Im Krankenhausgarten auf der Mettnau treffen Welten aufeinander. Die der heimeligen Gefühle und die der nüchternen Finanzierungsanforderungen an den Bau des neuen Pflegeheims keine hundert Meter weiter an der Nordseite des Krankenhauses. Im gleißenden Nachmittagslicht bei frostigen Temperaturen rückt beim „Bürgerdialog zum Verkauf des Grundstücks am Krankenhaus“ – so die offizielle Einladung von Oberbürgermeister Simon Gröger und Bürgermeisterin Monika Laule – das eigentliche Ziel des OB, über eine künftige Nutzung der fraglichen Obstbaumwiese zu reden, schnell in den Hintergrund.

Für eine Teilnehmerin wäre ein Verkauf ein Skandal

Etwa 70 Interessierte sind gekommen, es geht an den Mikrofonen schnell ums Ganze: „Meine Seele weint, ein solches Grundstück nur aus Geldmangel zu verkaufen, das ist ein Skandal“, bricht es aus einer Teilnehmerin heraus. Sie kritisiert die Stadt, weil bei dieser der Begriff „Ehrfurcht vor der Natur“ nicht vorkomme. Solche Stimmen, nicht ganz so drastisch, sind mehrfach zu hören.

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Dabei bemühen sich OB Gröger und Bürgermeisterin Laule, die Dinge einzuordnen. Simon Gröger kümmert sich vor allem um den emotionalen Part. „Es ist ein Grundstück mit ganz langer Tradition. Ich weiß, es wird als Ruheort, als Wohlfühloase wahrgenommen.“ Monika Laule versucht, die schwierigen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zu erläutern. Es falle der Stadt, dem Spitalfonds, der Verwaltung nicht leicht, das Grundstück zu verkaufen. Auch die Sozialbürgermeisterin räumt ein, dass dieses Vorhaben Emotionen wecke. „Aber es geht darum, zeitgemäße Pflegeplätze zu schaffen.“

Der Spitalfonds hinkt hinterher

Aber beim „Zeitgemäßen“ hinkt der Spitalfonds Radolfzell für sein Pflegeheim Heilig Geist deutlich hinterher. Seit 2009 gilt die Einzelzimmervorgabe der Landesheimbauverordnung mit einer zehnjährigen Übergangsfrist, die allerdings schon im August 2019 abgelaufen ist. Das Pflegeheim in der Innenstadt läuft mit einer Ausnahmegenehmigung für die Zweibettunterbringung bis 2022. Es eilt also mit der Fertigstellung und dem Umzug des Pflegeheims in den Neubau auf der Mettnau.

Das Regierungspräsidium schreibt die Eigenkapitalquote vor

Die Fokussierung auf andere Großprojekte, wie die nicht zustandegekommene Seetorquerung, haben Stadtverwaltung und Spitalfonds gebremst. Der Gemeinderat und jetzt auch OB Gröger haben mehrere Anläufe unternommen, um das Verdikt des Regierungspräsidiums zu unterlaufen. Die Freiburger Fach- und Rechtsaufsichtsbehörde hat dem städtischen Spitalfonds als Stiftung des öffentlichen Rechts für die Finanzierung des Neubaus eine Eigenkapitalquote von zwei Dritteln der Bausumme vorgeschrieben. „Das gilt für alle Stiftungen im Bereich des Regierungspräsidiums Freiburg, an dieser Vorgabe ist nicht zu rütteln“, informiert Laule auf der Krankenhauswiese.

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Momentan liegen die Kostenberechnungen für das neue Pflegeheim bei knapp 20 Millionen Euro, im „schlimmsten Fall“ rechnet man mit Kosten von 23 Millionen. Der Verkauf der Wiese mit den 19 Mirabellenbäumen ist als Einnahmequelle mit 2,5 Millionen für die Finanzierung eingepreist. „Das ist kein Ausverkauf, es dient der Schaffung von neuem Stiftungsvermögen.“ Welches sich dann im neuen Pflegeheim mit 90 stationären Plätzen, 24 Plätzen in der Tagespflege und sechs in der Kurzzeitpflege bilanziert.

Vorschlag: Finanzierung mit Spenden

Die Quote steht, aber die Zustimmung zu dieser Art der Finanzierung gibt es im Krankenhausgarten nicht. Vorschlag um Vorschlag für eine alternative Finanzierung wird an den Mikrofonen aufgerollt. Möglichst viele sollen mit Spenden die Finanzierung des Pflegeheims sichern, neudeutsch heißt das Crowdfunding wie Schwarm- oder Gruppenfinanzierung. Aber, sagt Monika Laule: „Wir brauchen das Geld bald.“

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Auf die ursprüngliche Idee von OB Gröger, wenn schon ein Verkauf des Grundstücks notwendig sei, sich über die Art der baulichen Nutzung zu unterhalten, gehen dann doch zwei Redner ein. Hartmut Kehrer gibt sich als einer der wenigen wie gewünscht mit vollem Namen am Mikrofon zu erkennen. Er sagt: „Wenn schon bauen, dann richtig.“ Er sehe die Dimensionen aber nicht in der Breite, sondern in der Höhe. Damit könne der Flächenverbrauch gebremst werden. Auch Sebastian Jung, geschäftsführender Chefarzt am Krankenhaus Radolfzell, meldet sich zu Wort. Er verweist auf das „leider“ abgerissene Schwesternwohnheim, an dessen Stelle das neue Pflegeheim errichtet wird. Es sei eine bittere Sache, wenn man für die Finanzierung diese Wiese verkaufen müsse. „Da würde ich gerne überleiten für eine mögliche Nutzung.“ Wenn diese Wiese bebaut werden müsse, dann doch bitte mit Wohnraum für Personal, das in der Gesundheitsbranche tätig sei.

Mit abnehmender Sonne beginnen die Teilnehmer des Bürgerdialogs zu frösteln. Der OB läutet das Ende im Krankenhausgarten ein. Er nehme viele Impulse mit: „Wir machen den Spendenaufruf.“ Und er wolle alles dran setzen, „dieses Stück Grün zu erhalten“.