Das portugiesische Zentrum (Centro Portugues) muss bald umziehen. Kurz vor Weihnachten erhielt der Verein, der seit über 50 Jahren sein Vereinsheim in der Hadwigstraße 23 hat, die Kündigung für die Räume. Eine neue Vereinsheimat ist bereits in Sicht, für neue Räume gibt es eine mündliche Zusage. Dennoch: Als der Vorsitzende des Centro Portugues am 23. Dezember die Kündigung in den Händen hielt, glaubte der, seinen Augen nicht zu trauen.

In dem Brief wurde der Verein dazu aufgefordert, die Räume im Erdgeschoss des Gebäudes bis Ende März besenrein zu übergeben. Ein Schock für den Vorsitzenden Antonio Frade und den Verein, der 460 aktive Mitglieder hat. Nach dem Tod des Haus-Besitzers im vergangenen Sommer haben die Erben diesen Schritt der Kündigung recht zügig vollzogen.

Verein hofft auf Entschädigung

„Wir haben uns juristisch beraten lassen und erfahren, dass die Kündigung rechtmäßig ist“, so Frade im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Allerdings hofft der Vorsitzende auf eine Entschädigung. Der Grund ist einfach: „Seit 2009 haben wir hier rund 80.000 Euro in Renovierungsmaßnahmen gesteckt“, sagt Frade.

Wie viel Herzblut die Mitglieder des Vereins in das Centro gesteckt haben, wird bereits beim Eintreten deutlich. Besucher werden gleich mit einem opulenten Wandbild begrüßt, das von einem Mitglied gemalt wurde und eine Ansicht von Lissabon aus dem 15. Jahrhundert zeigt.

Statt Feier gibt es ein Jubiläumsbuch

Im Jahr 1970 bezog der Verein die Räumlichkeiten in dem Haus in der Hadwigstraße, seit etwas mehr als 50 Jahren hat der Verein also dort seine Heimat gefunden. Von Centro Portugues gingen alle weiteren Gruppierungen der Portugiesen in Singen aus.

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Eigentlich wollte das Centro im Herbst 2020 sein 50-jähriges Jubiläum groß feiern, doch die Corona-Pandemie machte dies unmöglich. Ganz ohne etwas, wollte der Verein das Jubiläum aber nicht verstreichen lassen. Deshalb erscheint bald ein Jubiläumsbuch unter dem Titel „50 Jahre Portugal in Singen“.

Werk zeichnet Vereinsleben nach

Eduardo Nunes, der im Verein für das Kulturelle zuständig ist und bis 2018 für acht Jahre Pächter der Gastronomie in der Hadwigstraße war, hat sich um den Inhalt des Buchs intensiv gekümmert. Unter dem Motto „Zurückblicken können, die Gegenwart spüren und an die Zukunft denken“ werden in dem Buch, das 200 Seiten hat, alle Gruppen erwähnt, die ihren Ursprung im Centro haben.

Gleichzeitig solle die Jugend durch das Buch motiviert werden, weiterzumachen und „unsere Leidenschaft und unseren Stolz, Portugiesen aus Singen zu sein, fortsetzen“, schreibt Eduardo Nunes über ein wichtiges Ziel des Buchs.

In diesem Haus in der Hadwigstraße 23 hat das Centro Portugues seit 1970 seine Heimat gehabt. Nun wurde dem Verein gekündigt. Dabei ...
In diesem Haus in der Hadwigstraße 23 hat das Centro Portugues seit 1970 seine Heimat gehabt. Nun wurde dem Verein gekündigt. Dabei steckt in dem Haus viel Vereinsgeschichte. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

Er appelliert an die Leitung des portugiesischen Vereins, „eine kulturelle Gruppe zu reaktivieren, mit der partizipativen Unterstützung der Motorradgruppe (Patriotas), sowie den Kontakt zu allen anderen portugiesischen Vereinen und der Folkloregruppe „Estrelas de Singen“ zu halten.

Das Jubiläumsbuch thematisiert viele Facetten des portugiesischen Lebens in Singen. Natürlich darf aber auch eine Passage über die Anfänge des Centro in den 1970ern nicht fehlen. Nach der Gründungsversammlung war der Verein am 21. Dezember 1970 als Nummer 146 ins Singener Vereinsregister aufgenommen worden.

Fußball gehört zum Verein

Viele Portugiesen kamen ab dem Jahr 1964, als es ein Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und Portugal gab, auch nach Singen. Viele von ihnen fanden damals Arbeit bei der Alu. Niedergeschrieben sind auch Geschichten von Gastarbeitern, und darüber wie sich der Verein beim Burgfest einbringt oder welche sportlichen Meilensteine es gab. Und mehr.

Denn 50 Jahre Portugal in Singen bedeuten nicht nur Folklore, Fado und Kultur, sondern auch Fußball. Aktuell ist der Verein auch im Jugendförderverein aktiv. Im Vereinsheim treffen sich die Mitglieder gern, um zusammen Fußballspiele zu schauen. Das alles soll nun in einem neuen Vereinsheim weitergeführt werden.

Gaststätte zieht wohl mit um

Die Gaststätte, die derzeit an das Ehepaar Pires verpachtet ist, soll in den neuen Räumen selbstverständlich ebenfalls weiterlaufen. Das Pächterpaar sei bereit, mit umzuziehen. „Wir möchten nicht, dass unser Verein in dieser Notlage sterben muss“, betont Frade.

Im Hinblick auf den bevorstehenden Umzug und die Renovierung der neuen Räume hat der Verein auch Kontakt mit Oberbürgermeister Bernd Häusler sowie Bürgermeisterin Ute Seifried aufgenommen. Man wolle schauen, ob man dem Verein für die Renovierung Gelder, zum Beispiel über die Sparkassenstiftung, zukommen lassen könne, so OB Bernd Häusler.

Das Buch „50 Jahre Portugal in Singen“, das auf Deutsch und Portugiesisch erscheint, konnte durch die Förderung mit Geldern aus dem Programm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend realisiert werden. Außerdem soll noch ein Video entstehen.