Menschen neigen ja generell eher dazu, sich und vor allem ihr Wissen zu überschätzen. Nicht verwunderlich also, dass es während der Fußball-Europameisterschaft 82 Millionen Bundestrainer gibt. Jeder weiß schließlich besser, wer in die Start-Elf und wer auf die Bank gehört. Und während der Pandemie hatte Deutschland das unfassbare Glück, gleich 82 Millionen Virologen im Land zu wissen.
Und nun – während der olympischen Spiele in Paris – haben ganz neue Experten ihre Arbeit aufgenommen. Da gibt es die, die plötzlich die Kür der Bodenturnerinnen adäquat bewerten können, sich aber schon beim Schuhe binden den Rücken verrenken. Oder die, die alle Wasser-Polo-Regeln aufsagen, obwohl ihre eigene Wassersport-Erfahrung nicht über das Brustschwimmen hinausreicht.
Diese Pferde haben Stammbäume
Ich selbst bin unter die Pferdeexperten gegangen, dabei saß ich in meinem Leben vielleicht zweimal auf einem Pferd. Nicht nur weiß ich, wie die stolzen Rosse der Olympioniken heißen. Ich kenne auch ihren Stammbaum. So reitet der Deutsche Michael Jung zum Beispiel auf Chipmunk, einem 2008 geborenen Hannoveraner, dessen Vater war Condendro I und Großvater war Heraldik XX. Jung und Chipmunk sind das vermutlich erfolgreichste Duo im Vielseitigkeitsreiten. Eine Goldmedaille haben sie schon.
Auch international sind die Pferdenamen überaus bemerkenswert. Die Britin Laura Collett reitet auf London 52 (Vater Landos I, Großvater Quinar) und Alex Hua Tian aus China geht mit Jilsonne von Bareelhof an den Start (Vater Nevado van de Rostal, Großvater Winningmood). Weitere Pferde heißen Lordship Grafallo (GB), Falco (Neuseeland), Hot Bobo (Kanada) und Herr Cooles Classico (Ungarn). Ein wahres Internetphänomen ist bereits das Ross von US-Olympioniken Steffen Peters: Suppenkasper tingelt als „Rave-Horse“ durch die sozialen Medien. Dieses Pferd hat definitiv mehr Rhythmusgefühl als manch Zweibeiner.
Ein Olympionike mit Radolfzeller Wurzeln
Doch allein schon die Namen verraten, dass diese edlen Tiere rein gar nichts mehr mit einem gemeinen Ponyhof zu tun haben. Wenigstens einer der teilnehmenden Reiter kennt zumindest die Ponyhof-Idylle am Bodensee: Felix Vogg ist für das Schweizer Team in Paris. Aufgewachsen ist er auf dem Gut Weiherhof in Radolfzell-Böhringen, welches seiner Familie gehört. Sein Hengst hört übrigens auf den klangvollen Namen Dao de L‘Ocean.