Die Stadtkapelle feiert ihr 250-jähriges Bestehen. Und auf ihrer Jahresversammlung im Turnerheim machte sie eines deutlich: Sie lässt es in ihrem Jubiläumsjahr richtig krachen. Der Auftakt bildet eine Ausstellung im Stadtmuseum ab Samstag, 9. April. Einen Tag später gibt sie im Milchwerk ein Frühjahrskonzert mit der Uraufführung einer für das Jubiläumsfest eigens in Auftrag gegebenen Komposition.
Auch das Hausherrenfest steht wieder auf der Agenda der Stadtkapelle. Danach folgen Orchesterreisen nach Innsbruck und Salzburg sowie in den Pinzgau in Österreich. Vorbereitungen für die Konzerte finden gemeinsam mit dem Jugendblasorchester statt – selbst unter unklaren Pandemie-Bedingungen.
95 Prozent Booster-Quote
Der Optimismus scheint nach zwei Jahren Pandemie ungebrochen – auch, wenn es einen Wechsel im Vorstand und eine Neuerung im Verein gibt. Denn künftig erhebt auch die Stadtkapelle Radolfzell einen Beitrag für die Mitgliedschaft.
Blasmusik-Proben gelten wegen der hohen Aerosolbelastung als möglicher Herd für Infektionen mit dem Corona-Virus. Doch der Vorsitzende der Stadtkapelle sagte in der Versammlung nach zwei Jahren Pandemie: „Mir ist nicht bekannt, dass bei einer unserer Proben je eine Infektion stattfand“, so Thomas Späth.
Hygienekonzept bleibt weiter wichtig
Das sei einem Paket an Vorkehrungen zu verdanken, die die Gesundheit der Musiker mit gesichert hätten: Das Hygienekonzept mit Abständen zwischen den Musikern wie auch das Tragen der Masken bis zum Platz habe hervorragend funktioniert, lobte Späth die Aktiven.
Eine zusätzliche Sicherheit hätten die Tests vor jeder Probe gegeben und dass die Musiker zu 95 Prozent eine Booster-Impfung erhielten. Die restlichen Musiker seien doppelt geimpft. Thomas Späth dankte den Musikern und fügte die Bitte hinzu, die Hygieneregeln weiterhin einzuhalten.
Insgesamt zählt die Stadtkapelle etwas weniger aktive Mitglieder als vor der Pandemie. Wie diese Lücke wieder gefüllt werden könnte, sei eine der anstehenden Aufgaben für die nahe Zukunft, sagte der Vorsitzende. Das Frühjahrskonzert der Stadtkapelle soll nun mit 50 Musikern stattfinden – wobei sechs Aushilfen das Orchester unterstützen werden. Seit Mitte Januar probt die Stadtkapelle das zu ihrem 250-jährigen Bestehen in Auftrag gegebene Werk „Lacus Acronius“ (“Der Untersee“).
Es sei ein Herzenswunsch gewesen, solch ein Orchesterwerk für das Jubiläum zu bekommen, freute sich der Vorsitzende. In der postromantischen sinfonischen Dichtung in acht Teilen der beiden Komponisten Nikodemus Gollnau und Johannes Mittl sehe er sowohl die Ideen des Dirigenten Kuno Rauch als auch die des Vorstands verwirklicht.
Stadtkapelle Basel kommt zum Doppelkonzert
Ein weiteres Projekt zur 250-Jahr-Feier ist der Beitrag der Stadtkapelle für die Ausstellung „Musikstadt – Stadtmusik“. Bei der Ausstellung im Stadtmuseum bekommen auch viele Radolfzeller Musikgruppen ein Forum. Doch der Nukleus der Sonderausstellung sei die Stadtkapelle mit ihrem Jubiläum, so Thomas Späth. Als einen Höhepunkt bezeichnete Späth die „Innsbrucker Promenadenkonzerte“, bei denen die Stadtkapelle am 24. Juli ein Matinee-Konzert gibt. Und Ende September gebe es in Radolfzell ein Doppelkonzert mit der Stadtkapelle Basel. Jene feiert in diesem Jahr ihr 150-jähriges Bestehen.
