlüssel und kann, wenn meine Lieferanten früh morgens kommen, den Poller kurzzeitig umlegen, damit sie abladen können“, so Mauch.
Auch das Café gegenüber profitiert nun, denn die aufgestellte Tischtennisplatte wäre ohne die Poller nicht problemlos möglich gewesen. Auch am nördlichen Eingang der Scheffelstraße seien solche klappbaren Poller geplant.

An vielen Bereichen in der Innenstadt sind inzwischen zusätzliche Fahrradbügel montiert worden und es kommen noch weitere hinzu. „Dieses Jahr sind schon 100 neue Bügel hinzugekommen“, so Petra Jacobi.
Doch auch im neuen Cano-Parkhaus befinden sich ein Fahrradabstellraum mit rund 60 Stellplätzen, der von 6 bis 20.30 Uhr geöffnet ist, sowie am Ausgang bei den Autostellplätzen noch weitere rund 25 Bügel. Einige Fahrradbügel werden bald auch noch beim Cano gegenüber vom Bahnhof sowie beim Haupteingang aufgestellt.

Das neue Fahrradparkhaus rechts vom Bahnhofsgebäude werde ebenfalls bald zur Verfügung stehen, denn mit dem Tiefbau werde in diesen Tagen begonnen. „Das mit Glas überdachte Fahrradparkhaus hat 170 Plätze, die in drei Reihen und zwei Etagen angeordnet sind“, erläutert Petra Jacobi. Ein Radweg vom Kreisel bei der Post bis zum Parkhaus werde demnächst für Radfahrer angelegt.
Die Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger (Bündnis 90/Die Grünen) gratuliert Singen zur Teilnahme am Fußverkehrs-Check. „Für die Lebensqualität insbesondere von Kindern und älteren Menschen spielt es eine zentrale Rolle, den öffentlichen Raum attraktiver zu machen. Sichere und komfortable Wege laden die Menschen dazu ein, möglichst viele Strecken zu Fuß zurückzulegen“, so Wehinger.

Die Menschen würden sehr gut wissen, „welche Ampelschaltung nervt, welche Übergänge für Kinder gefährlich sind und wo die Bordsteinkanten für einen Rollstuhl zu hoch sind“. Sie sei optimistisch, dass für Singen bei der Aktion gute Ideen herauskommen und die Stadt noch mehr zum Flanieren einlädt.
In Singen wird Annika Worch von der Planersocietät aus Karlsruhe zunächst mit Axel Huber und Petra Jacobi eine Begehung der Innenstadt machen. Im Herbst ist eine Auftaktveranstaltung für alle interessierten Bürger geplant. Dann gibt es – voraussichtlich auch noch im Herbst – zwei Begehungen, bei denen die Bürger Ideen einbringen können.
Nach der Datenaufbereitung mit Vorschlägen für mögliche Maßnahmen soll in einem Abschlussworkshop über die Ergebnisse gesprochen werden. Auch OB Bernd Häusler hofft auf eine rege Teilnahme der Bürger.