Thomas Späth freute sich sehr über die Unterstützung des Jubiläums durch die Sparkassenstiftung und durch die Einzelspender. Durch den Ausfall zweier Hausherrenfeste – dem finanziellen Standbein der Stadtkapelle – wäre das Orchester nicht in der Lage gewesen, das Jubiläum allein zu stemmen. Zum Zeitpunkt der Hauptversammlung stand noch die Entscheidung der heimischen Messmer Stiftung offen, ob und wie sie die Stadtkapelle im Jubiläumsjahr unterstützen werde, informierte Späth.
Dirigent kritisiert Musikverlage
Kein Frühjahrskonzert der Stadtkapelle, keine Probewochenenden und oftmals nur in kleiner Besetzung – Dirigent Kuno Rauch begann seinen Jahresbericht 2021 sofort mit einem ernüchternden Fazit: „Die Pandemie hat uns auch im letzten Jahr bei unseren Vorhaben einen Strich durch die Rechnung gemacht.“ Erstmals trat die Stadtkapelle im Juni letzten Jahres und in wechselnden Besetzungen mit Blechbläser-Quintetten zu fünf Erstkommunionen in Radolfzell und in der Teilortschaft Markelfingen auf.
„Ein Quartett unterhielt am 4. Juni den baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl bei einer Schifffahrt zu den Heimattagen“, so Kuno Rauch. 20 Musiker der Stadtkapelle sowie des MV Markelfingen gaben im Juli ein erstes öffentliches Serenaden-Konzert am Markelfinger Campingplatz. Die Stadtkapelle trat unter anderem auch im September bei dem Landesfestumzug am Konzertsegel auf.
Lob für das Auftragswerk
Mitte Dezember erhielt die Stadtkapelle die Noten der von ihr in Auftrag gegebenen Komposition zu ihrem 250-Jährigen. Herausgekommen sei ein schönes und speziell auf Radolfzell zugeschnittenes Werk, sagte Rauch. Dabei stelle es die Musiker auch vor einige Herausforderungen. Bewusst habe er bei der Auftragsvergabe auf weniger bekannte Komponisten geachtet.
Der Markt sei zwar aktuell von Blasmusik-Literatur überschwemmt, erläuterte der Dirigent, doch das meiste davon überzeuge künstlerisch nicht. Zudem gebe es derzeit eine Eintönigkeit unter den Stücken, so sein Eindruck. „Verlage wollen verkaufen“, interpretiert Rauch den musikalischen Markt. Wobei erfolgreich laufende Werke nachgeahmt würden. Nicht alle Komponisten könnten sich dabei den verlegerischen Vorgaben mit unabhängigen Kompositionen entziehen.
Doch mit dem Komponisten-Team Nikodemus Gollnau und Johannes Mitti mit deren Werk „Lacus Acronius“ sei das Blasorchester-Repertoire um ein neues und qualitativ hochwertiges Stück bereichert worden, so Rauch. Die Komposition soll am 10. April im Milchwerk als Auftakt für das Jubiläumsjahr uraufgeführt werden.
Personalien und Ehrungen
Marc Burger gab nach 25 Jahren im Vorstand das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden an seinen in der Versammlung gewählten Nachfolger Christoph Honsell ab. Mit Applaus im Stehen wurde Marc Burger verabschiedet. Als erster Kassier wurde Richard Christ im Amt bestätigt. Neue Beisitzer in der Stadtkapelle sind Alexander Hackel (Pressewart), Franziska Bucher (Uniform) und Kevin Sawade (Chronik). Vakant sind die Ämter des Festwirts und des zweiten Kassiers.
Ulrike Martin und Carmen Henkel erhielten für 40-jährige Zugehörigkeit zur Stadtkapelle die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Tobias Franz wiederum wurde für seine 25 Jahre andauernde Mitgliedschaft mit der goldenen Nadel der Stadtkapelle ausgezeichnet. Seit 25 Jahren sind Stefan Deckel und Richard Christ im Blasmusikverband Hegau-Bodensee und erhielten vom Verband die silberne Ehrennadel. Martin Wistuba und Lisa Tägtmeier wurden für zehn Jahre Mitgliedschaft in der Stadtkapelle geehrt. Tobias Bauer wurde für zehn Jahre Mitgliedschaft im Verband ausgezeichnet.